Alles Geschichte - History von radioWissen   /     ALTES ARABIEN - Frühzeitlicher Fernhandel

Description

Lange bevor Erdöl und Erdgas die Arabischen Emirate reich machten, wurde von dort Fernhandel bis nach Indien betrieben. Gold, Perlen, Waffen im Tausch gegen Edelsteine, Hölzer, Gewürze. Die Region um Dubai war schon in der Stein-, Bronze-und Eisenzeit ein wichtiges Handelszentrum. Von Bernd-Uwe Gutknecht (BR 2023)

Subtitle
Duration
00:23:02
Publishing date
2024-04-15 12:05
Link
https://www.br.de/mediathek/podcast/alles-geschichte-history-von-radiowissen/altes-arabien-fruehzeitlicher-fernhandel/2092278
Contributors
  Bernd-Uwe Gutknecht
author  
Enclosures
https://media.neuland.br.de/file/2092278/c/feed/altes-arabien-fruehzeitlicher-fernhandel.mp3
audio/mpeg

Shownotes

Lange bevor Erdöl und Erdgas die Arabischen Emirate reich machten, wurde von dort Fernhandel bis nach Indien betrieben. Gold, Perlen, Waffen im Tausch gegen Edelsteine, Hölzer, Gewürze. Die Region um Dubai war schon in der Stein-, Bronze-und Eisenzeit ein wichtiges Handelszentrum. Von Bernd-Uwe Gutknecht (BR 2023)

Credits
Autor: Bernd-Uwe Gutknecht
Regie: Kirsten Böttcher
Es sprachen: Rahel Comtesse, Thomas Birnstiel, Christian Baumann, Jenny Güzel
Technik: Robin Auld
Redaktion: Thomas Morawetz
Im Interview: Christian Velde, Ali Al Mansoori, Aisha Ahmet, Mansour Boraik, Abdullah Mansouri, Abdulla Rashed Al Suwaidi

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Timecodes (TC) zu dieser Folge:

TC 00:15 – Intro
TC 01:59 – Mehr als Palmen, Datteln und Fisch
TC 05:00 – Lehren aus dem Grab
TC 07:30 – Ein Industriegebiet mitten in der Wüste
TC 11:43 – Das Allrounder-Dromedar
TC 14:03 – Auf der Weihrauchroute
TC 16:57 – Die Macht der Perlen
TC 19:06 – Äußere Einflüsse
TC 22:20 - Outro

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

TC 00:15 – Intro

MUSIK & ATMO 01 Geröll + ATMO Wüste

Sprecherin:
Er trägt immer sehr robuste Lederstiefel, denn er steht oft bis zu den Knöcheln in Haufen von scharfkantigen Muschelschalen und Knochenresten. Seit über 30 Jahren stochert der deutsche Archäologe Christian Velde in den Müllbergen der frühesten Bewohner von Ras al Khaimah,

O 01 Muscheln:
„Diese Hügel bezeichnen wir als Muschelhaufen, im Grunde ein Abfallhaufen, von dem, was Menschen gegessen haben. Für uns fantastisch, das ist das, was wir brauchen! Wir graben im Abfall der Menschen, die einmal gelebt haben. Man muss das nur wirklich aufheben (…) das hat ein Mensch vor drei bis vier Tausend Jahren ausgeschlürft und dann hierhin geworfen.“

ATMO Muschelhaufen

Sprecher:
Austern waren wohl schon in der Vorzeit eine Delikatesse oder eher ein Grundnahrungsmittel in dem nördlichsten der Vereinigten Arabischen Emirate.

MUSIK

Sprecherin:
Der Archäologe steht in einer steinigen, staubigen Ebene. Ein paar Kilometer östlich beginnen die steilen Berghänge des Hajar-Gebirges, im Westen glänzt der Arabisch-Persische Golf in der Sonne.

