Sprache ist der Kitt, der uns Menschen zusammenhÀlt. Doch was, wenn Sprache nicht nur zusammen bringt, sondern auch auseinander? Kommunikation ist manchmal ein richtiger Kraftakt. Doch warum kommt es so oft zu MissverstÀndnissen? Und warum verstehen wir uns so oft "falsch"? Genau diese Fragen wollen wir im heutigen Beitrag beantworten.
Wie wir miteinander reden, sagt wie wir zueinander stehen. Stellen wir uns folgende Situation vor. Ein PĂ€rchen steht mit dem Auto an einer Ampel. Die Frau sitzt am Steuer und der Mann sagt: âDu, die Ampel ist grĂŒn!â Da antwortet die Frau: âFĂ€hrst du oder fahre ich?â Was ist hier schiefgelaufen?
Dazu hat der deutsche Kommunikationspsychologe Friedemann Schulz von Thun das sogenannte
âVier-Ohren-Modellâ
entwickelt. FĂŒr ihn besteht eine Kommunikationssituation immer aus drei Teilen: einer Senderin oder einem Sender, einer Nachricht, und einem EmpfĂ€nger oder einer EmpfĂ€ngerin. Anders formuliert: Eine ĂuĂerung kann auf vier verschiedenen Ebenen interpretiert werden.Â
FĂŒr dieses vierseitige Modell kombiniert Schulz von Thun zwei andere bekannte kommunikationspsychologische Modelle. Zum einen bezieht er sich auf die Annahme des Wiener Psychologen Paul Watzlawick, der davon ausgeht, dass das, was wir sagen, neben einem Inhaltsaspekt immer auch einen Beziehungsaspekt hat. Zum anderen bezieht er sich auf den Sprachtheoretiker Karl BĂŒhler. Dieser hatte sprachlichen Zeichen bereits in den 1930 Jahren drei unterschiedliche Funktionen zugeschrieben. Auch er ging davon aus, dass ein sprachliches Zeichen immer in Beziehung zum Sender, zur EmpfĂ€ngerin und zu den GegenstĂ€nden und Sachverhalten steht. Dabei hat das Zeichen eine
Ausdrucksfunktion, eine
Appellfunktion und eine
Darstellungsfunktion.
Diese beiden Sichtweisen auf sprachliche Kommunikation verknĂŒpft Schulz von Thun nun in einem gemeinsamen
Modell, mit Ohren und SchnĂ€beln. Jede ĂuĂerung enthĂ€lt vier Botschaften:
- Auf der Sachebene vermittelt der Sender Sachinformationen. Ăber die Farbe der Ampel zum Beispiel.Â
- Auf der Appellebene kommuniziert er, was er bei der EmpfÀngerin erreichen möchte. Er formuliert einen impliziten Wunsch, eine Handlungsanweisung. Dass sie losfÀhrt zum Beispiel.
- Auf der Ebene der Selbstoffenbarung gibt der Sender etwas von sich preis. Zum Beispiel dass er es eilig hat, weil er ein wichtiges Meeting hat.
- Auf der Beziehungsebene schlieĂlich bringt er zum Ausdruck, wie er zur EmpfĂ€ngerin steht. Vor allem dieserAspekt wir hĂ€ufig durch Tonfall, Mimik und Gestik vermittelt. Gut möglich, dass an der Ampel genau hier das Problem lag. Denn das, was ein Sender in eine Botschaft hineinsteckt, ist oft nicht das, was eine EmpfĂ€ngerin aus ihr heraushört.
Genauso wie der Sender mit jeder Nachricht auf allen vier Ebenen gleichzeitig kommuniziert, nimmt die EmpfÀngerin auch jede Nachricht gleichzeitig mit all ihren vier Ohren auf.
NatĂŒrlich ist das Ampel-Beispiel etwas ĂŒberspitzt dargestellt. Doch es verdeutlicht, wodurch Störungen und Konflikte in der Kommunikation zustande kommen. NĂ€mlich wenn Sender und EmpfĂ€ngerin diese vier Ebenen unterschiedlich deuten und gewichten.
So ist es durchaus denkbar, dass er mit seinem âEs ist grĂŒn.â das Gewicht auf die Appellebene gelegt hat. Mit ihrer Antwort zeigt die Fahrerin allerdings, dass sie seinen Einwurf als Bevormundung auffasst. Ein klassischer Fall von
Mansplaining wĂŒrden wir heute wohl sagen. âFĂ€hrst du oder fahre ich?â
âReineâ Sachinformation gibt es in der Kommunikation nicht. Wir können nicht nur auf der Sachebene kommunizieren und die anderen Ebenen ausblenden. Weder auf der Senderseite noch auf der EmpfĂ€ngerinnenseite. Appell, Selbstoffenbarung und Beziehung schwingen immer mit.
Sprechen an sich ist immer eine gesellschaftliche Handlung. Und handeln hieĂt hier eben informieren, appellieren, offenbaren und Beziehungen pflegen. Das kann anstrengend sein. Es kann also nicht schaden, anderen gut zuzuhören, und sich immer vor Ohren zu fĂŒhren, dass miteinander reden immer auch bedeutet miteinander zu leben. Und das ist eben nie einfach.
Quelle:
Das Kommunikationsquadrat (Schulz v. Thun Institut)
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Die Musik im Intro dieser Staffel stammt von
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