1. Teil einer Serie über aufgehängte Achterbahnen
Das hier ist der erste Teil einer Drei-Episoden-Serie über Inverted- und Suspended-Coaster. Teil zwei wird sich den Suspended Coastern widmen, Teil drei den Wirrungen um die Bezeichnung und Bauform.
Inverted Coaster bezeichnet eine Bauform von Achterbahnen. Bei diesen befinden sich die Schienen über den Fahrgästen. Im Gegensatz dazu wird eine „normale“ Bahn als „Sit-Down-Coaster“ bezeichnet.
Der Unterschied zu den ebenfalls „aufgehängten“ Suspended Coastern besteht darin, dass letztere schwingend aufgehangen sind, während Züge von Inverted Coasters (wie ein normaler Achterbahnzug) fest montiert sind. So klein dieser Unterschied auch wirkt, sein Einfluss auf die Achterbahnlayouts könnte kaum größer sein.
Ein Problem, dass sich durch diese und die nächste Folge ziehen wird, ist ein begriffliches: Die Abgrenzung zwischen Inverted- und Suspended Coaster ist in einigen Bereichen verschwommen. Mehr dazu in Folge drei.
Das hängt sehr vom Hersteller ab.
Allen Bahnen gemein ist, dass ein guter Teil des „Thrills“ daher kommt, dass die Beine frei baumeln und man freien Blick nach unten hat. Nachteilig ist allerdings, dass man Bauartbedingt keine so freie Sicht auf die Strecke hat, sofern man nicht in der erste Reihe sitzt (Für einige Achterbahnfans ist das deshalb ein muss). Gerne eingesetzte Effekte sind sogenannte „Foot-Chopper“, also Situation, in denen man auf einen Gegenstand zufährt und erst im letzten Moment nach oben oder seitlich wegzieht. Hierdurch erhält man zunächst den Eindruck, dass einem die Beine „abgesäbelt“ werden könnten.
Legendär vom Fahrverhalten sind vor allem Vekoma’s SLCs („Suspended Looping Coaster“), die entgegen des Namens keine Suspended-Coaster sind. Diese sind unter Enthusiasten berüchtigt für ihre ruppige Fahrweise, die mitunter starte Kopfschmerzen verursacht – was auch den sehr klobigen Bügeln geschuldet ist. Diese Inverter sind meist sehr kompakt gebaut und vollführen eine große Anzahl an Inversionen (Standard bei SLCs: 5) auf engem Raum. (Beispiel: Limit im Heide-Park (RCDB), MP-Express im Movie Park (RCDB))
Der zweitgrößte Hersteller B&M setzt hier auf andere Qualitäten: Dies Bahnen „drücken“ enorm, d.h. man ist sehr häufig hohen Kräften ausgesetzt, die einen in den Sitz pressen. Diese kraftvollen Stellen sind häufig unterbrochen von schnell durchfahrenen Inversionen die einen mitunter schwerelos im Sitz gleiten lassen. (Beispiel: Black Mamba im Phantasialand (RCDB))
Bei Intamin sind die meisten Bahnen sogenannte Impulse-Coaster, d.h im wesentlichen große Halfpipes, die einen langsam aufschaukeln. Machen wohl Spaß, sehen aber eher eintönig aus. Zusätzlich bietet Intamin auch eine „Suspended Family Coaster“-Reihe, die sich eher an Familien mit größeren Kindern richtet und kein Suspended Coaster ist.
Durch massenkompatible Fertigung waren Vekoma SLCs eine Zeit lang das Mittel der Wahl, wenn ein mittelgroßer bis großer Park mit beschränkten Budget (oder Platz) eine Thrill-Achterbahn kaufen wollte. Selbiges gilt für Intamins „Impulse Coaster“ Reihe.
B&M Inverted Coaster spielen in einer anderen Liga: Nicht selten sind dies Bahnen auch mehrer Jahre nach Eröffnung noch da Aushängeschild des Parks. Dieses sehr hohe Investment richtet sich vor allem an Parks, die eine weitere Attraktion für „Thrill Seeker“ benötigen.
Die meisten weiteren Bahnen sind eher als etwas spannendere Familienachterbahnen ausgelegt und sind u.a. ein gutes Mittel für Familienparks, mit relativ wenig Platzbedarf mit den sie besuchenden Familien alters- und spannungsmäßig mitzuhalten.
Mit Abstand größter Hersteller von Inverted Coastern ist Vekoma, mit 80 gelisteten Exemplaren, gefolgt von B&M (38), Golden Horse (33), Beijing Shibaolai (23) und Intamin (17).
In Europa stammen die meisten Bahnen ebenfalls von Vekoma (19), gefolgt von B&M (8), Pinfari (4) und Intamin (3).
Hier die vollständige Liste aller Hersteller:
Ganze ListeAm einfachsten ist hier B&M. Diese Bahnen haben zum einen einen Box Track, d.h. der tragende Körper der Schiene ist im Querschnitt ein Rechteck. Zum anderen haben B&M-Inverter als einzige in dieser Liste pro Reihe vier Sitzplätze. Den Spezialfall Euro-Star (NICHT von B&M, RCDB) betrachte ich unter Trivia.
Steht man vor einer Bahn mit Traversenschiene (d.h nicht mit zentralem Träger und Laufrohren, sonder mit drei oder vier Rohren und direkten Verbindner, ähnlich den Bauelementen einer Konzertbühne) handelt es sich um eine Intamin-Bahn. Dieser Hersteller hat auch als einziger Wägen mit zwei Reihen die man klar erkennen kann.
Vekoma-SLCs haben Schienen, die an ein mit der offenen Seite nach vorne umgefallenes „C“ erinnern. Die Räder der Züge greifen von Innen auf die an den Enden angebrachten Laufschienen an. Außerdem haben alle ein beinahe identisches Layout.
Vekoma SFC/STC (Suspended Family bzw. Thrill Coaster) haben ein klassisches Schienenlayout mit zwei Laufrohren, die an einem runden Backbone angebracht sind.
Bisher noch nicht genannt wurden die insgesamt 7 Anlagen des italienischen Herstellers Pinfari. Dieser hat (ähnlich einer einzelnen gebauten Intamin-Bahn, die in einer Halle steht) abseits der Inversionen Schienen, die an eine Leiter erinnern. Diese „XPress“-genannten Bahnen gibt es allerdings nur in zwei recht ähnlichen Varianten, die sehr kompakt und transportabel gestaltet sind. Beide Schienentypen sieht man sehr schön auf diesem RCDB-Bild.
In Deutschland gibt es derzeit vier fahrende stationäre Anlagen sowie eine im Bau. Ich richte mich hier ausschließlich nach der Klassifkation der RCDB (Stand: 10. Mai 2020), damit die Ergebnisse reproduzierbar sind. An welchen Punkten das vielleicht Probleme gibt erfahrt in in Teil 3. Die Anlagen sind: