radioWissen - Bayern 2   /     Mohammed - Prophet und Gründer des Islam

Description

Mohammed ist für die Muslime der letzte und wichtigste Prophet. Der Erzengel Gabriel erschien ihm im Alter von etwa 40 Jahren und offenbarte ihm die Suren des Koran. Autorin: Claudia Steiner

Subtitle
Duration
00:24:45
Publishing date
2023-11-14 03:00
Link
https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/mohammed-prophet-und-gruender-des-islam/2076674
Contributors
  Claudia Steiner
author  
Enclosures
https://media.neuland.br.de/file/2076674/c/feed/mohammed-prophet-und-gruender-des-islam.mp3
audio/mpeg

Shownotes

Mohammed ist für die Muslime der letzte und wichtigste Prophet. Der Erzengel Gabriel erschien ihm im Alter von etwa 40 Jahren und offenbarte ihm die Suren des Koran. Autorin: Claudia Steiner

Credits
Autor/in dieser Folge: Claudia Steiner
Regie: Kirsten Böttcher
Es sprachen: Hemma Michel, Christian Baumann
Technik: Roland Böhm
Redaktion: Bernhard Kastner

Im Interview:
Philipp Bruckmayr, Professor für Islamwissenschaft an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg;
Tuba Işık, Professorin für Islamische Religionspädagogik und Praktische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität;
Mira Sievers, Juniorprofessorin für Islamische Glaubensgrundlagen, Philosophie und Ethik an der Berliner Humboldt-Universität.

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Literaturtipps:

Tilman Nagel, Mohammed – Leben und Legende, Oldenburg Verlag. 

Tuba Işık, Die Bedeutung des Gesandten Muhammad für den Islamischen Religionsunterricht. Systematische und historische Reflexionen in religionspädagogischer Absicht, Verlag Ferdinand Schöningh 

Der Koran, Übersetzung von Rudi Paret, Kohlhammer. 

Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.

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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:

MUSIK 1: Diversion – CD682530007 – 1:12 Min 

ZITATOR 

Im Namen des barmherzigen und gnädigen Gottes. 

Trag vor im Namen deines Herrn, der erschaffen hat, 

den Menschen aus einem Embryo erschaffen hat!

Trag Worte der Schrift vor! 

Dein höchst edelmütiger Herr ist es ja,

der den Gebrauch des Schreibrohrs gelehrt hat,

den Menschen gelehrt hat, 

was er zuvor nicht wusste.“ 

SPRECHERIN

Koran, Sure 96, Vers 1 bis 5. Der Überlieferung nach erschien Mohammed etwa im Alter von 40 Jahren in einer Höhle auf dem Berg Hira der Erzengel Gabriel. Der Engel ergriff ihn. Er befahl Mohammed, der Analphabet war, zu lesen und die Offenbarung vorzutragen. Noch heute gedenken Muslime in der 27. Nacht des Fastenmonats Ramadan dieser ersten Offenbarung – im Arabischen heißt sie Lailat al Qadr, ‚Nacht der Bestimmung‘ oder ‚Nacht des Schicksals‘.  (Musik aus)

SPRECHERIN

Mohammed, der sich zur Meditation in die Einsamkeit der Berge in der Nähe der arabischen Stadt Mekka zurückgezogen hatte, war von der Begegnung mit dem Erzengel zutiefst verstört, sagt Tuba Işık. Sie ist Professorin für Islamische Religionspädagogik und Praktische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität: 

O-TON 1 (Isik, 5.35) 

Und zunächst einmal ist er so überwältigt von dieser Begegnung, dass er von diesem Berg dann sozusagen runterrennt und zunächst einmal zu seiner Frau sich begibt. Und er sagt, also so wird es auch dann in den späteren Offenbarungen sogar noch einmal beschrieben: Umhülle mich. Er zittert am ganzen Körper, so eine Reaktion, wenn man Angst hat auch, zu zittern, zu frieren. Und im Anschluss daran gehen Chadidscha und Mohammed gemeinsam zu dem christlichen Vetter von Chadidscha, der ihm mehr oder weniger eigentlich diese Erfahrung dann deutet. Und er deutet sie so, dass er sagt: Du bist ein Auserwählter Gottes, du bist ein Prophet.

