Es war eine Sensation, als ArchĂ€ologen vor rund 100 Jahren ?Petra? ausgegraben haben: eine in Fels gehauene Stadt, die den NabatĂ€ern als Handelsmetropole diente. Ihre BlĂŒtezeit hatten die NabatĂ€er zur Zeit Jesu. Sie beherrschten die WeihrauchstraĂe und organisierten den Handel zwischen Arabien und dem Mittelmeerraum. Bis heute stoĂen ArchĂ€ologen immer noch auf neue Erkenntnisse. Von Bernd-Uwe Gutknecht (BR 2016)
Es war eine Sensation, als ArchĂ€ologen vor rund 100 Jahren ?Petra? ausgegraben haben: eine in Fels gehauene Stadt, die den NabatĂ€ern als Handelsmetropole diente. Ihre BlĂŒtezeit hatten die NabatĂ€er zur Zeit Jesu. Sie beherrschten die WeihrauchstraĂe und organisierten den Handel zwischen Arabien und dem Mittelmeerraum. Bis heute stoĂen ArchĂ€ologen immer noch auf neue Erkenntnisse. Von Bernd-Uwe Gutknecht (BR 2016)
Credits
Autor: Bernd-Uwe Gutknecht
Regie: Irene Schuck
Es sprachen: Beate HimmelstoĂ, Andreas Neumann, Silke von Walkhoff
Technik: Gerhard Wicho
Redaktion: Thomas Morawetz
Im Interview: Prof. Dr. Stephan Schmid, Jane Taylor
Linktipps:
Das Kalenderblatt (2013): J.L. Burckhardt entdeckt Petra (22.08.1812)
Die Felsenstadt Petra im heutigen Jordanien war bis ins 3.Jahrhundert n. Chr. als blĂŒhende Handelsstadt der NabatĂ€er bekannt. Am 22. August 1812 entdeckte der Schweizer Johann Ludwig Burckhardt die sagenhaften Ruinen. JETZT ANHĂREN
ZDFinfo (2020): Petra â Felsentempel in der WĂŒste
Beeindruckende Felsformationen und mĂ€chtige Fassaden â mitten in der jordanischen WĂŒste fasziniert die antike Felsenstadt Petra ArchĂ€ologen, Historiker und Touristen. JETZT ANSEHEN
Und hier noch ein paar besondere Tipps fĂŒr Geschichts-Interessierte:
Im Podcast âTATORT GESCHICHTEâ sprechen die Historiker Niklas Fischer und Hannes Liebrandt ĂŒber bekannte und weniger bekannte Verbrechen aus der Geschichte. True Crime â und was hat das eigentlich mit uns heute zu tun?
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Wir freuen uns ĂŒber Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.
Alles Geschichte finden Sie auch in der ARD Audiothek:
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Timecodes (TC) zu dieser Folge:
TC 00:15 â Intro
TC 01:37 â Luxus mitten im Nirgendwo
TC 03:36 â Eine schlecht zu verteidigende Lage
TC 05:18 â Der Nomadenstamm
TC 08:44 -Â Ein Leben wie ihre Vorfahren
TC 12:00 â Die Wallstreet der WĂŒste
TC 15:06 â Im arabischen Olymp
TC 17:46 â Verantwortungsvoll, gut organisiert und stets bemĂŒht
TC 21:06 â Outro
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
TC 00:15 â Intro
MUSIK
ATMO 1 Aufstieg
ErzÀhler:
Der Aufstieg ist beschwerlich. Von Petra, der faszinierenden Felsenstadt unten im Canyon, hinauf zum 1.200 Meter hohen Gipfelplateau des Umm al-Bijara (sprich: Umm all Bichara), ĂŒbersetzt der âMutter der Zisternenâ. Hunderte von Stufen wurden in den vergangenen zwei Jahrtausenden in den Kalk - und Sandstein geschlagen, um auf den höchsten Berg der Gegend zu gelangen.
ErzÀhlerin:
Immer wieder wurde der Weg von SandstĂŒrmen verweht, von Geröll verschĂŒttet, von Erdbeben zerstört und ein ums andere Mal wiederhergestellt. In den vergangenen beiden Jahrhunderten von ArchĂ€ologen, zuvor von Beduinen, zur Zeitenwende vom geheimnisumwitterten Volk der NabatĂ€er!
