Übermedien   /     Holger ruft an ... wegen rechten Medienstrategien

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Die österreichische Autorin Natascha Strobl warnt Medien davor, in die Inszenierungsfallen von rechtsextremen Akteuren wie Martin Sellner zu tappen. Statt diese zu entzaubern, würde die Berichterstattung häufig nur zur weiteren Normalisierung beitragen.

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Gehen Medien den Rechten auf den Leim?
Duration
1041
Publishing date
2024-03-22 15:53
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https://uebermedien.de/?p=93457
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  Übermedien
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Shownotes

Gehen Medien den Rechten auf den Leim?

In dieser Woche gab die Stadt Potsdam bekannt, dass sie ein bundesweites Einreiseverbot gegen den österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner erwirkt habe. Der langjährige Sprecher der "Identitären Bewegung" kann also ab sofort von der Bundespolizei an der Einreise in die Bundesrepublik gehindert werden. Tatsächlich waren Sellners diverse Grenzübertritte bereits in der jüngeren Vergangenheit immer wieder zum Gegenstand öffentlichkeitswirksamer Inszenierungen geworden. Ende Januar reiste er etwa nach Passau – laut eigener Aussage, um zu prüfen, ob bereits ein Einreiseverbot gegen ihn vorlag. Am Samstag wurde er bei einem rechtsextremen Treffen in der Schweiz von Polizisten abgeführt und des Landes verwiesen.

Immer dabei: die Kamera für den Livestream. Und leider auch oft dabei: Medien. Sie berichten ausführlich über Sellners Ankündigungen oder begleiten seine Versuche gar vor Ort. Die Selbstinszenierungen eines Rechtsextremisten werden so zu einem Medienspektakel. "Sellner hat verstanden, dass Medien und er teilweise dieselben Interessen haben: Aufmerksamkeit", sagt Natascha Strobl im Gespräch mit Holger Klein. Die österreichische Autorin und Rechtsextremismusexpertin warnt Medien daher eindringlich davor, in Sellners Falle zu tappen. Denn so würden sie unweigerlich zur Erfüllung seiner weiteren Ziele beitragen: Markenbildung und Normalisierung.

In dieser neuen Folge unseres Podcasts "Holger ruft an …" spricht Strobl nicht nur über den medialen Umgang mit Sellner, sondern auch über die allgemeinen Probleme in der Berichterstattung über die extreme Rechte. Immer wieder gäbe es etwa Home-Storys, Porträts oder Titelinterviews, die vor allem von der journalistischen "Lust am Verbotenen" getrieben seien. Man wolle damit zeigen, was man sich als Medium so traue, meint Strobl. Letztlich müssten diese vermeintlichen Versuche der "Entzauberung" aber immer scheitern.

Natascha Strobl, geboren 1985 in Wien, ist Politikwissenschaftlerin und Publizistin. Ihr Buch "Radikalisierter Konservatismus. Eine Analyse" war ein Bestseller und wurde 2021 mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das Politische Buch (Anerkennungspreis) ausgezeichnet.

Links:

  • Sellner darf nicht mehr nach Deutschland einreisen – tagesschau.de
  • Rechtsextreme Medienguerilla: Wie Medien das Spiel von Martin Sellner mitspielen – Beitrag von Natascha Strobl bei moment.at
  • "Eine sorgfältig vorbereitete Geschichte, die extra für die Medien geschrieben wurde." – Thread von Republik-Redakteur Basil Schöni auf X
  • Polizei-Einsatz um Martin Sellner im Aargau – NZZ.de