Wir reden über Gesundheitsdaten. Relativ selbstverständlich erfassen Geräte, die wir bei uns tragen, Daten über unseren Alltag: Apps auf Smartphones, Fitness-Armbänder, Smartwatches etc. Wir wollten natürlich wissen: Was sind Gesundheitsdaten? Aber uns auch ansehen, was solche Daten wirklich aussagen können, welche Analysen z.B. anhand selbst gemessener Daten möglich sind. Unsere Themen sind hier Schlaf und Herzfrequenz. Aber überall, wo es um Daten geht, darf der Aspekt der Sicherheit von Daten nicht fehlen. Mit wem teilen wir sie? Wie steht es um Zyklus-Apps? Was passiert bei Bonusprogrammen?
Wir reden über Gesundheitsdaten. Relativ selbstverständlich erfassen Geräte, die wir bei uns tragen, Daten über unseren Alltag: Apps auf Smartphones, Fitness-Armbänder, Smartwatches etc. Wir wollten natürlich wissen: Was sind Gesundheitsdaten? Aber uns auch ansehen, was solche Daten wirklich aussagen können, welche Analysen z.B. anhand selbst gemessener Daten möglich sind. Unsere Themen sind hier Schlaf und Herzfrequenz. Aber überall, wo es um Daten geht, darf der Aspekt der Sicherheit von Daten nicht fehlen. Mit wem teilen wir sie? Wie steht es um Zyklus-Apps? Was passiert bei Bonusprogrammen?
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Helena: Willkommen zur 54. Folge beim Datenleben Podcast, dem Podcast über Data Science. Wir sind Helena
Janine: und Janine
Helena: und möchten euch die Welt der Daten näher bringen. Was für Daten umgeben uns? Wie gehen wir mit diesen Daten um? Und was können wir aus ihnen lernen? Wer schon immer mehr darüber wissen wollte, ist hier richtig, denn diesen Fragen gehen wir nach.
Janine: Und in dieser Folge soll es um Daten gehen, die uns sehr nahe gehen, nämlich Daten über die eigene Gesundheit. Inzwischen ist es ja sehr verbreitet, dass wir Geräte bei uns haben oder sie explizit dafür tragen, die Informationen über unseren Körper, unsere Aktivität und so weiter sammeln, ja, seien es Smartwatches, Fitness-Armbänder oder Apps, die auf unseren Smartphones aktiv sind, die diese sogenannten Gesundheitsdaten sammeln. Und dieser Thematik wollen wir dieser Folge widmen. Allen voran natürlich die Frage, was sind eigentlich Gesundheitsdaten? Und wir haben uns dann Untersuchungen herausgegriffen, in denen Forscher*innen unter anderem auch die Datenerhebung mit solchen Geräten und Apps gemacht haben, die eigentlich ja so ein bisschen für den Eingebrauch konzipiert sind. Und das gibt uns vielleicht dann einen ganz guten Blick darauf, was diese Daten überhaupt leisten können und wo vielleicht auch Grenzen sind. Und ja, dabei haben wir uns thematisch auf Schlaf- und Herzfrequenz konzentriert, weil das nun mal gesundheitlich zwei sehr relevante Themen sind. Und auch der Frage, wie es mit der Datensicherheit aussieht, denn gerade wo Daten anfallen, persönliche, personenbeziehbare Daten und so weiter, muss es ja auch irgendwie um Datensicherheit gehen. Wenn man Daten zur eigenen Gesundheit erfasst, kann es ja ziemlich schnell sehr sensible Bereiche hier geben. Und um das besonders auf den Punkt zu bringen, haben wir uns hier das Thema Zyklus-Apps angesehen, also das Erfassen des Menstruationszyklus in einer App, die ja vor allem auf dem Smartphone benutzt wird. Und ja, das wird wahrscheinlich eine ziemlich volle Folge.
Helena: Ja, und warum haben wir das Thema für wichtig beziehungsweise interessant gehalten? Also zum einen interessieren wir uns selber dafür. Also ich zum Beispiel habe auch so einen Fitness-Tracker, mit dem ich bestimmte Dinge erfasse und finde das durchaus ganz interessant, da immer wieder mal drauf zu gucken. Und eine andere Frage, die wir uns ja gestellt haben, ist, was können die Anbieter solcher Fitness-Tracker und ähnlicher Geräte eigentlich über einen erfahren, womit man vielleicht gar nicht selber jetzt so gerechnet hätte, die über das hinausgehen, was da jetzt offensichtlich angezeigt wird.
Janine: Der Datenschatz unseres Alltags. Im Laufe eines einzigen Tages erfassen Sensoren um uns herum unser Leben bis ins kleinste Detail. Sei es das Smartphone, das wir bei uns tragen, das auch im Schlaf meist neben uns liegt, oder eine Smartwatch oder ein Fitnessarmband. Manchmal werden auch noch weitere Geräte eingebunden, wie die Personenwaage, das Blutdruckmessgerät, Umgebungssensoren und so weiter. Wer mindestens eines dieser Geräte besitzt, wird tags und nachts erfasst. Dinge, die wir tun und damit auch irgendwie Dinge, die wir nicht tun. Wie oft nehmen wir das Handy zur Hand? Welche Apps benutzen wir? Wie lange? Wie viele Schritte sind wir an diesem Tag gegangen? Wie viele Stunden Schlaf haben wir in der Nacht bekommen? Wie oft sind wir aufgewacht? Wie viel wiegen wir? Wie stabil ist unser Gang, wenn wir zu Fuß unterwegs sind? Wie hoch ist unser Puls? Wie ist die Qualität der Luft, die wir atmen? Haben wir an einem Tag überhaupt das Haus verlassen? So etwas und vieles mehr wird im Laufe eines Tages gemessen, aufgezeichnet und langfristig gespeichert. Unser Alltag und unsere körperliche und psychische Gesundheit zeichnet sich in diesen Daten ab. Einzelne Daten allein sind vielleicht unbedeutend. In ihrer Summe erzählen sie Geschichten über unsere Leben, über unsere Aktivität, über unsere Gewohnheiten. Wir zerfallen in tausende und aber tausende kleine Datenpunkte. Und diese können wir uns ansehen, aus allen möglichen Perspektiven und allen möglichen Kombinationen. Aber wer und warum sieht sich das an? Zum einen vielleicht wir selbst, und zwar um etwas zu ändern, zu verbessern und diese Veränderungen und vielleicht Erfolge dadurch auch sehen zu können. Zum anderen können sich diese Daten auch andere zu Nutzen machen. Wenn Unternehmen diese Daten für uns speichern, statt dass sie auf unseren Geräten gespeichert sind, können sie auch weiterverwertet werden. Manche Daten werden benutzt, um die Anwendungen zu verbessern oder um sich mit anderen Nutzer*innen zu verbinden oder zu messen. Und manche Daten werden auch verkauft, damit andere Unternehmen auf Basis unserer Aktivitäten oder Gewohnheiten gezielter Werbung für uns schalten können. Das ist allerdings auch nicht das Einzige, was damit passieren kann. Aber es gibt zahlreiche Nutzungsmöglichkeiten für so einen großen Datenschatz. Und manche davon sind vielleicht noch gar nicht erfunden worden. Aber die Daten sind bereits da!
Helena: Zum Beginn der Folge wollen wir uns jetzt einmal die Frage stellen, was sind Gesundheitsdaten? Und dazu zitiere ich jetzt einmal die Wikipedia, die dazu eine sehr ausführliche Definition hat und zwar folgendes. "Zu den Gesundheitsdaten gehören alle Daten über den physischen oder psychischen Zustand eines Menschen, die auch nur bedingt im Zusammenhang mit einem medizinischen Kontext entstehen können. Darunter fallen auch Informationen über Unfälle, Sehstärke, über intellektuelle und mentale Fähigkeiten, aber auch Verhaltensweisen wie das Trink- und Rauchverhalten, Allergien oder die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe wie Weight Watchers oder den anonymen Alkoholikern. Gesundheitsdaten umfassen Informationen über den früheren, gegenwärtigen und künftigen körperlichen oder geistigen Gesundheitszustand der jeweiligen Person. Hierzu gehören ebenso die Prüfung oder Untersuchung eines Körperteils oder einer körpereigenen Substanz, biologischen Proben und Informationen über Krankheiten, Behinderungen, Krankheitsrisiken, Vorerkrankungen und klinischen Behandlungen." Zitat Ende. Also offenbar sind Gesundheitsdaten meistens Daten, die bei ärztlicher Behandlung anfallen, aber auch generell alles, mit dem man den physischen bzw. psychischen Zustand ermitteln kann. Also ja, insbesondere bei so Fitness-Trackern, die dann sowas wie Herzfrequenz oder wie aktiv man ist messen, die erfassen insofern auch, wie fit man gerade ist und das fällt dann auch unter Gesundheitsdaten.