Sprecher:
Aus dem Gebirge fließt nach Regenfällen kostbares Wasser herab. Und in den bergigen Regionen können Wildtiere gejagt werden. Aus dem Meer wiederum gibt es reichlich Fische und Meeresfrüchte zu essen. Diese Lage hat die Arabische Golfküste schon sehr früh attraktiv für eine Besiedlung gemacht.

TC 01:59 – Mehr als Palmen, Datteln und Fisch

O 02 Steinzeit:
„Die frühesten Nachweise, wie wir jetzt wissen, sind etwa 200.000 vor der Jetzt-Zeit. Das ist die sogenannte Alt-Steinzeit, das ist die Zeit, in der sich die ersten Wellen früher Menschen aus Afrika weiter ausbreiten und das Faszinierende ist, dass man heute annimmt, dass sie auch über die Arabische Halbinsel nach Asien gekommen sind. Man kann das wirklich nachweisen, dass von 200.000 bis jetzt Menschen in diesem Raum gelebt haben.“

Sprecherin:
Auf einer Insel, die zum Emirat Sharjah gehört, haben Forscher im Jahr 2022 Hinweise auf eine Siedlung aus der Altsteinzeit entdeckt, die ältesten Spuren der ganzen Region.

Sprecher:
Das hat die Wissenschaftler überrascht, weil in dieser Epoche lange Trockenzeiten auf der Arabischen Halbinsel vorherrschten. Offenbar waren die Menschen damals in der Lage, trotz der harschen Bedingungen zu überleben.

Sprecherin:
In der Jungsteinzeit, also etwa ab 10.000 vor unserer Zeitrechnung, haben sich die Lebensbedingungen erheblich verbessert. 

O 03 Monsun:
„Vom Neolithikum mit einer kurzen Unterbrechung bis zum dritten Jahrtausend hat es hier eindeutig mehr geregnet als heute. Und zwar deswegen, weil in dieser Zeit der Monsun, der sich heute praktisch auf Indien beschränkt, damals bis in den Norden gekommen, d.h. es hat hier im Grunde zwei Regenzeiten gegeben.“

MUSIK

Sprecher:
Die Ebene, die heute auf dem Staatsgebiet von Ras al Khaimah liegt, hat sich damals zum Obst-und Gemüsegarten der Region entwickelt.

ATMO 02 Wedel

Sprecherin:
Die Grabungsstätten des Archäologen Christian Velde sind eingerahmt von ausgedehnten Palmgärten.

O 04 Datteln:
„Wir wissen, dass es von etwa von 3000 vor bis in die Moderne hier Palmengärten gegeben hat, auch wenn wir die ersten Dattelkerne schon aus dem Neolithikum kennen.“

ATMO 03 Palmgarten

Sprecher:
Einer dieser Palmgärten gehört Ali Al Mansoori (sprich: Mansuri). Weiße Haare, weißer Vollbart, weißes Scheichsgewand, so steht der Dattelbauer zwischen seinen Palmen:

O 05 dades OV männl.:
OV- männlich
„Die Menschen früher hatten wenig zu essen hier, eigentlich nur Datteln und Fisch. Das Gute an den Datteln: man kann sie auch ohne Kühlschrank ein Jahr lang aufbewahren. Und sie sind auch noch gesund! Eine Palme versorgt dich mit 120 Kilo Datteln, davon kann sich eine Familie ein Jahr lang ernähren.“

Sprecher:
Zwischen den Palmen dringt Sonnenlicht hindurch, so können darunter zwei weitere Ebenen mit Obstbäumen und Boden-Gemüse gedeihen.

MUSIK

Sprecherin:
Aber die Menschen lebten auch damals nicht nur von Datteln und Fischen. Tonscherben und Steinwerkzeuge, die in Ras al Khaimah ausgegraben wurden, deuten darauf hin, dass bereits im sechsten Jahrtausend vor Christus, in der sogenannten Obed-Zeit, Tauschhandel mit Mesopotamien betrieben wurde.

