Kaarel Rundu ist Schulleiter am „Tallinna Saksa Gümnaasium“. Das Gymnasium ist die einzige Schule im Baltikum, die das deutsche Abitur anbietet. Im Podcast „School must go on“ spricht der Schulleiter über Estlands Status als PISA-Vorreiter in Europa und darüber, wie das estnische Bildungssystem positiv beeinflusst wird: Unter anderem durch Mitarbeiter*innen aus Privatunternehmen. – „Bildungstechnolog*innen gibt es hier an fast allen Schulen.“ – Der größte Unterschied für ihn als Schulleiter: Am deutschen Gymnasium in Tallinn besteht die Schulleitung aus acht Personen – jede von ihnen hat ganz unterschiedliche Aufgaben: „Es gibt den Schulleiter, zwei pädagogische Leiter, einen Leiter der deutschen Sprachabteilung, eine Eventmanagerin, eine Infotechnologin, einen Entwicklungsmanager und eine Verwaltungsleiterin“, erklärt der gebürtige Este. Er als Schulleiter müsse dadurch viele administrative Aufgaben nicht selber erledigen, sondern könne diese Aufgaben dem Team aus Spezialist*innen überlassen, die dafür ausgebildet sind. Darüber hinaus gibt es an der Schule ein technisches Team, bestehend aus einem Techniker, einem Infotechnologen und einer Bildungstechnologin. „Die Bildungstechnologin hat die Aufgabe, neue innovative Wege zu finden, die die Kolleg*innen im Klassenzimmer benutzen können. Sie hat eine pädagogische und eine technologische Ausbildung und übernimmt auch die Lehrkräftefortbildungen bei neuen Themen“, so Kaarel Rundu. Dies sei in Estland aber keine Besonderheit, sondern eine Selbstverständlichkeit. „Bildungstechnolog*innen gibt es hier an fast allen Schulen.“ – Praktizierende Spezialisten im Bildungssystem integrieren – „In Estland werden Angestellte nicht über den Staat vermittelt, sondern sind direkt bei der Schule angestellt“, erklärt der Schulleiter. Die finanziellen Mittel dafür berechnen sich dabei anhand der Schülerzahl. Dadurch habe der Schulleiter viel Autonomie bei der Wahl des Personals. Neben Lehrkräften, die von sich aus Lust haben, sich in neue Themen reinzufuchsen, gebe es auch das System, dass Leute aus Privatunternehmen in einem kleinen Stundenumfang an Schulen unterrichten. „Dadurch bezieht man praktizierende Spezialist*innen ins Bildungssystem mit ein, die wissen, was man können muss, um auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu sein“, so Kaarel Rundu. Dadurch könne an Estlands Schulen ein breites Repertoire an AGs, Wahlpflichtkursen und Unterrichtsinhalten, wie beispielsweise 3D-Druck und -Design, Programmieren, Architektur, Finanzrechnung, kreatives Schreiben oder auch die Ausbildung als Basketball-Schiedsrichter*in, angeboten werden. – Autonomie auch für Lehrkräfte – „Unser staatliches Curriculum ist sehr voll, aber unsere Lehrer*innen haben viel Autonomie herauszufinden, welche Lernmethoden und Materialien sie anwenden können. Wir wissen, was das Ziel am Ende jeder Klassenstufe ist und welche Kompetenzen gelernt werden sollen, aber der Weg dahin ist mit viel Autonomie verbunden“, so Rundu. Es werde dabei nichts aufgezwungen, sondern jede*r könne selber schauen, was am besten funktioniert. Durch das Technikteam und die verschiedenen Spezialist*innen habe jede Lehrkraft Unterstützung dabei, Neues auszuprobieren und Fragen zu stellen. „Leute schätzen ihre Zeit sehr und wenn wir ihnen zeigen können, wie sie über die digitalen Möglichkeiten Zeit gewinnen, dann ist das immer ein großer Motivationsschub“, erklärt Kaarel Rundu die Bereitschaft der Lehrkräfte, stetig Neues auszuprobieren. Außerdem spricht der Schulleiter über die Rolle von Community-Arbeit, den Umgang mit standardisierten Tests und das Einbinden von Alumni.