Janine: Wir hatten ja in der letzten Folge schon mal auf diese Folge verwiesen, wie immer. Und da hatte Helena kurz angerissen, dass man eigentlich im Kontext dieses Themas auch über die elektronische Gesundheitsakte bzw. elektronische Patientenakte reden könnte. Das ist aber auch ein sehr umfangreiches Thema für sich, deswegen wollen wir das nicht sehr ausführlich machen, aber an dieser Stelle ein kleiner Exkurs. Das Thema wird nämlich für uns alle insofern wichtig, dass im Januar 2025 die elektronische Patientenakte für alle gesetzlich versicherten Menschen auch ohne deren eindrückliches Einverständnis eingerichtet wird. Also, das wird grundsätzlich gemacht, außer man widerspricht dem tatsächlich, sobald die Krankenkasse einen darüber informiert. Was darin alles stehen wird, sind gewissermaßen alle Informationen über den Gesundheitszustand einer Person, Arztbesuche, Verordnungen, Rezepte etc. und diese Daten können dann von behandelnden Ärzt*innen fachübergreifend eingesehen werden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit bzw. auf der Internetseite dazu hat auch angegeben, dass eben dieser Widerspruch möglich ist, dass das Verfahren als Opt-out eingeführt wird. Das heißt, es wird erstmal für alle gemacht und wer es wirklich gar nicht will, könnte aussteigen, aber darüber muss man sich halt vorher informieren, was das alles für Konsequenzen hat. Und das ist, wie gesagt, ein bisschen umfangreicher. Auf der Seite, die wir auch verlinkt haben vom Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit kann da einiges gesehen werden, was zum Beispiel kritisiert wird in Sachen Selbstbestimmungsrechte der versichernden Personen usw. usf., dass es halt darum geht, welche Daten kann überhaupt wer sehen und inwiefern das geregelt ist und auch, ob man seine Daten zu Forschungszwecken freigeben möchte oder nicht. Und ja, deswegen soll es hier jetzt gar nicht weiter ins Detail gehen, aber weil das eben in ein paar Monaten so ein relevantes Thema sein wird und die Krankenversicherungen die Menschen anschreiben werden, dass eben diese Akte jetzt für sie eingeführt wird und dann diese Widerspruchsoption besteht, deswegen wollten wir es auf jeden Fall hier nochmal erwähnen. Genau, aber jetzt zu den Gesundheitsdaten, die von Geräten aufgezeichnet werden können, die im täglichen Gebrauch auch so üblich sind.
Janine: Und ein Thema, was garantiert viele Männchen umtreibt, ist Schlaf. Guter Schlaf, der erholsam ist und vor allem ausreichend lang ist, ist für uns alle ziemlich wichtig. Wenn das nicht richtig läuft, dann wirkt sich das auf viele Bereiche des Lebens schnell mal aus, wenn das gerade doof ist. Und deswegen würde ich fast behaupten, dass gerade Schlaf eines der Themen ist, das bei diesen Geräten für zu Hause bei der Selbstüberwachung doch oft mal benutzt wird, bei dem alle gerne mal hingucken. Und wir haben Studien rausgesucht, in denen auch Fitness-Tracker eingesetzt wurden, um Schlafanalysen zu machen und da Aussagen draus zu ziehen. Und ja, deswegen jetzt mal die Frage an Helena. Was können denn für Daten beim Schlafen erhoben werden und wie wird es dann ausgewertet?
Helena: Ja, und um diese Frage zu beantworten, haben wir uns zwei verschiedene Themen genauer angeguckt. Und bei dem einen Thema geht es um die Schlaf- und Aktivitätsüberwachung im Zusammenhang mit kann man kann daraus ablesen, ob eine Person depressiv ist. Und das andere Thema, da geht es dann um die Frage, hat man vielleicht Atemaussetzer im Schlaf? Gut, starten wir aber jetzt einmal mit dem Thema Schlaf- und Aktivitätsüberwachung und Depressionen. Es gibt verschiedene Studien, die sich zum Ziel gesetzt haben, zu gucken, ob man mit Hilfe von so Fitness-Trackern und dem, was die so an Daten liefern, wo teilweise eben auch die Schlafüberwachung zugehört, in der Lage ist, festzustellen, ob eine Person gerade in eine Depression schlittert oder nicht. Da gibt es verschiedene Aspekte, die eine Rolle spielen. Ja, eine der Studien, die sich das angeguckt hat, hat parallel eben auch mit Fragebögen gearbeitet, die tendenziell der Standard sind, wenn es darum geht, Depressionen zu diagnostizieren. Und da wurden dann auch mit Hilfe einer zusätzlichen App immer wieder Fragebögen alle paar Stunden abgefragt, um den Zustand über einen längeren Zeitraum eben feststellen zu können und wie sich das auch ändert und ob bestimmte Sachen auch irgendwie damit korrelieren, wie man sich gerade, ja, was man gerade so misst und wie man sich fühlt. Dabei wurden aus der Depression eben fünf Symptomgruppen ausgesucht, in denen dann versucht wurde, Daten zu erheben. Also im Fragebogen eben alle von diesen Gruppen, nämlich Ernährung, die Stimmung, die man hat, wie viele soziale Interaktionen man tendenziell so hat, der Schlaf, also wie gut man schläft und die Bewegung. Und aus einem Fitness-Tracker kommt ja vor allen Dingen die Bewegung raus. Und in dieser Studie war es jetzt erstmal ganz interessant, dass wenn man diese Sachen miteinander vergleicht, dass dann insbesondere Schlaf und Bewegung, die man über einen Fitness-Tracker eben messen kann, schon ein ziemlich guter Indikator dafür sind, wie, ja, ob jemand depressiv ist oder nicht. Dabei gibt es verschiedene Fitness-Tracker, die verschiedene Formen haben, um den Schlaf zu überwachen. Und wie viel man sich bewegt hat, wurde in diesem Fall vor allen Dingen über die Pulsmessung gemacht, weil das nicht nur sagt, wie stark bewegt sich jetzt irgendwie der Fitness-Tracker, sondern tatsächlich, wie intensiv ist auch die körperliche Aktivität dabei. So was wie die Stimmung lässt sich auch laut einer anderen Studie über GPS-Daten ermitteln. Das wurde jetzt in dieser Studie aber nur zitiert, deswegen habe ich mir das auch nicht genauer angeguckt. Und was da besonders herausgestochen ist, ist, dass insbesondere wenn man über die Schlaftracker geht, dass man anhand dessen, wenn man einmal eingeschlafen ist und dann nochmal aufwacht in der Nacht, dass dann die Länge und wie oft das passiert und so, dass das ein besonders starker Indikator für eine Depression ist. Also da kann man jetzt nicht irgendwie Zahlen von ableiten, weil das jetzt auch sehr von den konkreten Fitness-Trackern abhängt, wie die die Daten tatsächlich erkennen. Aber das war so ein Hauptmerkmal, das man dabei gefunden hat. Und ja, abgesehen davon, dass es erstmal interessant ist zu wissen, dass man so was über diese Fitness-Tracker ermitteln kann, ist es auch nochmal interessant zu fragen, warum will man das vielleicht auch aktiv nutzen. Und da war eine Übersichtsstudie, bei der verschiedene Sachen verglichen haben zu diesem Thema, bei der es darum ging, bei älteren Menschen, wenn die alt werden, zu gucken, werden die jetzt gerade depressiv oder nur alt. Also zum Beispiel können bestimmte Depressionssymptome, wie dass man weniger soziale Interaktionen hat, auch einfach nur daran liegen, dass man alt wird und sich weniger selbstständig von Ort zu Ort bewegen kann, was dann dazu führen kann, dass man eben einfach weniger soziale Interaktionen hat, weil man es nicht mehr schafft, dahin zu kommen. Das liegt dann aber nicht an einer Depression, sondern am älter werden. Und um das auseinanderhalten zu können, ist eben die Überwachung durch Fitness-Tracker eine Idee, die man da hatte.
Janine: Wurde da zufällig auch etwas zu Prävention gesagt, weil manchmal gibt es ja gerade, glaube ich, bei psychischen Krankheiten so diesen Effekt, dass sich ein bestimmtes Verhalten so langsam einschleicht und irgendwann merkt man dann, ach so, deswegen war das die letzten Tage, Wochen so. Gibt es da auch so einen Marker sozusagen, dass man dann irgendwie so im Rückblick sehen kann, da hat das eigentlich begonnen und eigentlich hätte ich ab dem und dem Zeitpunkt präventiv etwas dagegen tun können, in vielleicht ein Loch abzurutschen.
Helena: Darauf wurde jetzt hier konkret nicht eingegangen, in den Studien nicht mehr angeguckt hatte, weil es erst mal nur darum geht festzustellen, kann man diese Technik dafür überhaupt verwenden.
