zurPolitik.com   /     Rundumbeschimpfung: Verdammt nochmal, geht wählen

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Rundumbeschimpfung: Verdammt nochmal, geht wählen

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Duration
00:00:00
Publishing date
2013-09-26 09:00
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http://zurpolitik.com/2013/09/26/rundumbeschimpfung-verdammt-nochmal-geht-wahlen/
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Contributors
  Tom Schaffer
author  
Enclosures
http://zurpolitik.com/podlove/file/3/s/feed/c/podcast/17-verdammt-nochmal-geht-waehlen.mp3
audio/mpeg

Shownotes

Vorwort: Wer nicht weiĂź, was das Wort Polemik bedeutet, sollte seine Nerven schonen und den Beitrag nicht lesen.

Hauptwort: Manchmal bin ich ein ganz schlechter Volksversteher. Etwa bei der derzeit häufig vernehmbaren Behauptung, es wäre “noch nie so schwer” gewesen, eine Partei zu finden, die einem passt. Tatsächlich habe ich eher die gegenteilige Beobachtung gemacht. Erstmals hatte ich das Problem, dass mehr als zwei Parteien in meine Vorauswahl gekommen sind.

Klassenkämpferische Linke mit wenig Interesse an realem Einfluss haben die KPÖ (Programm).
Umweltbewusste Linksliberale haben die ausreichend belämmerten Grünen (Programm).
Antiautoritäre tendenzlinke Naivlibertäre haben die Piraten (Programm).
Nicht-immer-so-wirklich-Linke, die öfters ein bisserl brav sein wollen, haben die SPÖ (Programm).
Enorm gut gelaunte Rechtsliberale haben die NEOS (Programm) (Kommentar).
Rechtskonservative, die sich nicht zwischen Markt und Klientelismus entscheiden wollen, haben die Ă–VP (Programm).
Frustrierte Rechtskonservative haben das BZĂ– (Programm).
Rechtsreaktionäre, die es mit der Moderne nicht so haben, haben die FPÖ (Programm).
Sogar mittellose Fans neoliberaler Milliardäre mit interessanten Verhaltensmustern kommen voll auf ihre Kosten (Programm), (Kommentar).
Das sind neun Parteien quer durchs RĂĽbenbeet!

Je nach Bundesland ist die Auswahl sogar noch größer, da dürfen dann auch Leute voll nach ihren Vorstellungen wählen, die eigentlich lieber im Bible Belt leben würden, Angst vor der bi-bi-bitterbösen kommunistisch-faschistisch-kapitalistischen EU haben oder den Kapitalismus am liebsten morgen vollends umstürzen wollen.

Stocksteif

Ihr findet euch da wirklich nirgends wieder? Dann liegt das einfach daran, dass ihr ein verklemmt positives Bild von euch selbst habt! Ihr glaubt, ihr dĂĽrft euch zurĂĽckziehen, weil ihr zu klug fĂĽr all den Mist seid? Ihr denkt in der Politik war frĂĽher alles besser und bald betrifft euch das sowieso nicht mehr? Ihr glaubt ihr seid clever, wenn ihr den Zettel durchstreicht und fĂĽr die Wahlkommission einen groĂźen dicken Schwanz draufzeichnet? Ihr denkt es geht euch nichts an, wenn ihr es nur konsequent genug ignoriert?

Ok, ich bin etwas ungerecht. Ich gestehe: Nationalistische, linksautoritäre Fünfjahresplanenthusiasten und libertäre, intolerante Antikapitalisten werden Probleme bekommen, eine Wahl zu treffen. Aber das sind eher wenige und ich denke der Großteil der Nichtwähler ist entweder furchtbar selbstgerecht oder ein Ungültigwähler, der zu blöd ist, den Wettschein Wahlzettel richtig auszufüllen.

Das Weltbild wechseln wie den Telefonanbieter

Aber Bösartigkeit beiseite: Wenn man sich die zur Wahl stehenden Parteien mal in ein geistiges Koordinatensystem setzt, sieht man, dass das politische Spektrum eigentlich recht gut abgedeckt wird. Selbst wer von aktuellen Parteien sehr enttäuscht ist (und den ein oder anderen Grund dafür dürfte man wohl finden), muss nicht sehr weit springen, um sich eine Zweitheimat zu finden, die ihn über die nächste Legislaturperiode bringt.

Aus dieser üppigen Parteienlandschaft darf nun jeder sein Lieblingsporgramm auswählen. Und da liegt der Hund begraben bei all den Verweigerern, die dem System mit Liebesentzug drohen. Es geht um Programme. Taktisches Wählen, frustriertes Zurückziehen und Protestwählen sind in einer Wahl nur eingebildete Werte, keine echten. Das politische System setzt sich aus Personen zusammen, die sich an Programmen orientieren – und die, die man wählt, kriegt man dann auch tatsächlich im Großen und Ganzen.

Grow up!

Ist es möglich, dass man sich mit einzelnen Vorstößen einer Partei auch einmal nicht anfreunden kann? Oder dass ein Kandidat in einem Interview auch mal zwei Sätze sagt, die man richtig deppert findet? Dass eine Partei umfällt? Ja, natürlich. Gerade, wenns in einer zersplitterten Parteienlandschaft ständig um Koalitionen und Kompromisse gehen muss. Aber dann hat man verdammt nochmal als wahlberechtiger Mensch erwachsen zu sein und die Nase zuzuhalten oder eine naheliegende andere Partei zu wählen. Das lernt man bei guter Erziehung als Kind, dass man nicht alles im Leben haben kann. Dass das kein Grund ist, sich wie ein verwöhnter kleiner Fratz in eine Ecke zu werfen und nicht mehr mitzuspielen, wenn Organisationen mit zigtausend Mitgliedern nicht voll und ganz dasselbe tun, wie das kleine Diktatorle in einem das gerne hätte.

Weil einen Grund, etwas nicht zu mögen, den findet man immer – dazu muss man kein Genie sein. Und wenn jemand mit der kompletten Regierung und vielfältigen Opposition, also dem kompletten politischen System eines im Wesentlichen doch recht okayen Staates wie Österreich, geistig abgeschlossen hat, dann muss sich diese Person auch einmal selbst hinterfragen. Bei neun zur Wahl stehenden Parteien findet jeder was, der geistig reif genug für eine demokratische Wahl ist. Also verdammt nochmal, geht wählen, wie es all diejenigen wollten, die unter Einsatz ihres Lebens für euer Wahlrecht gekämpft haben!

Andererseits. Wenn ihr es wirklich, wirklich nicht checkt, um was es bei einer Parlamentswahl geht. Wenn ihr vorhabt das hübschere Gesicht zu wählen, den lauteren Schreihals, die konsequenteren Gegen-alles-Mimosen oder “Hauptsache was, was die Leute schockt”. Wenn ihr solch eine Person seid, dann schlaft euch bitte am Sonntag richtig lange aus.

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