ATMO 2 ArchÀologengesprÀch
ErzÀhler:
Seit den neunziger Jahren graben und forschen ArchĂ€ologen der Berliner Humboldt-UniversitĂ€t rund um Petra. Zahlreiche GebĂ€udekomplexe - Tempel, GrĂ€ber, Villen aus den ersten Jahrhunderten vor und nach der Zeitenwende - haben sie bereits freigelegt und dokumentiert. Auf dem Umm al-Bijara sind sie auf eine erstaunliche Anlage gestoĂen.
ATMO 3 kratzen
TC 01:37 â Luxus mitten im Nirgendwo
ErzÀhlerin:
Eine luxuriöse Wellness-Oase auf einem Berg mitten in der WĂŒste: mit Marmor-Badewannen, kunstvollen Mosaiken, Steinfiguren von badenden JĂŒnglingen. Prof. Dr. Stephan Schmid ist der Ausgrabungsleiter:
O-Ton 1 Schmid Luxusbad:
âMan darf sich da durchaus den damals ĂŒblichen Luxus vorstellen, der dadurch fast pervers wirkt, dass er an einem sehr unwirtlichen Ort praktiziert wird. Wir haben eine Badeanlage gefunden, die mit 20 auf 30 Metern ein ganz anstĂ€ndige Dimension erreicht. Da gab`s beheizbare RĂ€ume mit Boden - und Wandheizung, es gab fĂŒr den Endnutzer flieĂendes Wasser, das kommt zwar aus den Zisternen, wird aber in Zwischentanks erst mal eingefĂŒllt und der Endnutzer kann richtig seine Badewanne mit flieĂend Wasser fĂŒllen lassen und das ist natĂŒrlich fĂŒr ehemalige Nomaden schon eine Leistung.â
MUSIK
  Â
ErzÀhler:
Feinkeramik - und Glasscherben lassen vermuten, dass es sich die Badenden auf dem Berg gut gehen lieĂen. Die gröĂte Badewanne, die mehreren Personen Platz bot, also eine Art antiker Whirlpool, ist direkt an der Felskante installiert, hinter der es Hunderte von Metern in die Tiefe geht â antike Wellness mit Nervenkitzel und einem fantastischen Panorama: Vom Plateau reicht der Blick ĂŒber ganz Petra und auf der anderen Seite bis ins Jordantal, ins heutige Israel. Lage und Luxusausstattung des Berg-Bades waren vermutlich so etwas wie ein Architekturwettstreit mit Herodes dem GroĂen, der nebenan in JudĂ€a pompöse PalĂ€ste bauen lieĂ. Ziel war es, Macht und Reichtum zur Schau zu stellen.
MUSIK AUS
TC 03:36 â Eine schlecht zu verteidigende Lage
O-Ton 2 Schmid Herodes:
âDie NabatĂ€er waren ja die direkten Nachbarn und auch direkt verschwĂ€gert mit Herodes dem GroĂen und seinen Nachfolgern, da gab`s einen regen Austausch von Heiratspolitik, man hat sich auch hin und wieder bekriegt, man kannte sich jedenfalls sehr gut. Und im Königsreich von Herodes dem GroĂen und seinen Nachfolgern kennen wir zahlreiche Höhenresidenzen, und unser Schlagwort ist, dass Um-el-Bijara, dieser Berg hier, die nabatĂ€ische Antwort auf Masada, die groĂe Palastanlage von Herodes dem GroĂen am Toten Meer darstellen könnte.â
ErzÀhlerin:
Die exponierte Position dieser Anlage, die nicht nur aus Badewannen, sondern auch aus Wohn â und WachgebĂ€uden bestand, hatte auch einen strategischen Grund.