Janine: Ja.
Helena: Wo die Antwort ein klares Ja ist, kann man dafür verwenden. Aber ich wüsste jetzt nicht, dass die Fitness-Tracker einem da schon selber irgendwie eine Warnung schicken. Eventuell gibt es einige, die das machen könnten.
Janine: Ja.
Helena: Manche schicken ja Warnungen, wenn sie bestimmte Sachen feststellen. Darüber wüsste ich das jetzt nicht.
Janine: Ja, ich denke darüber auch, dabei gerade auch, weil du auch gesagt hast, man muss dann halt so in der Studie Fragen beantworten, die einem dann alle paar Stunden oder so gestellt wurden. Ich glaube, das gleiche Prinzip verfolgen ja auch manche dieser Gesundheits-Apps, die es ja auch inzwischen auf Rezept geben kann, die sich mit bestimmten Krankheiten beschäftigen.
Helena: Okay. Ja, davon habe ich keine Ahnung von diesen Apps. Da kann ich nichts zu sagen.
Janine: Aber das wäre interessant. Ich setze es mal auf meine zu beobachten Liste.
Helena: Ja, gut. Das war jetzt das Thema Depressionen erkennen mit Fitness-Trackern. Das nächste Thema, was mit Schlaf zu tun hat, ist die Frage, kann man Schlafapnoe mit Hilfe von Fitness-Trackern detektieren und diagnostizieren? Und bei Schlafapnoe handelt es sich ja um kurze Atemstillstände im Schlaf. Also damit ist jetzt nicht die natürliche Atempause gemeint, die zwischen dem Ausatmen und Atmen oft vorkommt, sondern das richtige Aussetzen der Atmung. Also zum Beispiel Atemaussetzer von mindestens 10 Sekunden. Ja, das führt dann dazu, wenn man nicht atmet, dass man dann zu wenig Sauerstoff im Blut hat und zu viel Kohlenstoffdioxid. Und das wiederum führt dazu, dass der Körper kurz aufwacht. Das heißt nicht, dass man bewusst aufwacht und sich hinterher daran erinnert, sondern dass der Körper und das Gehirn aktiv werden. Und das Ganze stört dann die Schlafphasen und somit auch, wie erholsam der Schlaf ist. Traditionell wird das Ganze mit bestimmten Sensoren gemessen, zum Beispiel in einem EEG. Also man misst die Gehirnwellen im Schlaflabor, weil man dadurch erkennen kann, ob man gerade aufgewacht ist und hat noch andere Sensoren, die dann auch den Druck messen, mit dem man aus- und einatmet. Aber das erfordert eben ein Schlaflabor. Es gibt auch noch so Geräte, die man von einem Lungenarzt mitbekommen kann, wo man dann eine Nacht mit so einem Gerät zu Hause verbringt. Und das Problem an diesen klassischen Methoden ist natürlich erstmal, wenn man das erste Mal in einer fremden Situation irgendwie schläft, das kennt man vielleicht von sich selbst auch, wenn man woanders zu Besuch ist, dann ist die erste Nacht meistens unruhiger als die folgenden Nächte, weil neue Situationen, da muss man sich erstmal dran gewöhnen. Und wenn man jetzt irgendwie moderate Schlafapnoe hätte, dann kann es ja sein, dass das genau in dieser einen Nacht eben mal nicht auftritt. Und ja, dann kann man die Sachen einfach mal übersehen, weil dadurch, dass die Schlafsituation so ungewöhnlich ist, der Körper sich anders verhält und dann die Messergebnisse verfälscht. Deswegen würde man, je nachdem, warum man im Schlaflabor ist, dann auch mehr als eine Nacht da verbringen. Das ist allerdings natürlich auch immer eine Kostenfrage, deswegen wird meistens, beziehungsweise ist das dann einfach sehr aufwendig. Deswegen wäre es natürlich interessant, wenn man das über Fitnesstracker machen kann. Dann kann man zur Schlafapnoe noch sagen, dass es eben verschiedene Formen davon gibt. Einmal gibt es die obstruktive Form. Dabei sind die Atemwege blockiert. Der Körper versucht zu atmen, aber es kommt keine Luft durch. Und das tritt vor allen Dingen deswegen dann im Schlaf auf, wenn schon grundsätzliche Verengungen da sind, weil die Muskeln im Schlaf auch weiter erschlafen. Und das kann dann dazu führen, dass man eben gar nicht mehr atmen kann. Wenn man trotzdem noch atmen kann, können diese erschafften Muskeln aber auch dazu führen, dass man eben schnarcht, zum Beispiel. Dann gibt es noch die zentrale Apnoe, bei der der Körper einfach quasi unbewusst die Luft anhält. Also da versucht der Körper gar nicht zu atmen. Und hierbei geht man dann davon aus, dass ist zentrale Apnoe, wenn der Körper für 10 Sekunden lang nicht versucht zu atmen. Und wenn man das Ganze messen möchte, also wie stark die Schlafapnoe ist, wie einschränkend, dann gibt es eine Messgröße namens Apnoe Hypopnoe Index. Mit Hypopnoe ist dann die normale Atmung gemeint. Und das ist eine Messgröße, die das Verhältnis benennt zwischen Atemaussetzern im Vergleich zum normalen Atmen im Verhältnis dazu, wie lange man geschlafen hat. Dafür ist es, um das zu berechnen, eben auch wichtig zu wissen, ob man heute wach war oder nicht. Da gibt es dann Werte von 5 bis 15, die gelten dann als mild. Unter 5 ist dann vermutlich noch nicht irgendwie als Schlafapnoe zu diagnostizieren. Und wenn man über 30 hat, dann hat man eine schwere Schlafapnoe. Ja, um das Ganze mit Smartwatches zu bestimmen, kann man jetzt verschiedene Sensoren heranziehen. Manche Smartwatches haben ja zum Beispiel auch ein Messequipment, um die Sauerstoffsättigung im Blut zu messen. Das wird gemäß einiger Vergleiche, die ich jetzt so in Testberichten gelesen habe, ja, die Werte sind nicht so hundertprozentig vertrauenserweckend. Deswegen haben die Leute aus dieser Veröffentlichung, die ich jetzt dafür gelesen habe, einen anderen Weg gewählt und benutzen ausschließlich den Beschleunigungssensor in der Uhr. Und dann muss man auch irgendwie mithilfe dieses Beschleunigungssensors ja erkennen, dass man gerade normal atmet. Das geht dann besser, wenn man die Uhr eben auch besonders fest trägt.
Janine: Der Beschleunigungssensor wäre ja das Ding, das bemerkt, auch im Telefon, wenn ich mich von A nach B bewege, oder? Also, dass sich das Ding eigentlich im Raum bewegt?
Helena: Ja, genau. Es erkennt Bewegungen im Raum. Dadurch, dass man jetzt so eine Uhr in der Regel an der Hand hält, gibt es auch eine ganze Menge Einflüsse, die jetzt nicht atmend sind, die dazu führen, dass das Ganze sich bewegt, zum Beispiel weil man entweder unruhig schläft, weil irgendwas anderes sich im Raum auch noch bewegt, was dann einen irgendwie mit vibrieren lässt. Deswegen muss man hier eben verschiedene Auswertungen machen. Zum einen muss man eben ein bisschen das Rauschen entfernen, damit man wirklich die normalen Atembewegungen rausbekommen kann. Dann ist es auch wichtig, hiermit zu erkennen, ob man gerade wach ist. Also, wie stark bewege ich jetzt gerade die Uhr? Aktiviere ich die vielleicht sogar? Gucke ich auf das Handy, weil ich gerade aufgewacht bin, oder aufs Klo laufe? Dann misst das Ganze ja auch Schritte, zum Beispiel. Dann ist klar, dass man gerade wach war. Und dann erkennt es eben auch, wenn man besonders intensiv atmet, so Atemspikes hat, die ein Hinweis darauf sein können, dass man eben gerade einen Atemaussetzer hatte und jetzt deutlich mehr einatmet, wenn man gerade irgendwie aufgewacht ist und so weiter. Da fallen jetzt erstmal verschiedene Sachen raus. Usd man benutzt jetzt so klassische Machine Learning-Verfahren, um das Ganze eben auszuwerten und dann eben den Apnoe-Hypopnoe-Index, den AHI, zu bestimmen. Und das ist wohl ziemlich gut machbar gewesen in dieser Studie. Und ja, klassische Machine Learning-Verfahren sind dann sowas wie Support-Vektor-Maschinen oder Entscheidungsbäume. Vielleicht machen wir irgendwann mal eine Folge zu diesem Thema. Man kann auf jeden Fall sagen, es ist eben nicht neuronale Netze gemeint und nicht Deep Learning.
Janine: Ausnahmsweise mal nicht.