TC 05:00 – Lehren aus dem Grab

Sprecher:
Im dritten Jahrtausend vor Christus lebte die Umm-an-Nar-Kultur im heutigen Emirat, im Anschluss die Wadi-Suq-Kultur. Aus dieser Epoche stammen bedeutende Funde von Christian Velde: Hunderte von Gräbern!

Zusp. O 08 Gräber:
„Wo wir etwas finden, ist jenseits der Palmengärten, wo die Menschen meistens ihre Toten bestattet haben und deswegen finden wir sehr häufig Gräber. Und die findet man tatsächlich in diesem Gebiet zwischen den Palmengärten, in den Schotterflächen am Rand der Berge. Das Faszinierende ist Shimal, wo sich ein gewaltiger Friedhof befindet mit mehr als 100 megalithischen Gräbern, die aus einer Zeit zu Beginn des zweiten Jahrtausends stammen, aus einer Kultur, die wir Wadi Suk-Kultur nennen, aus der Zeit zwischen 2000 und 1600 v.Chr.“

ATMO 06 Grab

Sprecherin:
Blickt man über die Ebene, reiht sich Hügel an Hügel, unter jedem Hügel ruhen Gruppen-Gräber, die meist für 30 bis 60 Personen angelegt wurden. Nur einige der Grabhügel sind bisher freigelegt worden, mit teils erstaunlichen Funden:

O 09 Hund:
„Ein komplettes Skelett einer jungen Frau, die angehockt – das sind alles Hockerbestattungen im 2. und 3. Jahrtausend – dort bestattet worden ist und das Faszinierende an dieser Bestattung ist, dass oberhalb ihres Kopfes ein Hund bestattet war. Sie ist also scheinbar mit ihrem Hund bestattet worden. Es ist ein Hund, der nachweislich seit den Beduinen hier existiert, aber sehr wahrscheinlich schon Jahrtausende davor existiert hat.“

Sprecher:
Für Archäologen sind es oftmals die unspektakulären Entdeckungen, die für neue Erkenntnisse sorgen. So ergaben Untersuchungen an abgenagten Hühnerknochen, dass schon in der Bronzezeit Handel mit dem fernen Indien stattgefunden hat:

0 10 Huhn:
„Das Huhn ist faszinierenderweise im Industal, also in Indien domestiziert worden, die Urform des Huhns. Und tatsächlich hat man die Reste von Hühnern auch hier gefunden. Tatsächlich scheinen im dritten Jahrtausend Hühner hierher exportiert worden zu sein.“

Sprecherin:
Da sich abgeknabberte Hühnerknochen nicht so gut als Ausstellungsstücke für ein Museum eignen, werden im Nationalmuseum von Ras al Khaimah Steinpfannen, bemalte Becher, Bronzewerkzeuge und Waffen, etwa Dolche oder Pfeilspitzen gezeigt.

TC 07:30 – Ein Industriegebiet mitten in der Wüste

ATMO 07 Innenhof

Sprecher:
Im Innenhof des Museums hat die Museums-Führerin Aisha Ahmet gerade eine Studentengruppe verabschiedet. Für sie als Einheimische ist es etwas Besonderes, dass sich Besucher aus anderen Weltgegenden für die frühzeitliche Geschichte von Ras al Khaimah interessieren:

O 11 map OV weibl.:
OV- weiblich
„Ich bin immer wieder beeindruckt, wenn ich mir die alten Karten anschaue und sehe, dass mein Land schon vor sehr langer Zeit mit weit entfernten Gegenden der Welt vernetzt war. Und auch die Gäste hier im Museum - etwa die aus China oder Indien - staunen, dass unsere Länder schon in der Frühzeit Handel miteinander getrieben haben.“

MUSIK

Sprecherin:
Aufgrund seiner Lage in dem schmalen Streifen zwischen Meer und Berg war das heutige Ras al Khaimah prädestiniert für frühe Siedlungen. Aber auch in den anderen Emiraten entlang der Küste des Arabisch-Persischen Golfes wurden Belege für weitreichende Handelsaktivitäten gefunden.