O-Ton 3 Schmid Königsberg:
âUnsere Arbeits-Hypothese ist die, dass sich hier oben eine Königsresidenz befunden haben könnte aus folgenden GrĂŒnden: Der Berg ist der Stadtberg von Petra, der ĂŒberblickt das Stadtgebiet mit 300 Metern Höhendifferenz, Umm-al-Bijara, Mutter der Zisternen, also da wurde auch Wasser in Zisternen gesammelt. Offenbar wollte man hier oben gröĂere Menschenmengen oder Menschen mit hohem Wasserbedarf bewirtschaften können. Der andere Punkt: Der Berg ist extrem wichtig fĂŒr die Kontrolle des ganzen Gebietes. Petra selbst liegt ja in einem tiefen Talkessel, da hat man keine Sicht, keine Möglichkeit, mit der AuĂenwelt zu kommunizieren. Und das ist ab dem Zeitpunkt, wo man aus der nomadischen in die sesshafte Lebensweise wechselt, denkbar ungĂŒnstig. Und dazu dient dieser hohe Berg, man hat hier eine perfekte Fernsicht und kann kommunizieren mit einer ganzen Reihe von WachtĂŒrmen die sich rund ums Siedlungsgebiet von Petra und befunden haben und diese Informationen eben mit dem Stadtgebiet eben austauschen und kommunizieren.â
TC 05:18 â Der Nomadenstamm
MUSIK & ATMO 5 Kelle
ErzÀhler:
Wer waren diese NabatÀer, die in solch einem unwirtlichen, labyrinthartigen Schluchtensystem ihre Hauptstadt errichteten?
ATMO 6 Schaufel
ErzÀhlerin:
Neben den Tonscherben, MĂŒnzen oder Steinreliefs, die ArchĂ€ologen wie Stephan Schmid zutage fördern, haben die Forscher nur einige schriftliche antike Quellen zur VerfĂŒgung: von den Geschichtsschreibern Strabon, Flavius Josephus oder Diodorus. Von den NabatĂ€ern selbst wurden bisher nur wenige schriftliche Zeugnisse gefunden.
ErzÀhler:
In der Bibel tauchen die NabatĂ€er bei Paulus auf. Und zwar in Person von König ArĂ©tas, der als König von Damaskus bezeichnet wurde. Zu Jesu Zeiten reichte das Herrschaftsgebiet der NabatĂ€er bis ins heutige Syrien.Â
ErzÀhlerin:
Zum ersten Mal wird der semitische Nomadenstamm vom griechischen Historiker Diodorus erwĂ€hnt: Im Jahr 312 v. Chr. kĂ€mpfte demnach ein griechisch-makedonisches Heer von fast 5.000 Mann gegen die NabatĂ€er, eroberte vorĂŒbergehend Petra und erbeutete groĂe Mengen an Weihrauch und Myrrhe sowie 500 Talente Silber, was 70 Tonnen entspricht!
MUSIK AUS
O-Ton 4 Schmid Könige:
âDie frĂŒhesten Belege stammen aus der hellenistischen Zeit, wo ein König der Araber genannt wird, der eigentlich nur NabatĂ€er sein kann und dann ab dem spĂ€ten zweiten Jahrhundert werden sie dann auch richtig König der NabatĂ€er genannt. Auch auf ihren eigenen MĂŒnzen treten sie als solche auf. Zumindest nach auĂen muss das als monarchische Form wahrgenommen worden sein. Man kann sich gut vorstellen, dass es eine Art Scheichtum war, es gab eben einen Oberscheich und weil er der Oberscheich war, galt er fĂŒr die Griechen und Römer als König.â
MUSIK
ErzÀhler:
Aus ihrer Nomadenzeit hatten die NabatĂ€er die Stammesstrukturen bewahrt, auch als sie rund um Petra sesshaft wurden. Wie frĂŒher, als sie durch die WĂŒstengegenden im heutigen Syrien, Jordanien, Irak, PalĂ€stina und Saudi Arabien zogen, lebten sie in GroĂfamilien und Clans. Davon zeugen groĂe VersammlungsrĂ€ume, die in die FelswĂ€nde von Petra gebaut wurden. In diesen BankettsĂ€len finden sich sogenannte Triklinien, abgetrennte RĂ€ume, die an drei Seiten SitzbĂ€nke hatten. In diesen RĂ€umen wurde rituell gekocht, es wurden Tieropfer dargebracht und es wurde beratschlagt und zu Gericht gesessen.