SPRECHERIN

Im Islam wird auch Jesus als Prophet angesehen – aber es gibt einen wesentlichen Unterschied zur christlichen Sicht, sagt Mira Sievers, Juniorprofessorin für Islamische Glaubensgrundlagen, Philosophie und Ethik an der Berliner Humboldt-Universität:

O-TON 2 (Sievers, 13.27) 

Der Prophet hat sich selbst verstanden als ein Prophet, so wie auch die biblischen Propheten bereits Propheten waren: Also es ist der gleiche Ursprung, aber es ist natürlich eine eigenständige Offenbarung, eine eigenständige Verkündigung. Und es geht durchaus auch einher mit verschiedenen kritischen Auseinandersetzungen mit früheren Perspektiven, also zum Beispiel mit der Vorstellung, dass Jesus der Sohn Gottes ist. Das ist etwas, das im Korantext selbst abgelehnt wird und wo wir sagen können, das hat der Prophet sicherlich selbst auch abgelehnt. Und er hat niemals beansprucht, selbst Sohn Gottes zu sein.

SPRECHERIN

In Sure 18, Vers 110 heißt es: 

ZITATOR

Sag: Ich bin nur ein Mensch wie ihr, einer dem als Offenbarung eingegeben wird, dass euer Gott ein einziger Gott ist. Wer nun damit rechnet, am Tag des Gerichts seinem Herrn zu begegnen, soll rechtschaffen handeln und, wenn er seinen Herrn verehrt, ihm niemand beigesellen. 

SPRECHERIN

Diese Stellung Mohammeds wird auch später immer wieder betont. Der Islamwissenschaftler Philipp Bruckmayr lehrt an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg:  

O-TON 3 (Bruckmayr, 21.15) 

Auch in einem überlieferten historischen Dokument aus einer Lebenszeit, der sogenannten Gemeindeordnung von Medina (…) bezeichnet er sich eben als Rasul Allah, also der Gesandte Allahs. Und das stellt ja auch sozusagen der koreanische Text dann später klar, dass er eben auch der letzte seiner Art ist, also das sogenannte Siegel der Propheten, dass er sozusagen diesen Zyklus der göttlichen Offenbarungen eigentlich beendet. Und eben nach muslimischer Auffassung die letztgültige, und fortan ewig gültige Botschaft bringt. 

SPRECHERIN 

Als Mohammed um 570 als Kind einer arabischen Großfamilie in Mekka geboren wurde, war er bereits Halbwaise. Sein Vater starb vor seiner Geburt. Er wurde – wie damals üblich - von einer Amme aufgezogen. Der Überlieferung nach gab es schon früh Hinweise für Mohammeds spätere Rolle als Prophet und Gründer des Islam. Seine Reinheit und Fehlerlosigkeit sind in der traditionellen Betrachtung Mohammeds sehr wichtig. Die Berliner Theologin Tuba Işık: 

O-TON 4 (Isik, 12.10) 

Es gibt zum Beispiel eine Überlieferung, in der gesagt wird, als der Propheten bei seiner Milchmutter lebte, kamen zwei Engel in Menschengestalt, haben seine Brust geöffnet und sein Herz gewaschen. Das ist eine sehr wichtige Überlieferung für später sozusagen, um eine ganz bestimmte Doktrin auch nochmal zu bestärken, nämlich die Doktrin der Unnachahmlichkeit des Koran. Das bedeutet, dass der Koran sozusagen nicht Menschenwort, also nicht Worte des Propheten sind, sondern göttlicher Natur sind.

SPRECHERIN

Etwa im Alter von sechs Jahren, möglicherweise auch etwas später, verlor Mohammed auch seine Mutter Amina. Danach wuchs er bei seinem Großvater, später bei seinem Onkel auf. Seine Familie gehörte zum Stamm der Kuraisch, die zur Sippe der Haschemiten gehörte. Es war eine Handelsfamilie und so begleitete Mohammed, der als Kind Ziegen hütete, schon als Jugendlicher Karawanen. Bei einer der Reisen soll ein christlicher Mönch in Syrien ihm seine prophetische Berufung vorausgesagt haben. Als junger Mann war Mohammed dann Karawanenführer. Tuba Işık: 

O-TON 5 (Isik, 3.10) 

Er hat sich tatsächlich auch ausgezeichnet in diesem Beruf des Handelsmanns, weil er sehr aufrichtig war und auch erfolgreich war. Also, das hat ihn sozusagen auch noch einmal eine ganz eigene Stellung innerhalb der Mekkaner verliehen. Er war eben der El Amin, der Vertrauenswürdige – also dadurch, dass er sehr aufrichtig und sehr ehrlich war und ein guter Handelsmann. 

