radioWissen - Bayern 2   /     "Der Hund oder ich!" - Tiere in der Partnerschaft

Description

Haustiere können in Partnerschaften durchaus für Reibereien sorgen: Der Hund schläft im Bett, der neue Partner hingegen im Gästezimmer. Die Katze pinkelt auf die Klamotten des "Nebenbuhlers", der in ihr Revier eingedrungen ist. Ohne viel Geduld und Kompromissbereitschaft läuft dann gar nichts. Von Karin Lamsfuß

Subtitle
Duration
00:23:13
Publishing date
2024-06-26 03:00
Link
https://www.br.de/mediathek/podcast/radiowissen/der-hund-oder-ich-tiere-in-der-partnerschaft/2094926
Contributors
  Karin Lamsfuß
author  
Enclosures
https://media.neuland.br.de/file/2094926/c/feed/der-hund-oder-ich-tiere-in-der-partnerschaft.mp3
audio/mpeg

Shownotes

Haustiere können in Partnerschaften durchaus für Reibereien sorgen: Der Hund schläft im Bett, der neue Partner hingegen im Gästezimmer. Die Katze pinkelt auf die Klamotten des "Nebenbuhlers", der in ihr Revier eingedrungen ist. Ohne viel Geduld und Kompromissbereitschaft läuft dann gar nichts. Von Karin Lamsfuß

Credits
Autorin dieser Folge: Karin Lamsfuß
Regie: Sabine Kienhöfer
Es sprachen: Julia Fischer, Thomas Birnstiel
Technik: Helge Schwarz
Redaktion: Bernhard Kastner

Im Interview:
Dr. Silke Wechsung, Psychologin
Prof. Andrea Beetz, Psychologin
Eric Hegmann, Paartherapeut
Tanja Brandt, Tierfotografin


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Literaturtipps:

Silke Wechsung: Mensch und Hund: Beziehungsqualität und Beziehungsverhalten (Schriftenreihe Psychologie der Mensch-Tier-Beziehung) 2008, S. Roderer Verlag

Tanja Brandt: Die Eulenflüsterin. Lübbe Verlag, 2019

Wir freuen uns über Feedback und Anregungen zur Sendung per Mail an radiowissen@br.de.

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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.

Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript: O-Ton 1 Silke Wechsung (0‘12“)

Man kommt abends vom Arbeiten und der Hund wird fröhlich begrüßt und dann kommt erst mal lange nichts. Und irgendwann dann sagt man dann vielleicht auch mal der Ehefrau oder dem Ehemann „Hallo“. 

O-Ton 2 Eric Hegmann (0‘10“): 

„Es ist doch ganz normal, dass man sich morgens erst mal küsst und danach den Hund küsst.“ Wer sagt das? Wer sagt, dass das normal ist?

O-Ton 3 Tanja Brandt (0‘05“): 

Für mich sind die Tiere komplett selbstverständlich. Ich denk mir jetzt nicht, dass da jemand Probleme mit haben kann. 

O-Ton 4 Silke Wechsung (0‘07“)

Unabhängig vom Familienstatus ist der Hund für 35 Prozent aller Hundehalter der wichtigste Partner.

O-Ton 5 Tanja Brandt (0‘05“): 

Die Hunde sind schon so ein bisschen Killer. Also ich glaube, die Beziehung wäre harmonischer ohne die Hunde. 

Sprecher: 

Tiere in der Partnerschaft: Sie können die Zweierbeziehung bereichern, beide Partner gleichermaßen erfreuen. Mit einem Haustier zusammenzuleben, kann herzerwärmend sein, berührend, tröstend, verbindend und manchmal auch einfach unglaublich lustig. Gemeinsam für ein Lebewesen zu sorgen, kann beide Partner zusammenschweißen. Muss es aber nicht. 

Musik:  Mysterious animal play (reduced) 0‘54

Erzählerin:

Es geschah während der Corona-Pandemie. Lockdown. Das Leben stand mehr oder weniger still. Die Tierfotografin Tanja Brandt dachte sich: Ein neuer Partner wäre vielleicht nicht schlecht. Sie meldete sich bei einer Dating App an – mit bescheidenen Angaben: Alter, Ort und ein Bild von ihr, gemeinsam mit einer ihrer Eulen. Dass sie zudem mit zwei Steinkäuzen, zwei Habichtskäuzen, einem Wüstenbussard und zwei großen Hunden zusammenlebt, war ihr zunächst keine Erwähnung wert. Dass ein Mann damit Probleme haben könnte, kam ihr nicht in den Sinn, so selbstverständlich sind die Tiere für sie. Doch Chris hatte genau damit Probleme. 

O-Ton 6 Tanja Brandt (0‘33“): 

Irgendwann kam es zu diesem ersten Telefonat, was ja so schrecklich war, wir haben zwei Stunden über Hunde gestritten. Also über Frauen mit Hund. Und da hat er eben gesagt: „Auf gar keinen Fall kommt für ihn ne Frau mit Hund infrage, auf gar keinen Fall mit im Bett, und die Frauen mit Hund, die haben vielleicht psychisch Probleme, und wenn die dann die Hunde auch noch im Bett haben, das sind dann die Hunde, die so gar nicht folgen!“ Und ich hab während dem Telefonat meinen Ingo angeguckt, der so neben mir auf dem Bett lag, gemütlich, und er hat geschlafen, und ich hab gedacht: ‚Was stimmt mit dem Typen nicht?‘

Erzählerin: 