Sprecher:
Eine Zufallsentdeckung sorgte im Jahr 2002 in Dubai für Schlagzeilen: Scheich Mohammed bin Rashid Al Maktoum, der Herrscher von Dubai, erspähte während eines Helikopterfluges ungewöhnliche dunkle Schattierungen im Wüstensand. Wie Wissenschaftler kurze Zeit später analysierten, handelte es sich um Schlacke, ein Abfallprodukt von Schmelzöfen aus der Eisenzeit.  

Sprecherin:
Die umfangreichen Grabungsarbeiten förderten Tausende Metall-Objekte zu Tage, vor allem Waffen und Schmuck. Der Archäologe Dr. Mansour Boraik ist der Direktor des Saruq al Hadid-Museums, in dem die Exponate zu sehen sind:

0 13 Gold OV männl.:
OV- männlich
„Das war ein richtiges Industriegebiet für Metallarbeiten. Vor allem Waffen wurden hergestellt: Speerspitzen, Äxte, Pfeile. Daneben haben wir aber auch analysiert, dass hier Gold zu Schmuck verarbeitet wurde. Wir haben Goldkettchen gefunden, unbearbeitetes Gold, und auch Goldschmuck mit Perlen. Das Gold kam wohl aus Saudi-Arabien und Jemen und wurde hier bearbeitet.“

MUSIK

Sprecher:
Der Großteil der Fundstücke wird auf das Zeitfenster 1300 bis 800 vor Christus datiert. In den Öfen wurde Eisen geschmolzen, und aus Kupfer und Zink wurde Bronze hergestellt.

Sprecherin:
Für diese Prozesse sind Öfen notwendig, die auf über 1200 Grad heizen können. Für damalige Verhältnisse ein Kraftakt – mitten in der Wüste!

Sprecher:
Zwar gab es aufgrund höherer Niederschläge mehr Vegetation als heute, also mehr Bäume, etwa Akazien, trotzdem musste das Brenn-Holz für die Öfen aus einem weiten Gebiet zusammengetragen werden. Vermutlich holten die Arbeiter sogar aus dem Hajar-Gebirge brennbares Material.

Sprecherin:
Neben den industriell betriebenen Öfen waren aber auch Goldschmiede vor Ort. Das beweisen kunstvoll gestaltete Schmuckstücke, zum Beispiel Halsketten oder Armreife – besetzt mit wertvollen Steinen von weit her. Mansour Boraik:

O 14 stones OV männl.:
OV- männlich
„Die Juwelen waren aus verschiedenen Edelsteinen und Halbedelsteinen gemacht: Amethysten, Achate, Karneole, Lapislazuli, Muscheln, Kristall, alles Mögliche. Das heißt, sie waren in Verbindung mit verschiedenen Handelsvölkern in Mesopotamien, Anatolien, im Industal oder Ägypten. Steine, Silber und Gold wurden weit gehandelt.“

Sprecher:
So spektakulär die Funde in Saruq al Hadid waren, so rätselhaft sind die Hintergründe dieser eisenzeitlichen Industriestadt: 

O 15 mysteries OV männl.:
OV- männlich
„Wir haben über 20.000 Objekte ausgegraben. Aber wir stehen immer noch vor vielen Rätseln. Wir wissen nicht, wer diese Menschen waren, wohin sie gegangen sind, warum sind sie verschwunden. Warum haben sie so viele Gegenstände hier zurückgelassen? Diese Geheimnisse müssen erst noch enträtselt werden.“