SPRECHERIN

Seine spätere Frau Chadidscha, eine wohlhabende Witwe, wurde auf den talentierten Karawanenführer aufmerksam. 

Die etwa 15 Jahre ältere Geschäftsfrau heiratete Mohammed als dieser etwa 25 Jahre alt war. Es soll eine glückliche Ehe gewesen sein. Bis zu ihrem Tod war sie seine einzige Frau. Das Paar bekam vier Mädchen und drei Jungen, die Buben starben allerdings früh. Chadidscha war der Überlieferung zufolge eine starke Frau. Während der ersten Offenbarungen war Mohammed verzagt und verängstigt – er soll sogar Selbstmordgedanken gehegt haben. Seine Frau aber tröstete und bestärkte ihn. Sie bekannte sich als eine der ersten zum Islam. Nach etwa drei Jahren begann Mohammed öffentlich zu predigen, auch dabei unterstützte ihn seine Frau. Mira Sievers: 

O-TON 6 (Sievers, 5.14) 

Und die Quellen sagen uns, dass diese Frau für ihn eine extrem wichtige Stütze war, also sowohl bei der Einordnung der Erfahrungen mit der Offenbarung als auch ansonsten beim Umgang mit der Opposition gegen seine Predigt in Mekka. 

ATMO von einem arabischen Markt  

SPRECHERIN

Denn die wohlhabenden Kaufleute aus Mekka waren alles andere als begeistert von Mohammeds Predigten. Mekka war damals ein geschäftiger Ort und ein wichtiges Handelszentrum. Die Stadt war der Knotenpunkt von Karawanenstraßen, die den Süden Arabiens mit Syrien und Mesopotamien verbanden. Über Mekka lief zum Beispiel das Geschäft mit jemenitischem Weihrauch und chinesischer Seide. Es gab Jahrmärkte und Messen. Geldgier, Wucher und hohe Zinsen waren üblich – Praktiken, gegen die sich Mohammed aussprach. In Sure 2, Vers 278 heißt es: 

ATMO Markt weiter + Musik: „Diversion“ – siehe vorn – 16 Sek

ZITATOR 

Ihr Gläubigen! Fürchtet Gott! Und lasst künftig das Zinsnehmen bleiben, wenn ihr gläubig seid!

SPRECHERIN

Der Islamwissenschaftler Philipp Bruckmayr: 

O-TON 7 (Bruckmayr, 6.17) 

Seine Predigt stößt (…) eben auch auf Opposition in der Stadt Mekka. Und dadurch beginnt eben auch hier sehr früh eben eine Phase der Gegnerschaft in seiner Heimatstadt Mekka, ihm gegenüber und seinen Anhängern gegenüber und eben auch eine Phase der Verfolgung und Unterdrückung.

SPRECHERIN

Denn Mohammed sprach sich nicht nur gegen Geldgier und Wucher aus, er predigte auch, dass es nur einen Gott gebe. In Mekka gab es damals jüdische und christliche Gemeinden, aber auch Menschen, die an viele Götter glaubten. Sie pilgerten zu verschiedenen Wallfahrtsstätten und beteten Götzen an. Philipp Bruckmayr: 

O-TON 8 (Bruckmayr, 12.58) 

Da koexistieren mehrere religiöse Traditionen nebeneinander auf der Arabischen Halbinsel. Einerseits das, was man als das altarabische Heidentum bezeichnen könnte mit verschiedenen Gottheiten, die oft auch sozusagen als Standbilder im Sinne einer Götzenverehrung verehrt werden. Das schließt die Idee eines Hauptgottes nicht aus, aber es ist generell ein polytheistisches System. Eines der ganz wichtigen Zentren des altarabischen Heidentums ist eben die Stadt Mekka mit der Kaaba, also diesem kubusförmigen Gebäude, in dem in vorislamischer Zeit laut Überlieferungen ein Standbild des Gottes Hubal sich befunden hat. Und dieses Heiligtum hat eben die Stadt Mekka gleichzeitig auch zu einem wichtigen Wallfahrtszentrum, zu einem Pilgerort gemacht. 

SPRECHERIN

Bis heute ist die Kaaba, in deren Mauer ein schwarzer Meteorit eingelassen ist, jedes Jahr Ziel von Millionen muslimischer Pilger. Und schon zu Mohammeds Zeiten war ein Teil der wohlhabenden Mekkaner abhängig von den Einkünften aus der Pilgerfahrt. Sie waren deshalb nicht gerade begeistert, dass ihre Einnahmequellen versiegen sollten. 