ErzÀhlerin:
Als Nomaden hatten die NabatĂ€er keine eigene Schriftsprache. Sie bedienten sich des AramĂ€ischen, also der Sprache Jesu, vor allem, wenn es um HandelsvertrĂ€ge, Bauinschriften etc. ging. Mythische, rituelle oder alltĂ€gliche Dinge wurden mĂŒndlich ĂŒberliefert.
MUSIK AUS
O-Ton Schmid 5 aramÀisch:
âDa muss man offenbar unterscheiden zwischen dem, was sie gesprochen haben, das scheint wirklich Arabisch gewesen zu sein, ein FrĂŒh-Arabisch, und dem, was sie geschrieben haben. Geschrieben haben sie tatsĂ€chlich AramĂ€isch, das war damals die lingua franca, die in diesem Teil der antiken Welt durch das persische AchĂ€menidenreich flĂ€chendeckend als Verwaltungssprache eingefĂŒhrt wurde. In dieser Sprache schreiben die NabatĂ€er, das ist eigentlich schriftmĂ€Ăig die Ursprungssprache des modernen Arabisch und des HebrĂ€isch. AramĂ€isch ist die Sprache von Jesus und auch die Bibel ist in AramĂ€isch abgefasst in weiten Strecken.â
ErzÀhler:
Aus diesem frĂŒhen AramĂ€isch hat sich dann die Arabische Schrift entwickelt, wie wir sie kennen.
TC 08:44 -Â Ein Leben wie ihre Vorfahren
ErzÀhlerin:
Und wie sie die Nachfahren der NabatĂ€er benutzen, die heute in den HĂŒgeln rund um Petra leben: ohne Strom und flieĂendes Wasser, in Zelten aus Tierleder, einem fĂŒr die MĂ€nner, einem fĂŒr die Frauen.
ATMO 7 Mörser Kardamom
O-Ton 6 SchÀferin Name over weiblich:
âMein Name ist Haje (sprich: Ha-je), ich bin 50 Jahre alt und ich habe sechs Kinder.â
ErzÀhler:
Die Frau sitzt auf einer staubigen Wolldecke vor dem Zelt, im Mörser zerkleinert sie Kardamom-Körner. Ihr schwarzer Umhang verhĂŒllt den ganzen Körper, bis auf die Augen.
O-Ton 7 SchÀferin Tag over weiblich:
âUnser Tag sieht so aus: Erst mache ich das FrĂŒhstĂŒck, meine Söhne gehen zum Wasser holen, die Töchter bringen die Ziegen zum Grasen. Wir essen Joghurt, Zwiebeln, Brot, trinken Tee. Sonst gibt`s kaum etwas. Fleisch nur, wenn GĂ€ste kommen, dann schlachten wir eine Ziege â
ATMO 8 Brotbacken
ErzÀhlerin:
Jetzt knetet die Frau Brotteig, den sie zu Fladen formt. Statt in einen Ofen steckt sie diese Fladen einfach in den heiĂen WĂŒstensand.
Eine Viertelstunde spÀter ist das Brot fertig gebacken und wird mit etwas ZiegenkÀse und WildkrÀutern gegessen.
ErzÀhler:
Das karge Leben der Beduinen dĂŒrfte sich kaum vom Lebensstil frĂŒherer Nomaden unterscheiden. Mit Geld kommen sie selten in BerĂŒhrung, vielmehr tauschen sie Lebensmittel, Tiere oder Stoffe mit anderen Beduinen.
MUSIK
ErzÀhlerin:
Auch die NabatÀer haben in ihrer Nomadenzeit wohl so gelebt. Durch ihre steigenden HandelsaktivitÀten und den aufkommenden Wohlstand Ànderte sich aber die Gesellschaftsform.
MUSIK AUS
Die NabatÀer suchten ein Zuhause, ein Zentrum, und fanden es in Petra.
ATMO 11 Markt
ErzÀhler:
Den Marktplatz von Petra muss man sich wie einen groĂen Souk vorstellen, wie man ihn heute noch in Jordaniens Hauptstadt Amman findet.