TC 11:43 – Das Allrounder-Dromedar

ATMO 08 Kamel + ATMO Wüste

Sprecherin:
In der Übergangsphase von der Bronze- zur Eisenzeit ist auf der Arabischen Halbinsel etwas geschehen, was die gesamte Region massiv verändert hat: Die Menschen erkannten, dass die einheimischen einhöckrigen Kamele, also Dromedare, als Reit- und Tragetiere benutzt werden können. Für Christian Velde war das ein Quantensprung:

0 16 Domestizierung:
„Plötzlich haben die Menschen angefangen zu überlegen: Wir fangen die ein, packen sie in einen Pferch und haben unsere Fleischvorräte direkt bei der Hand. Damit fängt die Domestizierung des Kamels an, um 1500, wahrscheinlich als Fleischlieferant. Bis man dann entdeckt hat, die Viecher eignen sich hervorragend, um sie mit Gütern zu bepacken und durch die Gegend wandern zu lassen, weil sie ewig lange ohne oder mit sehr wenig Wasser auskommen. Und dann zweitrangig mit der Domestizierung und Nahrungsmittel-Fleisch-Lieferant Nummer 1 hat man gesehen: Mensch, das sind unsere Lasttiere!“

Sprecher:
Damit war der Handelsweg zu Land nach Süden, Norden und Westen frei:

0 17 Wüste:
„Und plötzlich ist die Wüste, die immer eine Trennung war – plötzlich konnte man die Wüste durchqueren mit diesen Kamelen. Und plötzlich, das sieht man im ersten Jahrtausend, fangen Handelskontakte mit Jemen an oder mit anderen Teilen der Arabischen Halbinsel weiter im Norden. Weil die weiten Strecken, die man durch den Sand durchgehen muss, mit sehr wenigen Wasserquellen, kann man jetzt überwinden. Das Kamel also, erst als Fleischlieferant und dann als das Lasttier, hat die Arabische Halbinsel in der Eisenzeit, also im ersten Jahrtausend v.Chr. sehr verändert.“

MUSIK

Sprecherin:
Mit den Karawanen fingen Menschen an zu wandern. Beduinen, also Nomaden, die vorher nur in gebirgsnahen Gegenden mit Wasserquellen unterwegs waren, konnten jetzt weite Handlungsreisen unternehmen.

Sprecher:
Die Königreiche im südlichen Arabien, wie die der Sabäer und Minäer, konnten ihre Waren auf dem Kamelrücken über die ganze Halbinsel bis nach Palästina, Syrien und zum Mittelmeer transportieren. Bekanntestes Beispiel ist die Weihrauch-Route:

ATMO Wüste

TC 14:03 – Auf der Weihrauchroute

O 18 Weihrauch:
„Mit der Entwicklung des Kamels und der Karawanenwege wurde dieses Produkt ein Verkaufsschlager Jemens in der gesamten mediterranen Welt, aber auch hier im Golf und der Arabischen Welt.

Sprecherin:
Die Karawanen funktionierten ähnlich wie heute Aktiengesellschaften. Kleine Händler konnten sich mit ihren Produkten einkaufen und auf einen großen Gewinn beim Weiterverkauf hoffen. Bezahlt wurde zunächst mit Gold und Silber, bis sich die ersten Münzen etablierten:

O 19 Münzen:
„Es hat sogar in dieser Zeit tatsächlich zum ersten Mal in diesem Bereich das Prägen von Münzen gegeben. Man hat Münzen aus dieser Zeit, man hat sogar eine Prägeform oder Gießform für Münzen gefunden. Das ist also die Zeit eines Beduinenreichs und diese Beduinen haben alle vom Handel gelebt, der Handel war der Kern dieses Beduinenreichs.“

Sprecher:
Die Zeit von 300 vor bis 300 nach Christus war die Ära der Beduinenreiche an der Golfküste.

ATMO Meeresbrandung

Sprecherin:
Da die Technik der Bootsbauer voranschritt und die Schiffe immer weiter segeln konnten, entwickelte sich ein wahrer Fernhandel. Die frühesten Seefahrer konnten mit ihren Schilfbooten nur überschaubare Distanzen zurücklegen.