Helena: Ja, also etwas klassischere Verfahren, die es schon länger gibt. Wenn wir mal eine Folge dazu machen, kann man auch erklären, warum das manchmal auch keinen Sinn ergibt. Ja, also man kann ziemlich gut Schlafapnoe mit Smartwatches ermitteln. Ich glaube, das Problem ist nur, dass die Sensordaten je nach Gerät immer unterschiedlich sind und man daher als Gerätehersteller dann selber irgendwie auch bestimmte Systeme kalibrieren muss. Weil man muss ja halt nicht nur mit den Sensordaten arbeiten, die man jetzt irgendwie bei den Personen hat, wo man das misst, sondern man muss ja auch gleichzeitig die Schlaflabormessung mitmachen, um überhaupt die Vergleichswerte zu haben und zu sehen, dass das stimmt, was man irgendwie behauptet.
Janine: Ja.
Helena: Deswegen ist das, glaube ich, alles noch nicht als fertiges Produkt in den meisten Smartwatches mit drin. Aber man kann, glaube ich, schon davon ausgehen, dass es dahin geht, dass immer mehr von diesen Diagnosen auch in den Apps landen wird, die da zugehören.
Janine: Ja, das ist auf jeden Fall spannend. Bisher ist es ja doch eher so, dass, ich weiß nicht, wie systematisch die meisten Menschen da so rangehen, aber manchmal gucke ich da drauf und gucke dann auch so ein paar Tage drauf, wie war es so die letzten Nächte, so ein bisschen im Vergleich. Aber oft habe ich auch eher das Gefühl, das gibt mir nur maximal eine Richtung, was so mein Smartphone an Schlaf mitzeichnet und was ja so das Ergebnis der Nacht quasi ist.
Helena: Ja, ich finde die Schlafdaten jetzt bei meiner Smartwatch auch ganz spannend. Insbesondere, wenn ich das jetzt so selber meinen Schlaf bewerte und denke, ja, bin ich jetzt ausgeschlafen, bin ich jetzt ausgeruht, bin ich müde. Und ja, wenn ich dann denke, ja, der Schlaf war jetzt nicht so gut, ich bin immer noch sehr müde, dann sagt diese Uhr auch immer, dass ich dann schlecht geschlafen hätte. Und wenn ich dann weiter in der Vergangenheit gucke, sehe ich, ja, die Nächte davor waren alle ganz gut, also dann gibt es immer noch verschiedene Bewertungsstufen von gut bis ausgezeichnet oder okay. Die kann ich jetzt nicht so mit dem eigenen Gefühl unterscheiden, aber wenn die Smartwatch sagt, ich hätte schlecht geschlafen, dann spüre ich das auch. Das finde ich insofern interessant, weil ich dann weiß, wenn ich jetzt in ein paar Jahren mal die Daten vergleiche, wie sich das im Laufe der Zeit entwickelt hat, dann kann ich davon ausgehen, dass zumindest, wann ich schlecht geschlafen habe, auch ziemlich gut erfasst worden ist.
Janine: Hmh. Ich habe mir meine Daten gestern tatsächlich nochmal angeguckt, so ein bisschen in Vorbereitung und dabei festgestellt, dass meine Schlafdaten nie samstags und sonntags existieren.
Helena: Die existieren nie samstags und sonntags, heißt, das Schlafrhythmus ist dann so anders, dass das Handy nicht weiß, wann du geschlafen hast.
Janine: Das war auch meine erste Idee, aber vermutlich hängt es eher damit zusammen, dass ich für wochentags einen Wecker eingestellt habe und eine Schlafzeit, also einen Schlafplan aktiviert habe,...
Helena: Aha.
Janine: ... der sagt, ich möchte eigentlich zwischen der Zeit und der Zeit schlafen/im Bett sein und ich glaube, das Handy untersucht einfach bloß für diese Zeit meine Aktivität. Also, was du ja auch schon meintest, Bildschirmaktivierungen oder so können mit in die Schlafdatenerfassung eingehen und ich sehe halt, wenn ich irgendwann wach geworden bin und dann tatsächlich mal aufs Handy geguckt habe. Aber ich glaube, das macht es tatsächlich nur für den Zeitpunkt, also wochentags, wenn ich den Wecker aktiviert habe.
Helena: Ja, ja, also ich habe auch eine Wecker-App. Bevor ich jetzt so eine Smartwatch hatte, gab es in dieser App auch die Möglichkeit, dass man die mit auf die Matratze legt, das Handy, um dann Schlafphasenanalysen und so weiter zu machen, auch auf Basis eben vom Beschleunigungssensor und vielleicht noch Mikrofon. Das ging auch nur, wenn man das aktiv eingeschaltet hat und das war standardmäßig auch nur der Fall, wenn es einen Wecker gab. Von daher klingt das jetzt durchaus sehr plausibel.
Janine: Ja, das ist das eine Thema, was wir hatten. Ich glaube, dazu haben wir jetzt auch alles annähernd einmal gesagt. Wie das da so funktioniert und was damit so möglich ist, aktuell, zumindest in der Forschung, aber noch nicht in der Alltagsanwendung. Und da haben wir auch noch so einen Fall, wo die Alltagsanwendung noch nicht ganz so gegeben ist, aber in der Forschung interessante Daten rausfallen können. Was nämlich zum Beispiel die Herzfrequenz über Stress aussagt.
Helena: Also was die meisten Fitness-Tracker ja mitmessen, ist den Puls. Also wie schnell schlägt das Herz. Und das ist auch eine Info, die man oft bekommt. Und da gibt es ja durchaus auch so Messgrößen wie den Ruhepuls, also den Puls, den man ja in Ruhe hat, wenn man gerade nicht aktiv ist. Und wenn man den über größere Zeiträume sich anguckt, dann gibt es, also der Ruhepuls ist erstmal pro Person unterschiedlich. Wenn man jetzt sehr sportlich ist, wird der tendenziell ein bisschen niedriger sein. Dass der niedrig ist, muss jetzt aber im Umkehrschluss nicht heißen, dass man sportlich ist. Aber wenn man jetzt eine sehr stressige Phase hat, wenn man, ja keine Ahnung, auf der Arbeit sehr viel zu tun hat oder was auch immer es für Gründe geben kann für längere stressige Phasen, dann steigt eben dieser Ruhepuls an. Und das lässt sich dann eben auch im längeren Vergleich ganz gut feststellen. Ja, da war eine stressige Phase, jetzt geht es mir wieder besser, jetzt ist auch der Ruhepuls niedriger. Das ist aber nicht das Einzige, was man heranziehen kann bei der Herzfrequenz, sondern es gibt auch noch die Herzfrequenzvariabilität. Und das heißt, wie stark schwankt der Abstand aufeinander folgender regelmäßiger Herzschläge. Also schlägt das Herz immer exakt gleichmäßig oder sind da auch leichte Schwankungen drin? Und diese Schwankungen sind dann eben Herzfrequenzvariabilität. Und hier möchte ich noch einmal die Wikipedia zitieren, die besagt, "die Herzfrequenzvariabilität ist ein Indikator für die Fähigkeit, die Herzfrequenz den körperlichen und mentalen Anforderungen anzupassen". Das heißt, wenn das Herz ja quasi ein bisschen unregelmäßiger schlägt, ist das eher ein gutes Zeichen. Also unregelmäßig im Sinne eben einer normalen Herzfrequenzvariabilität, nicht im Sinne von "man braucht eigentlich einen Herzschrittmacher und hat Herzrhythmusstörungen", das ist noch mal was ganz anderes. Das ist nicht hier mit gemeint. Also ich hätte jetzt intuitiv erstmal gedacht, ja, eigentlich will man doch einen möglichst gleichmäßigen Herzschlag, weil das heißen würde, der Körper ist irgendwie in einem konstanten Zustand und so weiter. Aber offenbar ist es eben nicht so, sondern eine höhere Varianz dabei, ja wie die Herzschläge aufeinander folgen, ist eher ein guter Indikator, wenn man dann sich stärker auf Änderungen der Situation einstellen kann.
Janine: Ich hätte es auch eher andersrum gedacht.
Helena: Ja, wenn man sich dann nicht damit beschäftigt hat, dann ist das erstmal nicht so hundertprozentig intuitiv. Deswegen fand ich eben den Satz aus der Wikipedia sehr hilfreich, weil der dann auch eine Begründung mitliefert, warum das sinnvoll ist, dass die Herzfrequenzvariabilität höher ist. Ja, man kann jetzt so eine Herzfrequenzvariabilität ausrechnen, allerdings sind Zahlenwerte nicht allgemeingültig. Man kann jetzt nicht einfach sagen, das ist mein Wert und das mit anderen Leuten vergleichen und dann kann man daraus irgendwas erschließen. Deswegen ist es bei vielen von diesen Smartwatches jetzt auch nicht unbedingt so, dass die diese Daten direkt zur Verfügung stellen. Bei der Fitbit zum Beispiel ist das mittlerweile so, dass man die sehen kann. Bei der Garmin-Uhr, die ich habe, kriegt man diese Information jetzt selber nicht, sondern sie berechnen daraus schon andere Sachen, die man dann wiederum sehen kann.