MUSIK
An den StĂ€nden bieten die HĂ€ndler GewĂŒrze, GemĂŒse, Fleisch, Fisch, Kaffee und Tee sowie GebrauchsgegenstĂ€nde aller Art feil.
ErzÀhlerin:
Die HauptstraĂe von Petra ist noch deutlich zu erkennen: die Pflastersteine sind gut erhalten und weisen keine Spuren von RĂ€dern auf â der Boulevard war also eine frĂŒhe FuĂgĂ€ngerzone! GesĂ€umt von Brunnen, BadehĂ€usern, Theater, Mausoleen. Zu Zeiten der NabatĂ€er war diese PrachtstraĂe noch beeindruckender als heute. Denn die meisten GebĂ€ude waren mit kunstvollem Stuck verziert und farbenfroh gestrichen, wĂ€hrend die Ăberbleibsel sandfarben sind.
ATMO 12 Marktschreier
ErzÀhler:
Petras Marktschreier brachten die wertvollsten Produkte der damaligen Zeit unter die Leute: LuxusgĂŒter wie Alabaster, Elfenbein, Perlen, Purpur oder Pfeffer. Auch Aromata wie Weihrauch, Myrrhe, Balsam oder Zedernduft. Vor allem die EinkĂ€ufer aus Rom rissen sich um die Zutaten fĂŒr Salben, Cremes oder Badewasser, da die römische Kanalisation zum Himmel stank und mit DĂŒften ĂŒbertĂŒncht werden musste.
TC 12:00 â Die Wallstreet der WĂŒste
ErzÀhler:
In der Hochzeit reichte der nabatĂ€ische Karawanenstaat von Damaskus im Nordosten bis nach Medina im SĂŒden, im Westen bis zum Sinai. Auf der arabischen Halbinsel kontrollierten sie die so genannte WeihrauchstraĂe, die von Jemen und Oman bis zum Mittelmeer fĂŒhrte und auf der neben GewĂŒrzen aus Indien auch chinesische Seide transportiert wurde.
ErzÀhlerin:
In der Oase Hegra im heutigen Saudi-Arabien ĂŒbernahmen die nabatĂ€ischen Kaufleute die Ware von sĂŒdarabischen HĂ€ndlern, brachten sie in 30 bis 40 TagesmĂ€rschen in Kamel- und Dromedarkolonnen nach Petra oder nach Gaza, dem wichtigsten Umschlagplatz am Mittelmeer. Von dort fĂŒhrte die Handelsroute nach Rom oder Athen. Die wichtigsten Karawanen-Strecken waren mit bewachten Brunnen, Warendepots und Versorgungsstationen versehen.
MUSIK AUS
ATMO 13 Petra Sprachen
ErzÀhlerin:
Kaufleute aus vielen Regionen tummelten sich in Petra, das eine Art Wallstreet der WĂŒste war. Statt des Touristen-Mixâ aus Englisch, Deutsch oder Japanisch war vor 2.000 Jahren ein Sprachengemisch aus AramĂ€isch, Persisch und Latein zu hören. Historiker schĂ€tzen, dass zur Hochzeit etwa 30.000 Menschen in Petra lebten, darunter zahlreiche AuslĂ€nder, die auch ihre Vorlieben mitbrachten. Der ArchĂ€ologe Stephan Schmid stöĂt bei Grabungen immer wieder auf Keramik, Glas und Marmor aus Italien oder Griechenland.
ATMO 14 WasserplÀtschern
ErzÀhler:
Ein paar Kilometer von Petra entfernt sprudelt Quellwasser aus den Felsen. Laut Bibel soll Moses hier mit einem Stock auf einen Felsblock geschlagen und so die Quelle geöffnet haben. Diese Wasserstelle garantiert seit Tausenden von Jahren die Trinkwasserversorgung.
MUSIK
ErzÀhlerin:
Die NabatĂ€er entwickelten ein ausgeklĂŒgeltes Kanalsystem, das Wissenschaftler heute als âWasserbaukunstâ bezeichnen: starke RegenfĂ€lle im Winter können die Schluchten rund um Petra komplett unter Wasser setzen, im Sommer fĂ€llt nahezu kein Regen. Diese Herausforderung meisterten die Ingenieure der NabatĂ€er, indem sie Dutzende von Barrieren bauten, um die FlieĂgeschwindigkeit des Wassers im Winter zu verringern. In DĂ€mmen und unterirdischen Zisternen wurden enorme Wassermengen gesammelt, ĂŒber ein weitverzweigtes Kanalsystem verbreitet.
