Ich war in Saudi Arabien und habe dort einen Urban Knitting-Kurs gegeben. Denersten Teil meines Reiseberichts könnt ihr nachlesen - es wird noch ein dritter folgen. Bilder von den Kursergebnissen gibt es beiTumblr.HĂ€ttet ihr gedacht, dass es saudische Frauen mit Kopftuch gibt, die blaue oder (am nĂ€chsten Tag) lila Haare haben? Ich musste immer ein bisschen grinsen, wenn ich an Leute in Deutschland denken, die sich schon fĂŒr viel weniger sehr subversiv und alternativ vorkommen. Die Studentin erzĂ€hlte mir von den KĂ€mpfen mit ihrer Mutter wegen ihrer Haare und dass viele sie doof finden, weil sie sich nicht um die Meinung anderer schert.Eine andere Studentin, die die mit Abstand kleinste, aber auch lauteste und eine der ehrgeizigsten war, ĂŒberraschte uns alle mit ihrer spontanen Rap-Einlage. Die hat echt was drauf! und auĂerdem hatten die Studentinnen den Soundtrack von diesem grausigen 50 Shades-Film auf ihren Handys. Das fand ich ziemlich ungewöhnlich. Auf der StraĂe tragen alle Frauen Abaya und sind teils verschleiert, unter sich wird das alles erst mal abgelegt und ich hatte das GefĂŒhl, dass so an der DAH eine besondere IntimitĂ€t entstand.Insgesamt war der Umgang der Studentinnen und Professorinnen untereinander sehr herzlich. Die Professorinnen sprachen sich viel mit âmy dearâ und âsweetheartâ an und wir erzĂ€hlten uns recht schnell private Dinge â eine ArbeitsatmosphĂ€re, die ich mir so in Deutschland nicht vorstellen kann. Die Studentinnen betonten auch immer wieder, wie sehr sie ihre Lehrerinnen lieben.Bei mir hat sich sehr schnell so ein GefĂŒhl eingestellt, dass das nun "my girls" sind. Ich war zwischendurch immer mal wieder sehr berĂŒhrt und musste ein paar TrĂ€nchen verstecken. Die MĂ€dels waren so bad ass!Am letzten Tag wurden VortrĂ€ge gehalten und es gab auch eine Podiumsdiskussion, bei der es nur mĂ€nnliche GĂ€ste gab (eine Frau moderierte, eine andere ĂŒbersetzte). Es ging unter anderem um eine Debatte zwischen Thierry Mauger und saudischen Architekten/KĂŒnstler, die nicht glauben wollten, dass diebunten HĂ€user in der Region Asir von den dort lebenden Frauen bemalt wurden. Mauger sagte dann auf dem Podium, dass er stolz auf die Frauen sei, dass andere ihnen die Bemalungen nicht zutrauten - das spreche ja nur fĂŒr deren Schönheit. Die Studentinnen im Hörsaal sind ausgeflippt! Die haben spontan geklatscht und gejubelt und als seine Aussage ĂŒbersetzt wurde, gleich nochmal. Ich saĂ bei den Professorinnen und die drehten sich ganz ĂŒberrascht und angetan um. Im Nachhinein hörte ich, dass die Studentinnen sich bei ihren Professorinnen beschwerten, dass solche MĂ€nner auf ihren Campus eingeladen worden seien. Sie wollten Mauger gerne eine E-Mail schreiben und sich dafĂŒr entschuldigen, dass die saudischen MĂ€nner so schlecht mit ihm umgegangen seien. Das ist den jungen Frauen richtig an die Ehre gegangen, dass wenn schon MĂ€nner auf ihrem Campus sind, die sich nicht ordentlich genug gegenĂŒber GĂ€sten benehmen können. Ich bin immer noch schwer begeistert und gerĂŒhrt, wenn ich daran denke.FĂŒr mich war das Spannendste an der Reise auf jeden Fall, mit so vielen beeindruckenden Frauen sprechen und von ihren Leben erfahren zu können. Zum GlĂŒck bringt das Stricken es mit sich, dass nebenher geredet werden kann. Ich mochte es, dass wir alle gegenseitig sehr neugierig waren, wie die jeweils andere so lebt und dass wir so viele Gemeinsamkeiten entdeckten â etwas, das weniger mich als vermutlich vielmehr die Menschen in meinem Umfeld ĂŒberraschte. Mit einer der Professorinnen habe ich zurĂŒck in Deutschland gleich Mails geschrieben, eine Studentin schrieb mich via Facebook an. Meine Co-Lehrerin hat mir am letzten Tag ein wunderbares Abschiedsgeschenk ĂŒberreicht und mich eingeladen, sie mal in Indien zu besuchen.