Janine: Das heißt also, die Geräte erfassen Daten, aber sie erfassen sogar mehr Daten, als sie mir sagen.
Helena: Ja, ich meine, sie erfassen ja den Puls und so ein bisschen fällt dann das andere aus dem Messverfahren so ein bisschen mit raus,...
Janine: Ja.
Helena: ... die Herzfrequenzvariabilität. Ja, und es gibt verschiedene Krankheiten, die eine größere Änderung der Herzfrequenzvariabilität zur Folge haben. Beispiele dafür sind diabetische Neuropathie, eine Sepsis, auch bekannt als Blutvergiftung oder zum Beispiel Asthma. Ja, aber auch noch ein paar andere. Was eben auch in der Forschung festgestellt wurde, ist, dass eben bestimmte Gefühle, die irgendwie ja was mit Glück zu tun haben, sowas wie Zuneigung, Dankbarkeit, das ist dann eine messbare Korrelation zwischen Atem- und Herzfrequenz gibt, während bei so was wie Angst, Ärger oder Stress dies nicht passiert. Und was man insgesamt sagen kann, ist, wenn der Körper stressausgesetzt ist, dann reduziert sich die Herzfrequenzvariabilität. Das heißt, man kann mithilfe, wenn man regelmäßig diese Daten erhebt, feststellen, ob jemand stressausgesetzt ist. Im Gegensatz zu so was wie dem Ruhepuls ist das hier eben auch eine kurzfristige Messung, die dann einem zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt auch sagen kann, ja, das war eine Stresssituation. Was zum Beispiel Stresssituationen sein können, die eben auch mit Herzfrequenzvariabilität zu tun haben, ist, hat man gerade Alkohol getrunken. Und wenn man das getrunken hat, dann sinkt auch die Herzfrequenzvariabilität. Und Menschen, die zum Beispiel alkoholkrank sind, haben auch generell eine geringere Herzfrequenzvariabilität dauerhaft als Leute, die nicht alkoholkrank sind. Aber dann eben direkt nach dem Alkoholtrinken, wenn das verarbeitet wird im Körper, dann sinkt diese eben auch. Und das führt dann zum Beispiel dazu, dass wenn ich mir jetzt auf meiner Smartwatch die Daten angucke, dass ich dann eben auch sehen kann, wann ich Alkohol getrunken habe. Das wird da jetzt nicht explizit so reingeschrieben, weil die das jetzt noch nicht unterscheiden können, wo dieser Stress herkommt. Aber sie haben einen Stressindikator, der eben zu einem nennenswerten Teil auf der Herzfrequenzvariabilität beruht. Und das wird angezeigt. Und dann gibt es durchaus mal Tage, wo ich einen ganz normalen langen Schlaf hatte, wo ich am Abend vorher aber was getrunken hatte, wo man dann sieht, ja, Handy sagt, ich hätte nicht erhobesam geschlafen, weil ich so viel Stress hatte am Anfang der Nacht, weil da Alkohol verarbeitet werden musste. Und dann spüre ich das eben am nächsten Tag durchaus auch, dass ich immer noch ein bisschen müde bin zum Beispiel. Und das funktioniert eben auch, wenn man wenig Alkohol trinkt und man nicht unbedingt nur diese klassischen Kater-Symptome hat, wenn man viel getrunken hat, sondern auch, wenn ja das nur ein oder zwei Gläser gewesen sind. Ja, man kann also sehr gut mit Hilfe von so Fitness-Trackern herausfinden, ob man Stress jeglicher Art ausgesetzt ist. Und Alkohol trinken ist Stress.
Janine: Ja, aber das heißt ja auch, dass Leute, die meine Daten angucken, das auf gewisse Arten und Weisen interpretieren können.
Helena: Ja, also was ich bei diesem Alkohol-Thema noch interessant finde, ist, man fühlt sich ja vielleicht ein bisschen weniger gestresst, wenn man ein bisschen was getrunken hat und so angetrunken ist. Das ist dann aber wirklich nur der berauschende Effekt von Alkohol. Das ist nicht das, wie das auf den Körper reagiert. Man fühlt sich dann vielleicht manchmal freier, je nachdem, wie man auf Alkohol reagiert. Das ist ja auch pro Person unterschiedlich. Aber der Körper ist eingeschränkter.
Janine: Aber ich sehe schon, das, was wir gerade so am Thema hier dran haben noch, leitet eigentlich ziemlich gut in den nächsten Abschnitten über.
Helena: Ja.
Helena: Ein Grund, weshalb ich mir zum Beispiel jetzt diese Garmin Smartwatch gekauft habe und nicht die Fitbit, obwohl die Fitbit sowas wie die Herzfrequenzvariabilität sogar einem sagt, ist, dass Fitbit zu Google gehört. Und ich denke, Google weiß schon genug über mich. Die müssen jetzt auch nicht noch meine Gesundheitsdaten kriegen. Und Garmin ist immerhin ein anderer Hersteller, eine andere Firma. Wer weiß, was die damit machen. Aber das bringt uns dann zum Thema Datenschutz und Gesundheitsdaten.
Janine: Genau. Ja, was allen Apps und Geräten ziemlich gemeinsam ist, sie erfassen die Daten. Die wollen wir auch auf eine gewisse Art und Weise haben. Aber sie zeigen nicht nur die Daten denen, die sie sich für sich selbst erfassen, sondern sie werden auch gespeichert und gegebenenfalls auch verarbeitet und weiter benutzt. Und das kann tatsächlich sehr persönliche Daten betreffen. Ich habe mir mal die Seite vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hergenommen, wo auch über verschiedene Wearables, also tragbare Elektronik, die Sensoren mit sich hat, informiert wird. Und ja, gerade in Richtung Verbraucher*innen. Einerseits gibt das BSI auch zu oder zumindest schreiben sie es so schön, der Nutzen von Wearables kann für deren Träger*in hoch sein. Denn durch die Auswertung der gesammelten Daten kann ein Activity Tracker beispielsweise Verhaltenstipps zur Verbesserung des Fitnesslevels geben. Und das Feedback, teils mit spielerischen Elementen, soll helfen, individuelle Ziele umzusetzen, wie zum Beispiel das Erreichen einer bestimmten Schrittzahl am Tag. Das hat das BSI ganz gut zusammengefasst, finde ich, und da steckt auch schon ein Stichwort drin, das uns allen wahrscheinlich schon mal irgendwie untergekommen ist, das ist die sogenannte Gamification, also das spielerische Umsetzen oder eher lästige oder unliebsame Aufgaben mit spielerischen Elementen ansprechender gestalten. Also ich kriege etwas dafür, dass ich etwas mache. Und sei das einfach nur so ein bisschen Dopamin durch, ich klicke auf bunte Sachen und kriege schönes Feedback. Und sie sagen, die Art der Daten, die verarbeitet werden, ist von der Funktion des Wearables abhängig. "Häufig handelt es sich um Daten zur Person, Gesundheitsdaten, Standortdaten oder auch Daten zum Schlafrhythmus. Mithilfe dieser Daten lässt sich unter Umständen ein gutes Profil der jeweiligen Nutzerin oder des jeweiligen Nutzers erstellen, ohne dass man dieser Person jemals begegnet sein muss." Und das ist halt der Punkt, auf den wir hier hinaus wollen. Das heißt, die Apps, über die wir hier reden, erfassen auch weit mehr als nur die Gesundheitsdaten. Denn wozu ist zum Beispiel mein Standort wichtig, wenn ich zum Beispiel einfach nur Schritte zählen will? Dafür gibt es ja den Bewegungssensor zum Beispiel.
Helena: Ja.