ErzÀhler:
Rechnungen ergaben, dass rund ums Jahr etwa 45 Millionen Liter zur VerfĂŒgung standen. Eine immense Menge an Wasser, zumal mitten in der WĂŒste! Damit konnten die sesshaft gewordenen Nomaden auf bewĂ€sserten Terrassen Landwirtschaft betreiben, was den Fund zahlreicher GetreidemĂŒhlen, Wein â und Ălpressen erklĂ€rt. Luftaufnahmen deuten auch auf groĂzĂŒgig angelegte Gartenanlagen in Petra hin. Die NabatĂ€er hatten sich an einem der unwirtlichsten PlĂ€tze der Region ein Paradies geschaffen.
ATMO 15 Petra Kinder
MUSIK AUS
TC 15:06 â Im arabischen Olymp
ErzÀhlerin:
Die Frage ist: Warum taten sie das in diesem staubigen Schluchten-Labyrinth?
ErzÀhler:
Eine Möglichkeit, die von Historikern und ArchÀologen diskutiert wird: Eventuell hatten die NabatÀer einen mystischen Bezug zu diesem Ort.
MUSIK
Jedenfalls fanden die Forscher zahlreiche Stein-Stelen, die Götter symbolisieren. Inschriften auf Reliefs lassen den Schluss zu, dass Petra nicht nur ein Handelszentrum, sondern auch eine PilgerstÀtte war. Vielleicht vermuteten die NabatÀer, dass die von ihnen angebeteten Gottheiten hier zuhause sind. Petra wÀre demnach eine Art arabischer Olymp gewesen.
O-Ton 12 Schmid Duschara:
âDie NabatĂ€er hatten ein relativ detailliertes Pantheon, da gibt es eine ganze Reihe von Göttern, allerdings scheint es sich ein bisschen auf einen Hauptgott zu fokussieren, also eine stark trichterförmige Verengung oder Konzentration auf einen Hauptgott. Hier in Petra ist das eindeutig Duschara, d.h. der von den Schara-Bergen. Und die Schara-Berge, das ist diese Gebirgskette, die den Ăbergang von der innerarabischen Hochebene in den arabisch-afrikanischen Grabenbruch, in dem auch der Jordan, das Rote und Tote Meer liegen, darstellt. Dieser Duschara war ganz wichtig, denn von den Schara-Bergen kommt das segens-und kulturbringende Wasser, von daher kommt aber auch das alles zerstörende Wasser, wenn man eben nicht aufpasst und das ein bisschen domestiziert. Lustigerweise oder interessanterweise, wenn es um die bildliche Darstellung von Duschara in Griechisch-Römischen Bildchiffren geht, dann taucht er als Dionysos oder Bacchus auf. Das gibt uns eine gewisse Vergleichbarkeit.â
ErzÀhlerin:
Hauptgott Duschara wurde auch mit Vollbart, als Verkörperung des griechischen Zeus, dargestellt! So anpassungsfÀhig die NabatÀer in ihren Handelsstrategien waren, so flexibel waren sie mit ihrer Religion: Sie passten sich den UmstÀnden an, lernten Gottheiten der Nachbarvölker kennen und adaptierten sie.
Je nach Region beteten sie die lokalen Götter an, das konnten auch FlĂŒsse, Quellen, Berge oder BĂ€ume sein. In der Beschreibung der nabatĂ€ischen Gottheiten finden sich Merkmale arabischer, persischer und vor allem hellenistischer Götter wieder. So hatte jede Siedlung einen eigenen Hauptgott, zum Teil glaubten einzelne Familien an eigene Wesen.
MUSIK AUS
O-Ton 13 Jane gods OV weiblich:
âAuĂerdem wissen wir von drei Haupt-Göttinnen in Petra, deren wichtigste Al-Huzza war. Ihr Name kann mit âDie GroĂeâ ĂŒbersetzt werden.
