Schädling oder Nützling? Geht es um Insekten und Landwirtschaft, geht es heutzutage schnell um Existenzen. Ernteverluste durch Schadinsekten hier, Artensterben und Biodiversitätsverlust da. Zwar gehört die Bekämpfung von Schädlingen zur Landwirtschaft dazu. Doch die Effizienz der Schädlingsbekämpfung trifft auch die große Gruppe der Nützlinge. Können Landwirtschaft und Biodiversität noch gemeinsam funktionieren?
Wissenschaftliche Belege zum Rückgang der Artenvielfalt in Agrarlandschaften gibt es schon lange. Doch erst eine Veröffentlichung von Daten des Entomologischen Vereins Krefeld im Jahr 2017 hat dazu geführt, dass ein Bewusstsein für die alarmierende Situation in Politik und Gesellschaft entstanden ist. Seither werden wissenschaftsbasierte Lösungen gesucht, um dem Insektensterben Einhalt zu gebieten. Unter Federführung des Thünen-Instituts für Biodiversität wird unter anderem im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums das bundesweite Monitoring der biologischen Vielfalt in Agrarlandschaften (MonViA) aufgebaut. Bisher gab es nur Einzeluntersuchungen, aus denen sich jedoch Entwicklungen nur bedingt ablesen lassen.
Zudem etablieren die Forschenden ein bundesweites Monitoring von Wildbienen in Agrarlandschaften. Bestäuber wie Bienen und Hummeln gehören zu den bekanntesten und wichtigsten Insekten, schließlich werden weltweit zwei Drittel der Kulturpflanzen – vor allem Obst und Gemüse – von solchen Insekten bestäubt. Sie sind ein wichtiger Faktor für die Menge des Erntegutes, aber auch für die Qualität der erzeugten Produkte. Doch die Vielfalt der Insekten in Agrarlandschaften ist erheblich größer und jede Art spielt eine wesentliche Rolle im Gefüge der Natur. So gibt es zu jedem Schädling auch einen Nützling: Spinnen und räuberische Insekten halten die Schädlinge in Schach, Bodenlebewesen sichern die Bodenfruchtbarkeit. Doch gerade diese Gruppen sind viel stärker abhängig von der Art und Weise, wie Landschaft gestaltet und Landwirtschaft betrieben wird. Blühstreifen, Agroforstsysteme, Hecken, Streuobstwiesen und extensive Grünlandflächen sind deshalb nicht nur schön anzusehen, sondern wesentlich für den Fortbestand der Artenvielfalt in Agrarlandschaften.
In dieser Folge sprechen die Rostocker Professorin Bärbel Gerowitt, Expertin unter anderem für natürlichen Pflanzenschutz, und Professor Jens Dauber, Leiter des Thünen-Instituts für Biodiversität, über Nützlinge und Schädlinge und warum diese menschengemachten Kategorien nicht immer hilfreich sind. Es geht um Lebensräume, Landschaftsgestaltung und die Ökosystemleistungen der Insekten. Und natürlich um die Frage, warum Agrarlandschaften nicht per se lebensfeindliche Räume für Insekten sind und wie diese in die landwirtschaftliche Produktion eingebunden werden können.
Weitere Informationen: www.thuenen.de/podcast/10-strategische-Partnerschaft-auf-dem-Acker/