Janine: Also Standorte brauche ich dafür nicht. Aber auch die erfassten Gesundheitsdaten können Rückschlüsse bieten. Ich habe hier mal so ein Beispiel aus meinem eigenen Leben. Wenn sich zum Beispiel ein Mensch eine Verletzung am Fuß zuzieht, sagen wir mal, irgendjemand hat sich vielleicht Anfang des Jahres den Zeh gebrochen, dann weiß ich das natürlich, aber mein Handy weiß es auch und jeder, der auch einige Monate später nochmal in meine Daten reinguckt, kann das tatsächlich sehen. Denn ich habe herausgefunden, dass es in meinem Smartphone, wenn ich es auf Hüfthöhe trage, eine Datenerfassung stattfindet, die meinen Gang bewertet. Zum einen, wie stark wird welcher Fuß beim Gehen belastet, belaste ich sie unterschiedlich lange und so weiter und so fort. Wusste ich vorher alles gar nicht, habe ich dann mir mal angeguckt und dann so einen lustigen Ausschlag Anfang des Jahres gesehen und ich wusste genau, welche Ursache das hatte, weil ich das halt aber auch wusste. Aber auch andere Leute könnten halt zum Beispiel daraus ableiten, da war was nicht richtig und Rückschlüsse ziehen. Also, das ist jetzt halt ein sehr anekdotisches Beispiel und eine harmlose Geschichte, aber ja, wenn Daten da sind, werden eben auch Möglichkeiten geschaffen und das ist, wovor das BSI auch warnt, nämlich, "wer Zugriff auf diese Daten hat, kann diese unter Umständen auch für kriminelle Machenschaften nutzen, zum Beispiel in Verbindung mit einem Identitätsdiebstahl", weil es sind ja noch ganz andere Informationen teilweise gespeichert. Und weitere Risiken, die das BSI hier auch nennt, wenn es um Gesundheitsdaten geht, ist Doxing, also das Abgreifen und Veröffentlichen persönlicher Daten von einer einzelnen Person, meist mit der Absicht, diese irgendwie öffentlich preiszugeben, ihren Ruf zu schädigen oder irgendwie anders bloßzustellen. Aber auch Erpressung mit der Androhung, diese Daten zu veröffentlichen, nennt das BSI hier. Und deswegen ist es auch wichtig, sich das mal anzugucken, weil da sind noch ein paar Nutzungshinweise gegeben, die das BSI hier an Menschen weitergibt. Und der vermutlich wichtigste ist, ein bewusster Einsatz und bewusstes Umgehen mit den Daten und den dazugehörigen Risiken. Also, ja, sich informieren und dann eben erstmal Bescheid wissen, wie man damit überhaupt umgehen kann. Zum Beispiel, wem gebe ich Sachen überhaupt preis? Teile ich meine Daten mit der Familienteilung meines Telefons oder lasse ich meinen Partner zum Beispiel sehen, wo ich langgehe und solche Sachen, das fällt da alles mit rein. Genau, führt uns aber eigentlich auch nochmal zu der Frage, die hatten wir uns zwischendurch auch gestellt, warum machen wir das eigentlich mit diesen ganzen Daten? Ich habe ein schönes Dokument der Verbraucherzentrale gefunden, hat über 50 Seiten, wo auf viele Aspekte von Waerables eingegangen wird und auch eine Untersuchung drin gemacht wird. Das Dokument ist allerdings bereits von 2017, also schon ein paar Jahre alt. Einige Informationen da drin sind definitiv schon etwas überholt und in die Jahre gekommen und treffen nicht mehr so ganz zu, aber viele Aussagen finde ich auch heute immer noch relevant. Die sagen zu diesem "Warum" zum Beispiel, dass Wearables und Fitness-Apps in der Regel zur Zwecke der Selbstvermessung, Selbstüberwachung und Selbstoptimierung genutzt werden. Der Begriff Selbstvermessung umschreibt "Praktiken, die der Quantifizierung der eigenen körperlichen und geistigen Zustände dienen". Ja, Punkt Punkt Punkt. "Selbstvermessung betrifft also zunächst die selbstgesteuerte Motivation, einen auf die eine oder andere Art und Weise besseres und gesünderes Leben zu fühlen."
Helena: Okay, also ich mache das jetzt wirklich zur Selbstvermessung, aber erstmal ohne weitere Ziele. Also ich versuche jetzt nicht daraus irgendwie Verbesserungen abzuleiten, sondern erstmal finde ich es interessant, einfach das nachgucken zu können. Wie ging es mir vor einem Jahr?
Janine: Ja, aber du interessierst dich auch für Daten.
Helena: Ja.
Janine: Ja, aber das Thema Gesundheit ist da halt schon für viele Menschen, glaube ich, auch mit drin und deswegen wollten wir uns ja auch damit nochmal näher beschäftigen, was es vielleicht noch für Apps gibt.
Und ein Gesundheitsthema, das auch enorm wichtig für einen großen Teil der Menschen ist, ist der Menstruationszyklus und alles, was damit zusammenhängt. Da haben wir uns einmal das Thema Zyklus-Apps herangenommen. Gerade jetzt, wo es mehr Aufmerksamkeit auf Themen wie Endometriose gibt oder so, kann das Tracken des eigenen Zyklus tatsächlich sehr vielen helfen, auch eigene Beobachtungen für die eigene Gesundheit vorzunehmen. Aber ja, gerade Daten, die wie hier eben ein Reproduktionsorganen betreffen, können besonders sensibel sein. Und umso wichtiger ist da halt die Frage, wie viel sage ich eigentlich den Firmen, die diese Apps anbieten und damit vielleicht auch dem Staat, in dem ich lebe. Das ist ja nicht nur die Menstruation selbst, die dabei mit erfasst wird. Damit hängt weiterhin zusammen, wie verhüte ich, Schwangerschaften oder eben auch Abtreibungen können hier ein Thema sein, das auch in der App dargestellt wird. Denn ja, die aktuelle Zyklusphase gibt sehr großen Aufschluss darauf, was ich gerade mache oder auch nicht tue.
Helena: Ja.
Janine: Also da drin enthalten ist halt neben der aktuellen Zyklusphase, wann ein Mensch Sex hatte und ob verhütet oder unverhütet und wann fruchtbare Tage sind, kann dort ja auch dann ausgerechnet werden aufgrund der Historie der Daten. Und daraus lässt sich eben viel ablesen. Und der spannendste Artikel, den ich dazu gefunden habe, war ein Artikel von Rahel Lang, der im August 2022, also vor zwei Jahren, veröffentlicht wurde. Da geht es darum, dass ein Forschungsprojekt der Mozilla Foundation verschiedene Apps, die Zyklus, Schwangerschaft und so weiter tracken, untersucht hat. Und die Bewertungskriterien, die hier angelegt wurden, waren, ob nicht relevante Daten gesammelt werden, Nutzerdaten verkauft werden, die Kontrollmöglichkeiten über die eigenen Daten und wie lange Daten gespeichert werden. Die allermeisten Apps sind dabei eher durchgefallen oder haben einen Warnhinweis bekommen, weil sie in einigen dieser Punkte nicht unbedenklich waren. Dazu steht auf jeden Fall noch mehr im Artikel und auf der Forschungsseite des Projektes haben wir auch in den Shownotes verlinkt. Was eben vor allem kritisiert wird, ist, wenn zum Beispiel Daten erfasst werden, die gar nichts mit dem Zyklus oder der Schwangerschaft zu tun haben, darunter auch E-Mail-Adressen der Nutzer*innen, ihr Geburtsdatum, Mobilfunkanbieter, Geräte-ID, Standortdaten und auch die Information, wie oft die App überhaupt verwendet wird. Und diese nicht gesundheitsbezogenen Daten werden dann häufig mit Drittanbietern für Marketing- und Werbezwecke, darunter Google, Facebook und Twitter, geteilt. Und deswegen war die Untersuchung auch sehr wichtig, weil das überhaupt dadurch nochmal richtig öffentlich gemacht wurde und auch teilweise wirklich höchstsensible Gesundheitsdaten werden mit Dritten geteilt. Manche Apps haben das sogar in den Datenschutzbestimmungen drin gehabt, es werden hier zwei Beispiele genannt, und die haben jeweils umfangreich Daten an Werbetreibende verkauft, weil nämlich das Geschäft mit solchen Daten extrem lukrativ ist, weil schwangere oder erstmals schwangere Menschen sehr, sehr gute Neukund*innen für Babyprodukte etc. sind. Das ist Marketing. Ja, auf der einen Seite das, auf der anderen Seite, und das schreibt Rahel Lang in ihrem Artikel auch sehr deutlich, "Daten zur Menstruation und Schwangerschaft sind nicht nur wertvoll im Werbegeschäft, sie können auch auf eine Fehlgeburt oder Abtreibung hindeuten. Die Daten können in Ländern mit strengen Abtreibungsgesetzen somit als Beweislast für einen möglichen Schwangerschaftsabbruch dienen".
Helena: Ja, das ist ja ein sehr großes Thema, das Thema Schwangerschaftsabbrüche.