TC 17:46 â Verantwortungsvoll, gut organisiert und stets bemĂŒht
ErzÀhlerin:
Die britische Schriftstellerin und Fotografin Jane Taylor lebt und arbeitet seit 30 Jahren in Jordanien, hat mehrere Dokumentationen ĂŒber die NabatĂ€er veröffentlicht. Neben der sehr variablen Religion beeindruckt sie auch die relativ gleichberechtigte Rolle der nabatĂ€ischen Frauen:
O-Ton 14 Jane women OV weiblich:
âEs gibt Hinweise, dass die NabatĂ€er ihre Frauen wesentlich höher ansahen als etwa die Römer oder die Juden der Epoche. Ein Anzeichen dafĂŒr ist die Tatsache, dass auf den MĂŒnzen der NabatĂ€er nicht nur Könige, sondern auch Königinnen abgebildet waren. Das gab`s weder bei Römern noch bei den Juden. Es ist leider sehr wenig ĂŒber das Alltagsleben der Ehefrauen, MĂŒtter, Töchter ĂŒberliefert, aber wir kennen relativ viele Namen von Königinnen und auch von Königstöchtern. Und diese wurden offenbar nicht viel anders behandelt als die Königssöhne.â
ErzÀhler:
Die wenigen historischen Quellen vermitteln den Eindruck, dass die NabatĂ€er ein sehr verantwortungsvolles, gut organisiertes und um Frieden bemĂŒhtes Volk bildeten. Laut Geschichtsschreibern versuchten sie, mögliche Feinde eher mit Strategie und Diplomatie zu bezwingen als mit militĂ€rischer Gewalt. So fĂŒhrten sie ein römisches Heer fehl, damit dieses an keiner Oase vorbeikam und schlieĂlich geschwĂ€cht ohne jeden Kampf aufgeben musste.
MUSIK
Als die Römer alternative Handelsrouten auf dem Seewege etablierten, verloren die NabatĂ€er ihr Handelsmonopol und wurden als UnterhĂ€ndler quasi ĂŒberflĂŒssig. Relativ unspektakulĂ€r wurde ihr Reich von Rom geschluckt und ging in der Provinz Arabia auf. Aus HĂ€ndlern wurden sesshafte Bauern.
ErzÀhlerin:
Das Handelszentrum Petra geriet in Vergessenheit, stattdessen zogen die Karawanen nach Palmyra oder Aleppo.
MUSIK AUS
O-Ton 16 Schmid Ende:
âDas nominelle Ende des nabatĂ€ischen Königreiches kommt 106 nach Christus, als die Römer hier einmarschieren und das NabatĂ€er-Reich in die Provinz Arabien umwandeln. Es ist immer noch nicht ganz klar, warum zu diesem Zeitpunkt, wenige Jahre spĂ€ter unternimmt der gleiche Römische Kaiser Trajan einen groĂ angelegten Feldzug in den damaligen Osten, das Partherreich wird bekriegt und teilweise erobert. Und möglicherweise war es fĂŒr die Römische Verwaltung und Planung wichtig, in dieser Ecke der antiken Welt, wo wichtige ZufahrtsstraĂen auch auf die kĂŒnftigen KriegsschauplĂ€tze hin durchfĂŒhren, fĂŒr Ruhe zu sorgen, prophylaktisch sozusagen.â
ErzÀhler:
In der Folge vernachlÀssigten die Römer Petra. Viele Bewohner zogen weg, nur einige Christen nutzten die Höhlenverstecke auf ihrer Flucht vor den Römern. Die Stadt verfiel.
ErzÀhlerin:
Und erlitt im Jahr 363 nach Christus sozusagen den TodesstoĂ. Ein schweres Erdbeben machte den Resten eines einst blĂŒhenden Handelsreichs ein Ende. Als der Schweizer Forscher Johann Ludwig Burckhardt alias Scheich Ibrahim 1812 Petra erreichte, existierte die Stadt schon lange nicht mehr. WĂŒstensand ĂŒberdeckte die ehemalige Metropole wie ein Mantel des Schweigens.
TC 21:06 â Outro