SPRECHERIN 

Der Druck auf Mohammed und seine kleine Gemeinde nahm immer mehr zu. Ein Teil seiner Anhängerschaft wanderte deshalb ins benachbarte Äthiopien aus. Mohammed und andere Mitglieder der jungen muslimischen Gemeinde blieben zunächst weiter in Mekka. Als jedoch das Oberhaupt seines Clans starb, der Mohammed und seinen Anhängern Schutz bot, wurde die Lage zu gefährlich. Im Jahr 622 entschlossen sie sich, in die etwa 350 Kilometer nördlich gelegene Oasenstadt Medina, die damals noch Yathrib hieß, auszuwandern. Die dortige Gemeinde hatte Mohammed gebeten, einen Streit zu schlichten und bot ihm im Gegenzug Schutz an, so der Islamwissenschaftler Philipp Bruckmayr: 

O-TON 9 (Bruckmayr, 8.49) 

Dieses Jahr um diese Auswanderung stellt eben den Beginn der islamischen Zeitrechnung, also des sogenannten Hidschra-Jahres dar und Hidschra bedeutet eben eigentlich Lossagung in diesem Rahmen, aber eben im Sinne von Auswanderung. Und damit beginnt wieder eine ganz neue Phase (…) mit dieser Auswanderung von Mekka nach Medina, der neuen Gemeinde, der neuen Religion und auch in der Biografie des Propheten.

SPRECHERIN

Yathrib wurde bald in Medina umbenannt, die Kurzform für Medinat an-Nabi, die Stadt des Propheten. In Medina verfasste Mohammed eine Gemeindeordnung. Während zuvor die Menschen nur durch ihre Stammeszugehörigkeit verbunden waren, gab es nun eine religiöse Komponente, die Verbundenheit durch die Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Gläubigen, der sogenannten Umma. Auch das Zusammenleben der neuen Einwanderer und der alteingesessenen Bevölkerung wurde geregelt. In Medina lebten mehrere jüdische Stämme. Zwar entstand die neue Gemeindeordnung ohne eine Beteiligung der jüdischen Gruppen, dennoch wurden ihre Rechte und Pflichten festgelegt. Philipp Bruckmayr: 

O-TON 10 (Bruckmayr, 25.20) 

Trotzdem ist es insofern ein sehr relevantes, historisches Dokument, weil es eines der frühesten ist, in dem man sieht, dass sozusagen ein multikonfessionelles Gemeindewesen organisiert werden soll, indem eben hier nicht nur Muslime inkludiert werden, sondern explizit eben auch jüdische Gruppen. 

SPRECHERIN

Völlig konfliktfrei war das multikonfessionelle Gemeindewesen jedoch nicht. Jüdische Stämme aus Medina wurden teils vertrieben, Frauen und Kinder als Sklaven verkauft. 

ATMO Gebetsruf Muezzin (14 Sek)

SPRECHERIN

In Medina wurden die ersten Moscheen errichtet, die Gebetsrichtung nach Mekka wurde festgelegt, ebenso islamische Pflichten wie das Verteilen von Almosen, also von Spenden, und das Fasten. 

SPRECHERIN

Nachdem Mohammeds erste Frau Chadidscha um das Jahr 619 in Mekka starb, heiratete er erneut. Als bedeutender Anführer hatte Mohammed – wie damals üblich - mehrere Frauen. Teilweise waren es politisch motivierte Ehen, um Stämme an sich zu binden. Doch es soll auch Liebesheiraten gegeben haben. Es heißt, seine Lieblingsfrau soll Aischa gewesen sein, die Tochter eines seiner frühesten Anhänger, des späteren ersten Kalifen, Abu Bakr. Tuba Işık: 

O-TON 12 (Isik, 28.59) 

Und der Prophet hat natürlich auch mit andersgläubigen Frauen, also auch mit einer Jüdin und mit einer Christin auch geheiratet, um auch da deutlich zu machen, das ist möglich. Und auf der anderen Seite gab es natürlich ja sehr viele Kämpfe, und sehr viele Männer sind gefallen, und sehr viele Frauen mussten, so war die Clangesellschaft im siebten Jahrhundert auch, man musste immer in der Obhut eines Clans stehen, um nicht vogelfrei zu sein und frei verfügbar zu sein. Das war für Frauen viel, viel schwieriger als für Männer. (…) Und um das zu verhindern, wurden Frauen auch angeheiratet, also um sie sozusagen in den Schutz und in die Obhut eines Clans über diesen Mann dann tatsächlich zu holen. 