Janine: Genau, das ist leider kein aus der Luft gegriffenes Szenario, sondern relativ realistisch. Was heißt relativ? Es ist sehr realistisch, denn warum die Mozilla Foundation diese Untersuchung überhaupt angestrebt hatte, war, dass im Juni 2022 vor dem obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten eine Grundsatzentscheidung zum Abtreibungsrecht gekippt wurde, die erst 1973 überhaupt gefällt wurde. Dort wurde nämlich damals eigentlich geregelt, dass in den Vereinigten Staaten ein gleichbleibendes Abtreibungsrecht herrscht, und das wurde im Juni 2022 quasi wieder zurückgenommen. Seitdem ist es wieder möglich, dass US-amerikanische Bundesstaaten die Abtreibungsgesetze selbst regeln können. Und bereits kurz danach wurden weitreichende Verbote in verschiedenen Staaten in Kraft gesetzt und seitdem folgen viele weitere Einschränkungen. Und genau dieser Vorgang war laut Mozilla eben der Auslöser für diese Untersuchung der Apps. Und ja, das ist ja nicht nur der einzige Fall auf der Welt, wo es gerade darum geht, inwiefern Frauen selbstbestimmt mit ihrem Körper umgehen können.
Helena: Ja. In den USA muss man dann auch bedenken, dass es einige Staaten gibt, wo es Initiativen gibt, dafür zu sorgen, auch zu verbieten, dass man in einen anderen Bundesstaat fahren darf, um diesen Eingriff vorzunehmen. Das heißt, auch wenn das in anderen Bundesstaaten immer noch kein Problem ist und legal, soll das auch verboten werden, dafür woanders hinzureisen. Und spätestens dann werden diese Daten sehr interessant werden für die rechten Gruppen, die das insbesondere dann verfolgen wollen.
Janine: Genau, und das betrifft auch andere Länder dieser Welt, wo andere oder verschärfte Abtreibungsgesetze in Kraft treten, die oft eben auch entgegen der Selbstbestimmung und auch entgegen der Gesundheit von schwangeren Personen stehen.
Helena: Ja.
Janine: Aber es hat ja nun mal auch Vorteile, sich mit dem eigenen Zyklus auseinanderzusetzen. Und deswegen führt Netzpolitik zum Beispiel im Artikel auch Positivbeispiele solcher Apps an, die eben weniger Daten sammeln und damit – nun, ein Staat kann eine Firma nicht zwingen, Daten herauszugeben, die nicht existieren.
Helena: Ja, genau. Also, wenn die nur auf dem Telefon gespeichert sind, ist das schon mal vorteilhaft.
Janine: Ja, und die Kontrolle darüber, wann und wie ich sie selbst lösche, vorhanden sein kann, so.
Helena: Ja.
Janine: Das ist auf jeden Fall ein sehr wichtiges Thema, was eben mit solchen Daten zusammenhängt. Das mit den Zyklus-Apps war jetzt herausgegriffen, aber das kann ja auch vieles anderes betreffen, wenn wir jetzt noch mal an die Herzfrequenzvariabilität zurückdenken und den Alkoholkonsum. Auch da könnten Stigmata entstehen gegenüber Menschen zum Beispiel, wenn solche Daten eine Rolle spielen. Und wo solche Daten nämlich auch noch eine Rolle spielen, sind bei Krankenkassen oder auch Arbeitgeber*innen.
Helena: Was machen denn die Krankenkassen mit diesen Daten?
Janine: Krankenkassen können zum Beispiel Bonusprogramme anbieten für selbst erzeugte Gesundheitsdaten. Das ist tatsächlich gemacht worden oder wird gemacht und wird auch immer häufiger gemacht. Ich habe auch hier aus dem PDF der Verbraucherzentrale ein paar Informationen rausgesucht. Dort steht zum Beispiel erstmal die Feststellung auch drin, dass nicht abschließend geklärt ist, inwieweit Wearables und Fitness-Apps Menschen tatsächlich zu einem gesünderen Lebensstil motivieren. Aber sie werden als solche Instrumente vermarktet, um zu mehr Bewegung zu animieren und einen insgesamt gesünderen Lebensstil über äußere Anreize zu motivieren. Und warum wird das so eifrig vermarktet? Dafür interessieren sich halt die Krankenkassen oder auch Arbeitgeber*innen, was so die Stichworte Krankheitsfälle und Produktivität angeht. Nun ist es aber so, dass auch die gesetzlichen Krankenkassen sich eben von privaten Dienstleistern ja so unterscheiden, dass sie einem Solidarprinzip folgen sollen, sofern ich das alles verstanden habe. Manchmal fühlt sich das nicht so an.
Helena: Ja.
Janine: Und deswegen zeigen sie Interesse an so einem Geschäftsmodell. Aber die gesetzlichen Regelungen verbieten ihnen eigentlich erstmal personenbezogene Daten ihrer Mitglieder zu erheben, die nicht für die Vertragserfüllung relevant sind. Und deswegen ist es auch nicht möglich, eigentlich den Versicherungstarif auf Basis zum Beispiel von der Nutzung von Wearables und Fitness-Apps anzupassen.
Helena: Mhm.
Janine: Das ist prinzipiell nicht möglich.
Helena: Aber was ist denn dann möglich? Die machen das ja offensichtlich.
Janine: Ja.
Helena: Irgendwie.
Janine: Sie machen das jetzt so. Also, wie gesagt, das Dokument ist von 2017. Und die führen das Beispiel an, dass die AOK Nordost seit Januar 2016 eine eigene kostenlose Fitness-App anbietet, die sozusagen ein digitales Bonusheft sein soll. Und gegen Vorlage guter Aktivitätsdaten können die Versicherungskunden dann eben auf Bargeld oder Sachprämien zurückgreifen. Das heißt, je mehr meiner Daten ich Preis gebe, desto mehr kann ich vielleicht Geld bekommen oder Sachprämien kriegen.
Helena: Ist das dann abhängig davon, ob man auch gesund lebt oder kriegt man die immer, wenn man die Daten zur Verfügung stellt?
Janine: Ja, also das weiß ich in dem Punkt nicht exakt. In dem Dokument wird auch noch angegeben, dass die Technikerkrankenkasse das auch vor hatte zu dem Zeitpunkt. Es ist inzwischen umgesetzt. Es gibt die App TK Fit und die machen das halt auch. Und so wie ich das verstanden habe, auf deren Webseite, wo sie das Vorgehen beschreiben, ist es, sofern die Daten da sind und du bewiesen hast, dass du, keine Ahnung, so und so viel Schritt in dem und dem Zeitraum gegangen bist, dann kannst du das einreichen und kannst es für dieses Bonuszeug nutzbar machen.
Helena: Achso.
Janine: Aber auch immer nur für ein Jahr. Es gibt einen Zeitraum. Danach verfallen die Punkte.
Helena: Okay, interessant.
Janine: Was der Verbraucherschutz daran vor allem kritisiert ist, dass dabei so ein bisschen die Freiwilligkeit der Entscheidung verloren geht. Weil ich glaube, was du gerade angesprochen hast, ist auch so ein bisschen die Kritik, ja zeige ich denn eigentlich wirklich, dass ich gesünder lebe? Es ist halt das Problem, dass solche Rabatte und Prämien wirtschaftlichen Druck auf Verbraucher ausüben, ist die Formulierung. Also, dass quasi nur Handlungsfreiheit, ja, ich mache das halt, weil es ja nett als zusätzliches Ding, nur von solchen Verbraucher*innen wirklich gemacht werden kann, die sich das auch finanziell leisten können, auf in Aussicht gestellte Vergünstigungen zu verzichten. Wohingegen zum Beispiel, Zitat, "gesundheitlich beeinträchtigte Menschen nicht von Bonusprogrammen profitieren können". Und das wiederum sei eine indirekte Form gruppenspezifischer Diskriminierung.
Helena: Ja, ich meine, wenn man jetzt sagt, immer wenn ihr eure Daten zur Verfügung gebt, dann kriegt ihr den Bonus, unabhängig davon, ob ihr euch jetzt gesund verhält oder nicht, dann wäre das ja eben keine solche Diskriminierung, weil man kann auch als Person, die schon bestimmte Krankheiten hat, die bestimmtes Verhalten einfach unmöglich machen, wie viele Schritte sammeln,...
Janine: Ja.
Helena: ... trotzdem davon profitieren. Aber so ist es ja jetzt irgendwie, ja, keine Ahnung.
Janine: Ja, der Verbraucherschutz warnt hier definitiv vor einer Aufweichung des Solidarprinzips, weil manche Menschen eben einfach diese ausgeweiteten Sachen vielleicht gar nicht erreichen können und dadurch durch dieses System halt trotzdem benachteiligt werden, obwohl es als zusätzlicher Gewinn verkauft wird. Aber den muss man halt irgendwie kriegen können.
Helena: Ja, und ich meine, im Prinzip wäre es für Krankenkassen ja theoretisch sogar auch interessant, die Daten einfach auch von Leuten, die jetzt nicht diese Ziele erreichen, zu bekommen, weil man auf diese Weise vielleicht ja durch Auswertung der Daten herausfinden kann, welche Maßnahmen als Krankenkasse denn besonders gut helfen, um allen Menschen zur Verfügung zu stehen und besser zu werden.
Janine: Ja.
