Irgendwie weiĂ er immer, wo du bist und mit wem du gesprochen hast? Auch in Deutschland nutzen viele Spy-Apps, um Partnerinnen auszuspĂ€hen. Gemeinfrei-Ă€hnlich freigegeben durch unsplash.com Daria NepriakhinaImmer hĂ€ufiger fragen Frauen in Beratungsstellen an, wie sie sich gegen Spionage, Online-Stalking und andere Formen von digitaler Gewalt wehren können. Wir sprechen mit Anne Roth, Netzpolitik-Expertin der Linksfraktion, und Anna Hartmann vom Dachverband der Frauenberatungsstellen ĂŒber Ladekabel mit Abhörfunktion und Polizist*innen, die kein Twitter kennen.
âHandys sind eine Schatzgrube. Wenn Sie das Handy Ihrer Freundin mit einer Spion-App ĂŒberwachen, werden Sie alles ĂŒber sie wissen und das auch ohne erwischt zu werden.â Mit solchen SĂ€tzen wirbt der Hersteller einer beliebten Spionage-App online fĂŒr sein Produkt. Etwa 30 Euro im Monat kostet es, dann kann ein Freund oder Ex-Freund alle E-Mails und WhatsApp-Nachrichten mitlesen, die seine Partnerin schreibt, ihre Fotos sehen, ihren Standort verfolgen oder auch, was sie eigentlich auf Snapchat, Tinder oder Skype macht. Die Frau selbst bekommt das erst mal nicht mit.
So ein Eingriff in die PrivatsphÀre einer anderen Person ist extrem und doch ist das kein Einzelfall mehr. Wie Recherchen der Redaktion Motherboard ergeben haben, nutzen auch in Deutschland Tausende solche Apps. Eine Umfrage unter Frauenberatungsstellen aus dem vergangenen Jahr zeigt, dass es auch dort lÀngst zum Alltag gehört: Frauen, die mit Hilfe von Handys ausspioniert werden, deren Partner sich die Passwörter zu ihren Accounts und GerÀten aushÀndigen lassen, und bei Widerstand damit drohen, intime Bilder zu veröffentlichen.
Digitale Gewalt ist der Begriff, den Aktivist*innen und Fachleute in der vergangenen Zeit dafĂŒr geprĂ€gt haben: die Fortsetzung von Gewalt gegen Frauen mit technischen Mitteln. Das AusspĂ€hen und Erpressen der Partnerin gehört dazu, ist aber nur ein Aspekt. Gruppen auf Reddit tauschen sich ĂŒber die besten Techniken aus, um das Gesicht von ihnen unbekannten Frauen auf den Körper von Pornodarstellerinnen zu montieren. Andere verabreden sich in Foren zu Hass-Kampagnen gegen einzelne Frauen auf Twitter, veröffentlichen die Adressen von Politikerinnen und Feministinnen, oder schicken ungefragt Aufnahmen ihres Penis im Chat zu.
Ja, von solchen Angriffen sind auch MÀnner betroffen, sagt Anna Hartmann, die beim Bundesverband der Frauenberatungsstellen (bff) das Thema Digitale Gewalt betreut. Sie werden allerdings selten aufgrund ihrer GeschlechtsidentitÀt angegriffen, Frauen dagegen schon. Geschlechtsspezifische Gewalt nennt man das. Sie ist an sich nichts Neues, aber seit unser Alltag digitaler geworden ist, erstreckt sie sich nun auch in diese Bereiche.
Anne Roth ist Referentin fĂŒr Netzpolitik bei der Linkenfraktion. Sie hat vergangenes Jahr eine Anfrage der Fraktion zum Thema begleitet und auf dem Congress des Chaos Computer Clubs einen aufsehenerregenden Vortrag dazu gehalten. Gemeinsam mit ihr und Anna Hartmann sprechen wir ĂŒber die Frage, warum dieses Thema in Deutschland bisher so wenig Aufmerksamkeit bekommt, warum man Spionage-Apps nicht einfach verbieten kann (und so ein Verbot auch wenig bringen wĂŒrde), warum es mehr Menschen mit Technik-Ahnung in den Beratungsstellen brĂ€uchte und an welchen weiteren Stellen Geld, Studien und ganz schlicht guter Wille fehlen.
https://netzpolitik.org/wp-upload/2019/03/NPP-168_-Wenn-Manner-stalken-drohen-und-abho%CC%88ren.mp3
Wie immer könnt ihr den Podcast auch als OGG-Datei herunterladen.
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