SPRECHERIN

Auch wenn Männer weiterhin privilegiert waren, hat sich die Stellung der Frau unter Mohammed verbessert. Philipp Bruckmayr. 

O-TON 13 (Bruckmayr, 27.54) 

Es gibt aber doch einige Anzeichen daraufhin, dass eigentlich durch den Koran, durch den Propheten Mohammed sich in vielen Bereichen eine größere Rechtssicherheit für Frauen ergeben hat, was nichts daran geändert hat, das sozusagen Männer (…) in praktisch allen Bereichen in einer privilegierten Position waren. Trotzdem ergab sich vermutlich eine größere Rechtssicherheit für Frauen im Bereich der Ehe beispielsweise, im Bereich des Erbrechts. 

SPRECHERIN

Die Zahl der Ehefrauen wurde auf höchstens vier begrenzt – und auch dies war nur unter der Voraussetzung erlaubt, dass der Mann alle Frauen gerecht behandelte und ausreichend versorgen konnte. 

SPRECHERIN

In Medina schlossen sich immer mehr Menschen Mohammed an. Doch einige Stämme weigerten sich hartnäckig, auch die Einwohner seiner Heimatstadt Mekka. Es kam immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen. In der Schlacht von Badr im Jahr 624 schlug Mohammeds Armee die Kämpfer aus Mekka. Der Sieg der zahlenmäßig unterlegenen muslimischen Armee wird im Koran als Zeichen der Hilfe Allahs gesehen. In Sure 3, Vers 123 bis 125 heißt es: 

ZITATOR  

Gott hat euch doch seinerzeit in Badr zum Sieg verholfen, während ihr eurerseits ein bescheidener, unscheinbarer Haufe waret. Wenn ihr geduldig und gottesfürchtig seid, und wenn sie jetzt sofort gegen euch daherkommen, unterstützt euch euer Herr sogar mit fünftausend Engeln, die im Sturm gegen den Feind vorpreschen. 

SPRECHERIN

Zwar folgte ein Jahr später eine Niederlage beim Berg Uhud, aber kurz darauf scheiterte der Gegenangriff Mekkas. Mohammed hatte um Medina einen Graben ausheben lassen, der den Angriff der Gegner stoppte. Sure 9, Vers 29.

ZITATOR 

Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der wahren Religion angehören – von denen, die die Schrift erhalten haben – kämpft gegen sie, bis sie kleinlaut aus der Hand Tribut entrichten! 

SPRECHERIN 

Für die Interpretation vieler Passagen im Koran, sei es wichtig, die gefährliche Lage für die junge, muslimische Gemeinde zu berücksichtigen, so Mira Sievers: 

O-TON 14 (Sievers 28.28) 

Das Wirken des Propheten, die Offenbarung des Korans insgesamt ist einzuordnen in den historischen Kontext und es auch nur zu verstehen ausgehend vom historischen Kontext. Der Prophet war mit Kriegen konfrontiert, er war konfrontiert mit einer sehr gewaltvollen Situation auf der Arabischen Halbinsel und hat in diesem Kontext gehandelt.

SPRECHERIN

Erst im Jahr 630 nach Christus gelang es Mohammed, seine Heimatstadt Mekka zurückzuerobern. Mohammed ließ die Götzenbilder bei der Kaaba zerstören – von nun an ist die Kaaba ein rein islamisches Heiligtum. 

Dieser militärische Erfolg half ihm bei der Verbreitung seiner Lehre nicht nur in Mekka, sondern auf der Arabischen Halbinsel. Mohammed machte die Wallfahrt nach Mekka, im Arabischen Hadsch genannt, zur religiösen Pflicht für alle Muslime. 

SPRECHERIN

Mohammed starb im Jahr 632 in den Armen seiner Frau Aischa. Sein Grab befindet sich in Mekka. Weit mehr als tausend sogenannte Hadithe, Überlieferungen über das Leben des Propheten, sollen auf Aischa zurückgehen. 