Sprecher:
Die für den Arabisch-Persischen Golf typischen Holz-Dhaus kamen dann bis nach Indien und China.

ATMO 10 Werft 1 + ATMO 11 Werft 2

Sprecherin:
Dhaus, wie sie in der Werft von Abdullah Mansouri in Ras al Khaimah noch heute fabriziert werden:

0 20 Bootsbauer OV männl.:
OV- männlich
„Mein Großvater und mein Vater haben auch schon Dhaus gebaut. Sie haben es mir beigebracht, als ich 13 Jahre war. Seitdem bin ich jeden Werk-Tag hier in der Werft. Wir verwenden ausschließlich Holz, was Anderes kommt für mich nicht in Frage. Die Inspiration für die Boote hole ich mir aus alten Büchern.“

ATMO 11 Werft 2 + ATMO 12 Werft 3

Sprecher:
Gewürze aus Indien, Keramik aus China, Silber aus Anatolien, Marmor aus Ägypten, Weihrauch aus Jemen - wo heute Dubai, Katar, Bahrain oder Ras al Khaimah globale Handelszentren bilden, waren auch in den Jahrhunderten vor unserer Zeitenwende schon Verkehrs-Knotenpunkte.

O 22 Händler:
„Es war sowohl in der islamischen als auch in der vorislamischen Zeit immer ein Handelsmittelpunkt- und Schwerpunkt und Händler ziehen immer andere Religionen, andere Sprachen an, also es dürfte hier immer multikulturell gewesen sein, auch im dritten und zweiten Jahrtausend v.Chr. und in den späteren Perioden auch. Händler sind immer offen, Händler nehmen alles auf, sind tolerant gegenüber allen Religionen, Völkern, Kulturen. Denn das Wichtigste ist für sie, Geld und Handel zu machen und nicht, irgendwelche Ideologien zu verbreiten.“

MUSIK

TC 16:57 – Die Macht der Perlen

Sprecherin:
Das wertvollste Handelsgut, das Ras al Khaimah zu bieten hatte, waren: Perlen. In den von Mangroven gebildeten sandigen Lagunen entlang der Küste haben Austernmuscheln ideale Lebensbedingungen.

Sprecher:
Früher mussten Perlentaucher ohne technische Hilfsmittel auf mühsame und lebensgefährliche Art und Weise am Meeresboden nach den Muscheln suchen. Im 20. Jahrhundert ist die Zucht von Perlenaustern aufgebaut worden. 

Sprecherin:
Die älteste Austern-Perle wurde in Abu Dhabi an einer Halskette als Grabbeilage einer Frau aus der Jungsteinzeit gefunden. Auch im Gilgamensch-Epos aus dem dritten Jahrtausend vor Christus werden Perlen erwähnt. Und der römische Geschichtsschreiber Plinius der Ältere lobte die Perlen aus dem Arabisch-Persischen Golf als die feinsten der Welt.

ATMO 13 Perlen

Sprecher:
Abdulla Rashed Al Suwaidi (sprich: Su-wa-i-di) betreibt in einer der Lagunen in Ras al Khaimah eine Perlausternfarm und demonstriert dort, wie die Perlen aus den scharfkantigen Muscheln gelöst werden.

O 23 pearls OV männl.:
OV- männlich
„Wenn man wilde Austernmuscheln vom Meeresboden aufpickt, findet man in einer von 100 Muscheln eine Natur-Perle. Also etwa eine Quote von einem Prozent. Wenn man also 1000 öffnet, hat man zehn und davon sollte zumindest eine so groß und wertvoll sein, um die Ausgaben dafür zu begleichen. Es ist kein einfacher Job!“

ATMO 13 Perlen

Sprecherin:
Die weißen Naturperlen landeten und landen bis heute in Kronen, Zeptern oder kostbaren Schmuckstücken.

