Wissen schafft Sprache   /     S3E3 Die Welt in anderen Farben (Reihe: SprachGeschichten)

Description

Das ist Raluca. Sie ist meine erste GĂ€stin hier im Podcast. Sie spricht fĂŒnf Sprachen und kann noch weitere verstehen. Heute erzĂ€hlt sie mir davon, was es fĂŒr sie bedeutet, mehrsprachig zu sein.

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Duration
00:26:31
Publishing date
2022-11-01 07:00
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Contributors
  Verena HofstĂ€tter
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Shownotes

Das ist Raluca. Sie ist meine erste GĂ€stin hier im Podcast. Sie spricht fĂŒnf Sprachen und kann noch weitere verstehen. Heute erzĂ€hlt sie mir davon, was es fĂŒr sie bedeutet, mehrsprachig zu sein.

Raluca stammt aus RumĂ€nien, ist aber aufgrund ihrer Migrationsgeschichte mit Deutsch aufgewachsen. Die Sprache ihrer Mutter, RumĂ€nisch, hat sie sich erst wieder mĂŒhsam zurĂŒck erkĂ€mpfen mĂŒssen. Schlecht informierte ErziehungsratschlĂ€ge, therapeutische Interventionen, der Abstand zu vielen rumĂ€nischsprachigen Familienmitgliedern und das GefĂŒhl, in RumĂ€nisch nicht ernst genommen zu werden - all das hat ihr in der Vergangenheit den Zugang zur Sprache erschwert. Heute möchte sie das Ă€ndern.

Seit ihrem dritten Lebensjahr lebt Raluca in Deutschland. Zu Hause spricht sie mit ihrer Familie (fast) nur Deutsch, weil man ihrer Mutter damals empfohlen hat, auch im Privatleben die Mehrheitssprache zu verwenden. In der Schule lernt sie Englisch und Französisch als Fremdsprachen. WĂ€hrend ohne Probleme Englisch spricht, tut sie sich mit der französischen Sprache noch schwer, weil sie die Verwandtschaft zum RumĂ€nischen noch nicht erkennt. Die BrĂŒcke zum RumĂ€nischen kann Raluca erst mit einer anderen romanischen Sprache schlagen: Italienisch. Diese Sprache verbindet sie mit ihrem rumĂ€nischen Vater, der in Italien lebt.

Nach der Schule beginnt Raluca ein Studium in der FĂ€cherkombination Französisch—Italienisch. Sie plant einen Auslandsaufenthalt in Frankreich, muss diesen aber aus persönlichen GrĂŒnden abbrechen. Ihre Beziehung zur französischen Sprache leidet darunter. ZurĂŒck an der Uni zu Hause wechselt sie von der Sprachkombination auf Sprachwissenschaft. Anfang 2020 beginnt Raluca ein Auslandssemester in Padua (Italien) - mitten im weltweiten Chaos der Coronapandemie. Italien hat es damals besonders stark getroffen. Gemeinsam mit ihrer bolivianischen Mitbewohnerin bleibt Raluca die ersten drei bis vier Monate in ihrer WG. Da ihre Mitbewohnerin aber kaum Italienisch spricht, sucht sie andere Wege, um mit der italienischen Sprache in Kontakt zu kommen. Die Freundschaften die sie damals geknĂŒpft hat, halten zum Teil bis heute.

Das Leben zwischen Deutsch und RumĂ€nisch ist aber nicht immer leicht. Der EinbĂŒrgerungsprozess in Deutschland vor ein paar Jahren war fĂŒr Raluca lang und langwierig. Sie hat die EinbĂŒrgerung als regelrechten Kampf empfunden, der sie emotional noch weiter vom RumĂ€nischen entfernt hat. Aktuell braucht Raluca wieder den Kontakt zur rumĂ€nischen Sprache und Kultur. Sie erzĂ€hlt, dass sie bisher nur ein paar Mal in RumĂ€nien war. Diesen FrĂŒhling war sie zum ersten Mal seit langem in der Hauptstadt Bukarest. Dort konnte sie sogar Verwandte treffen und ihre Verbindung zu Land und Sprache stĂ€rken. Sogar Grammatik möchte sie ĂŒben.

Raluca spricht RumĂ€nisch, Deutsch, Englisch und Italienisch und kann andere romanische Sprachen zumindest verstehen. Das soll aber nicht alles bleiben. Ich habe sie gefragt, welche Sprachen sie in Zukunft noch gerne lernen möchte. Am liebsten wĂŒrde sie gerne Norwegisch lernen, weil sie als Kind kurz dort gewohnt hat, bevor sie nach Deutschland gekommen ist. Auch fĂŒr das irische GĂ€lisch kann sie sich begeistern. Oder Arabisch oder Farsi. Raluca braucht bestimmt bald noch viel mehr Farben fĂŒr ihr Sprachenportrait.
Was bedeutet Mehrsprachigkeit fĂŒr Raluca?

Mit jeder Sprache lerne ich noch einmal anders ĂŒber unsere Welt, unser Denken oder uns selbst zu denken. Die Wahrnehmung verĂ€ndert sich. [...] Es gibt auch andere Perspektiven. [...] Das macht einfach neugierig auf Sprache. [...] Je mehr Sprachen wir können, desto mehr sehen wir die Welt auch in verschiedenen Farben.

Liebe Raluca, das hast du sehr schön ausgedrĂŒckt. Vielen Dank fĂŒr deine Geschichte und dass du uns an deiner Sprachbiographie hast teilhaben lassen. Ich wĂŒnsche dir alles Gute fĂŒr die Zukunft und noch viele bunte Flecken auf deinem Sprachenportrait. 

Ralucas Sprachenportrait und eine Vorlage fĂŒr eigene Portraits findet ihr hier bei mir im Blog.

Raluca findet ihr im Internet:— — — 

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