MUSIK aus

SPRECHERIN

Für Muslime ist der Prophet Mohammed nicht nur derjenige, der die Offenbarung empfangen hat, er ist für sie ein wichtiges Vorbild – bis heute. Wann immer gläubige Muslime den Namen des Propheten erwähnen, sagen sie: Gott segne ihn und schenke ihm Heil.  Mira Sievers: 

O-TON 15 (Sievers, 26.27) 

Und insofern schaut man natürlich sehr stark darauf, wie der Prophet gelebt hat, wie er gewirkt hat, und ich würde sagen, (…) er ist natürlich auch eine Persönlichkeit, die unglaublich viele Muslime und Muslime bezaubert hat, fasziniert. Und das geht sozusagen von der Großzügigkeit des Propheten über das Lächeln des Propheten bis hin zu seinem guten Charakter. 

SPRECHERIN

Die Bewunderung für den Propheten ist sicherlich ein Grund dafür, dass viele Muslime in der Vergangenheit aufgebracht, empört und teilweise auch gewaltsam auf Mohammed-Karikaturen reagierten, wie sie zum Beispiel im Jahr 2005 von der dänische Zeitung Jyllands-Posten oder 2006 von der französischen Satirezeitschrift Charlie Hebdo veröffentlicht worden sind. Eine der Zeichnungen in Jyllands-Posten zeigte beispielsweise Mohammed mit einem Turban in Form einer Bombe, auf der das islamische Glaubensbekenntnis stand – also die Worte "Ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer Allah und Mohammed ist sein Gesandter“. Die Folge waren Demonstrationen, Ausschreitungen und eine diplomatische Krise zwischen mehreren muslimisch geprägten Ländern und Dänemark. Der Islamwissenschaftler Philipp Bruckmayr: 

O-TON 16 (Bruckmayr, 38.28) 

Was in den letzten Jahrzehnten da sicherlich auch mit hineingespielt hat, ist sicherlich ein generelles Gefühl der Abwertung durch den Westen, das da sozusagen auch auf die Psychologie der Muslime einwirkt. Und man kann in diesem Fall ja vielleicht wirklich sagen, dass eben dann die Figur des Propheten herhalten muss für die Ehre des Islams als Ganzes. Natürlich sind diese Reaktionen, wenn wir jetzt einmal absehen, von individuellen Extrem-Reaktionen oder von Extrem-Reaktionen bestimmter kleinerer Gruppen der Muslime, im Sinne von Terroranschlägen, von Morden, mit denen man meint, diese Beleidigung des Propheten sühnen zu müssen. Wenn man von dem absieht und sich ein bisschen mehr die systemische, auch politische Ebene bei staatlichen Reaktionen anschaut, dann muss man natürlich auch bedenken, dass hier oft die Geopolitik oder eben auch die Identitätspolitik der Staaten oder bestimmter Player in der muslimischen Welt da natürlich mithineinspielt. Also ein Beispiel dafür wäre: Bei den Demonstrationen beispielsweise in Syrien nach den Jyllands Posten-Mohammed-Karikaturen sind reihenweise dänische Flaggen angezündet wurden. Und man würde jetzt nicht davon ausgehen, dass allzu viele Leute in Syrien daheim dänische Flaggen haben. Das heißt, es liegt natürlich der Verdacht nahe, dass diese Form von Protest auch von staatlicher Seite geschürt und unterstützt worden ist.

SPRECHERIN

Hirtenjunge, Karawanenführer, Händler, Prophet, Staatsmann, Sozialreformer. Für gläubige Muslime ist Mohammed der letzte und wichtigste Prophet. Sie orientieren sich bis heute an den überlieferten Handlungen und Aussprüchen Mohammeds. Mira Sievers: 

O-TON 17 (Sievers, 33:40) 

Also mir wäre es wichtig, den Propheten Mohammed vor allen Dingen als eine religiöse Figur wahrzunehmen. Denn das ist etwas, was auch in der Forschungsgeschichte immer wieder in unterschiedliche Richtungen ging. Also ist sozusagen der Prophet jemand, der vor allen Dingen durch Judentum und Christentum zu erklären ist? Oder ist der Prophet vor allen Dingen durch das arabische Element zu erklären? Ist er ein Politiker? Ist er ein Staatsmann? (…) Welche Rolle hat er? Ist er ein Sozialreformer? Ich würde sagen zuallererst ist der Prophet wirklich ein Prophet. Das heißt, er hat die islamische Religion ausgehend von der koranischen Offenbarung vermittelt, und das ist aus muslimischer Sicht sein zentrales Verdienst.