O 24 power OV männl.:
OV- männlich
„Wer hat Perlen getragen? Könige, Sultane, Prinzen, Maharadschas, Kaiser, begehrten Perlen. Egal ob im alten Persien, in Indien, in China. Warum waren sie so angetan von Perlen? Weil sie Symbole sind für Geld und Vermögen und daraus resultiert: Macht. Perlen zeigten also ihre Macht!“

TC 19:06 – Äußere Einflüsse

ATMO Meeresbrandung

Sprecher:
Durch die Erreichbarkeit und die Handelsaktivitäten wurde die Arabische Golfküste, die bis dato nahezu unbehelligt von Feinden war, für andere Völker attraktiv.

MUSIK

Sprecherin:
Im vierten Jahrhundert vor Christus versuchte Alexander der Große, Fuß zu fassen an der Küste, starb allerdings auf dem Weg ins südliche Arabien in Babylon. Einer seiner Feldherren schaffte es bis zum nordwestlichen Ufer des Golfes. Erst Alexanders Nachfolger, die Seleukiden, konnten ihr Reich bis zu den heutigen Arabischen Emiraten ausweiten, wurden aber schon im zweiten Jahrhundert vor der Zeitenwende von den Parthern abgelöst.

Sprecher:
Mit den verschiedenen Völkern kamen immer auch unterschiedliche Religionen an die Golfküste. Einige der lokalen Gottheiten waren über die Grenzen bekannt und wurden Jahrhunderte lang verehrt. Etwa die Göttinnen Allat und Aluzza, die von Gläubigen in Mekka genauso angebetet wurden wie im nabatäischen Petra. Es existierten auch jüdische Gemeinden auf der Arabischen Halbinsel und später kamen christliche Gruppierungen dazu:

O 25 Christen:
„Man darf nicht vergessen, dass die Arabische Halbinsel vor der Islamisierung sehr stark christianisiert war. Es gab viele christliche arabische Stämme in allen Teilen Arabiens. Es gab auch jüdische Stämme, der Jemen war zwischendurch ein jüdisches Königtum. Und man weiß inzwischen auch, dass es Christen hier an der Küste gegeben hat, gerade vor kurzer Zeit ist eine Kirchenanlage, vielleicht ein Kloster, vielleicht eine Kirche und Kloster gleichzeitig, ausgegraben worden, eine sensationelle Neuentdeckung! 5. bis 7. Jahrhundert. Sehr wahrscheinlich sind das alles nestorianische Christen.“

ATMO 15 Strandfußball

Sprecherin:
An Stränden wie dem in Ras al Khaimah, wo heute Kinder Fußball spielen, landeten um 300 nach Christus persische Streitkräfte und setzten sich für mehrere Jahrhunderte fest:

O 26 Sassaniden:
„Die Sassaniden, die letzte große vorislamische Dynastie Persiens, die auch Mesopotamien beherrscht hat, die etwa genauso groß und mächtig gewesen sind wie die Römer. Und die haben vom 4./5. Jahrhundert an auch diese Seite des Golfes dominiert, sind mit ihren Schiffen und Truppen rübergekommen. Wir haben z.B. sassanidenzeitliche Überreste gefunden von einer größeren Gebäudestruktur, die eventuell ein Verwaltungsgebäude dargestellt hat. Denn wir wissen, dass die Sassaniden hier saßen und versucht haben, den Oman zu erobern. Das Ganze ist dann relativ abrupt zu Ende gekommen mit dem Beginn des Islam.“

MUSIK

Sprecher:
Im siebten Jahrhundert schließlich bewegten sich muslimische Truppen von Medina und Mekka aus über die gesamte Arabische Halbinsel. Auch an der Golfküste übernahmen sie die Macht von den Sassaniden – der Beginn einer neuen Zeitrechnung.

MUSIK hoch und aus

TC 22:20 - Outro