Helena: Also man kann ja auch verschiedene Gesundheitskurse bezahlt bekommen von Krankenkassen zusätzlich, selbst wenn man nicht krank ist, sondern einfach, um fit zu bleiben zum Beispiel. Und um die Effektivität von so was zum Beispiel zu ermitteln, könnte man ja so was auch irgendwie, solche Daten nutzen zum Beispiel. Und dann wären ja auch die Daten von den Leuten interessant, die nicht diese Ziele erreichen, die jetzt daran geknüpft sind. Also deswegen denke ich, ist das irgendwie wirklich ein bisschen, ja, weicht das Solidarprinzip aus, obwohl man ja eigentlich auch für die allgemeine Bevölkerung andere Ziele verfolgen könnte mit solchen Daten.
Janine: Das Ding ist halt auch die Art und Weise, oder was du da bekommen kannst. In der Liste, die ich mir gestern angeguckt habe, waren zum Beispiel drin, also wir reden hier ja meistens dann wahrscheinlich von gesetzlich versicherten Personen, zusätzliche Leistungen bei der Begleitung der Schwangerschaft durch die Hebammen zum Beispiel. Also Leistungen, die eigentlich für alle Menschen auch total sinnvoll sein können, wenn es anliegt oder wenn es verfügbar wäre. Aber die kriegst du halt nur, wenn du das Bonusprogramm nachweisen kannst. Also ja,... es ist...
Helena: Ja.
Janine: ... es ist ein bisschen schwierig, weil da halt auch medizinische Behandlungen mit drin sind. Aber auch so was wie, wenn du nachweisen kannst, dass du regelmäßig ins Fitnessstudio gehst, dann könnte so eine Prämie auch sein, du kriegst das Fitnessstudio bezahlt. Aber dazu brauchst du Zeit und Zeit ist relativ kostbar und manche Menschen haben einfach aus finanziellen Gründen auch gar nicht so viel Zeit.
Helena: Ja.
Janine: Und gleichzeitig sind das halt Erleichterungen, die wieder einen finanziellen Spielraum schaffen, dass du andere Sachen wie gesündere Ernährung oder so etwas umsetzen könntest.
Helena: Ja.
Janine: Also ja, ich kann die Kritik des Verbraucherschutzes hier irgendwo total nachvollziehen. Es ist halt immer ein zweischneidiges Schwert in dem Sinne. Und Ähnliches sieht der Verbraucherschutz auch beim Einsatz im Beruf. Also es gibt tatsächlich, vor allem in Amerika habe ich das Beispiel aus der Broschüre da herausgenommen, Anbieter, die halt sagen, ja, wir haben hier eine Gesundheits-App, die kann beispielsweise auch so ein bisschen Gefühls-Tracking. Wir haben ja gelernt, die Herzfrequenz-Variabilität könnte ja auch auf Gefühle und Stress hinweisen.
Helena: Ja.
Janine: Das heißt, die treten auch an Arbeitgeber*innen heran und bieten für das Unternehmen die Gesundheitsdatenüberwachung der Arbeitnehmer*innen an. Und hier sieht eben der Verbraucherschutz auch die Gefahr, dass ein Machtgefälle entsteht, weil wie frei ist meine Entscheidung als Arbeitnehmerin, mich für so ein zusätzliches Programm zu entscheiden, wenn ich Angst haben muss, dass mein Arbeitgeber das vielleicht doof findet, dass ich mich dagegen entscheide und diese Daten nicht bereitstellen möchte.
Helena: Ja, ich meine, es gibt natürlich Berufe, wo manche dieser Daten absolut notwendig sind, aber da sind ja teilweise eh schon gesetzlich vorgeschrieben. Also man kann jetzt nicht Pilot werden, wenn man nicht bestimmte gesundheitliche Checks besteht.
Janine: Genau.
Helena: Oder auch irgendwie bestimmte Kraftfahrzeuge darf man nicht führen, wenn man nicht eine bestimmte Sehstärke hat zum Beispiel. Das ergibt ja auch Sinn in manchen Fällen, aber jetzt so ganz generell für alles, ja, ist das doch...
Janine: Ja, vor allem, wenn halt so Punkte drin stehen wie, ja, Gefühlsscreenings, wie geht es meinem Arbeitnehmer gerade, ist der gestresst oder nicht? Und wenn er gestresst ist, ist er dann produktiver oder nicht?
Helena: Ja, vor allen Dingen am Ende belohnen dann Arbeitgeber auch noch die Leute, die besonders hohe Stressscores haben, weil die eindeutig mehr machen oder wichtigere Sachen machen.
Janine: Oder vermeintlich.
Helena: Das könnte ich mir gut vorstellen,...
Janine: Ja.
Helena: ... dass die dann auch noch entgegen der Gesundheit arbeiten. Weil Stress heißt ja, man hat viel zu tun. Dann ist man bestimmt auch produktiv.
Janine: Genau. Das war jetzt mein Part zu dieser Thematik, wo es mehr um die Sachen des Datenschutzes ging oder beziehungsweise, was auch in der Konsequenz so ein bisschen gesellschaftlich betrachtet damit passieren kann, wenn wir solche Daten erheben und wie wir sie benutzen könnten und wo da auch so ein bisschen die Problematik mit ist.
Helena: Ja, gut. Kommen wir zum Fazit?
Janine: Kommen wir zum Fazit.
Helena: Gut, also mein Fazit dieser Folge ist, man kann mit solchen Fitness-Trackern durchaus Informationen ermitteln, die man jetzt nicht unbedingt erwartet hätte. Man kann zum Beispiel feststellen, ist jemand depressiv? Hat die Person Atemaussetzer im Schlaf? Ist die Person gestresst? Manchmal sind Daten ja erwünscht, aber manche von diesen Daten sind vielleicht auch nicht so erwünscht. Oder man sollte zumindest wissen, dass damit eine ganze Menge erkennbar ist. Und nicht nur das, von dem man ursprünglich ausgegangen ist, dass man das damit messen kann.
Janine: Genau, und unabhängig von den Datenmessungen ist mein Bereich des Fazits dann auch, es können eben auch Interpretationen erfolgen durch Dritte, die dafür benutzt werden, was für Werbung uns angezeigt wird, ob wir vielleicht in einem Staat leben, wo mein Verhalten gegebenenfalls strafrechtsrelevant ist oder nicht und wie das alles gespeichert wird bei den Firmen. Welche Kontrolle habe ich über meine Daten? Das ist eigentlich, glaube ich, die wichtigste Frage an dieser Stelle. Und eben das Wissen, es gibt auch Apps, die für einzelne Anwendungen die Sachen besser umsetzen, datenschutzfreundlicher. Und die müssen einfach nur irgendwie gefunden werden, aber dafür muss sich einfach erstmal bewusst gemacht werden, was überhaupt alles daraus auslesbar ist. Und ja, das ist so mein Punkt auf jeden Fall. Und ich hoffe, ihr fandet das genauso spannend, wie ich, als ich dazu recherchiert habe.
Helena: Ja, in der nächsten Folge, die im Oktober erscheint, wollen wir uns mal einem großen aktuellen Thema widmen, was wir bisher noch nicht so intensiv angegangen sind. Aber jetzt ist, glaube ich, die Zeit endlich gekommen. Wir wollen über Chat-GPT reden. Also zum einen ist die Frage, was heißt jetzt eigentlich Chat-GPT? Was ist ein Transformer-Modell? Was heißt pre-trained? Also wie funktioniert das technisch, aber gleichzeitig auch, wie wird es genutzt? Was hat man jetzt in den zwei Jahren, die es das jetzt fast gibt, eigentlich gelernt darüber, wie man das benutzt, wie man es nicht benutzt, wo es nicht so hilfreich ist, wo es hilfreich ist. Aber auch Themen wie Datenschutz und so sollen auch hier mal wieder eine Rolle spielen.
Janine: Genau. Und wenn ihr das nicht verpassen wollt oder unsere vorangegangenen Folgen auch nochmal hören möchtet, dann folgt uns doch gerne auf mastodon unter @datenleben@podcasts.social. Da informieren wir immer ein bisschen, was jetzt gerade erschienen ist oder demnächst vielleicht auch erscheint. Oder guckt auf unserer Webseite vorbei, www.datenleben.de. Da findet ihr auch alle Folgen und könnt uns dort auch gerne Feedback hinterlassen oder eben auch per Mail, falls ihr Mails schreibt. Und ja, wir freuen uns nämlich immer über Kommentare zu unseren Folgen oder auch über Themenvorschläge. Und falls euch unsere Arbeits- und Denkweise gefällt, könnt ihr uns auch buchen als Data Scientist für Analysen oder Projekte.
Helena: Und dann bleiben wir nur noch für eure Aufmerksamkeit zu danken und bis zum nächsten Mal. Ciao!
Janine: Tschüss!