Für den Paartherapeuten Eric Hegmann entscheidet sich oft schon in der Kennenlernphase, ob das Modell ‚neue Liebe plus Haustier‘ überhaupt eine Chance haben kann. Für ein Online-Dating-Portal hat er eine Studie zu Tieren und Partnerschaft begleitet:

O-Ton 7 Eric Hegmann (0‘41“)

Dieser urbane Mythos, nach dem männliche Hundebesitzer bei Frauen besonders gut ankommen, das stimmt tatsächlich. Umgekehrt ist es anders: Männer fühlen sich durch Haustiere von Frauen eher bedroht. Und als besonders bedrohliches Tier ist das Pferd. Und meine Vermutung ist: Je zeitintensiver, je pflegeintensiver das Haustier ist, desto eher nimmt es eine Position ein, die mich als neuen Partner vielleicht auf Platz zwei setzt und das buche ich ja nicht, wenn ich eine Beziehung eingehe. Ich möchte ja Prio eins ein. 

Musik: Discussion points (reduced 2) 0‘14

dann darüber

Erzählerin: 

Tierfotografin Tanja Brand und ihr Internet-Date Chris diskutierten weiter. Nacht für Nacht. Über Frauen und Hunde, und dass das ja gar nicht ginge. 

O-Ton 8 Tanja Brandt (0‘24“): 

Und dann sagt er plötzlich mitten in der Nacht „Ja, jetzt haben wir wieder ne Stunde gestritten, in der Zeit hättest du eigentlich hierherfahren können und nen Kaffee trinken. Und mich muss was gebissen haben, dass ich jetzt noch ne Stunde auf die Autobahn fahre zu nem Idioten und mit dem dann noch irgendwie in seiner Wohnung weiterstreite, den ich nicht mal kenne, ja, ich bin tatsächlich gefahren, und seither sind wir eigentlich zusammen. 

Erzählerin: 

Der Mann, der nie eine Frau mit Hund wollte. Und die Frau, deren Tiere ihr Lebensinhalt sind. Das birgt ordentlich Zündstoff.

Musik: Sparkling curiousity 0‘32

Sprecher: 

Menschen und ihre Haustiere. Oft eine tiefe Liebesgeschichte. Sie öffnen unsere Herzen und gelangen in Bereiche, in die ein Mensch nie vordringen kann. Sie sind warm und weich und hingebungsvoll. Kein Mensch kann einen so bestechend und herzzerreißend ansehen. 34 Millionen Haustiere leben in deutschen Haushalten.

Erzählerin: 

Prof. Andrea Beetz ist Psychologin und erforscht Mensch-Tier-Beziehungen. Sie weiß aus ihren Forschungen: Ein Haustier ist nicht irgendein Wesen, sondern ein wichtiger Sozialpartner. 

O-Ton 9 Andrea Beetz (0‘18“): 

Das basiert darauf, dass in der Mensch-Heimtier-Beziehung die gleichen Mechanismen greifen, die wir auch in anderen engen Beziehungen nutzen. Nämlich das Bindungssystem und das Fürsorgesystem. Und das ist mit ganz vielen Hormonen verbunden, mit Stressregulation, mit der Regulation von Emotionen, sich wohlfühlen, sich sicher fühlen. 

Sprecher: 

Das macht klar, warum ein Konflikt um ein Haustier viel tiefer geht als Streit über den Abwasch oder das neue Auto.

O-Ton 10 Andrea Beetz (0‘25“): 

Gerade wenn die Tiere als junge Tiere zu uns kommen, dann versorgt man sie, man kümmert sich, und irgendwann werden die erwachsen, und dann ist es auch so, dass man selber sagt: Wenn es mir mal nicht so gut geht, geh ich da hin, hab den Kontakt und fühl mich irgendwie unterstützt und wird ruhiger. Und bin auch nicht allein. Und dadurch, dass das die gleichen Systeme sind, ist es auch nicht verwunderlich, dass viele Beziehungen so eng werden und so emotional wichtig für den Menschen. 

Sprecher: 

Tiere als Seelentröster, als Sozialpartner, für manche sogar die ganz große Liebe. 

Erzählerin: 

Wie wichtig Haustiere für viele Menschen sind, das hat die Psychologin Dr. Silke Wechsung in Bezug auf Hunde an der Uni Bonn erforscht:

O-Ton 11 Silke Wechsung (0‘11“): 

Wir haben die Frage gestellt: Welchen Stellenwert hat der Hund in Ihrem Leben? Und da haben 35 Prozent der Hundehalter gesagt, dass der Hund für Sie der wichtigste, wichtigste Beziehungspartner ist.

Musik: Sandbath 0‘19

dann darüber: 

O-Ton 12 Tanja Brandt (0‘09“): 

Ich liebe meine Tiere! Ich würde für meine Tiere wahrscheinlich so ziemlich alles aufgeben! Ich leb mein komplettes Leben lang mit Tieren zusammen. Komplett! Und ich kenn das gar nicht anders. 

Sprecher: 

Wenn in diese tiefe Liebesbeziehung dann ein neuer Mensch eindringt, kann das eingespielte soziale Gefüge durcheinandergeraten. Denn ob er will oder nicht: Der oder die Neue tritt in Konkurrenz zu einem Lebewesen, das schon lange da ist. Einen festen Platz im Herzen hat und womöglich schon einige Partner kommen und gehen gesehen hat.

Erzählerin: 

Im Fall der Tierfotografin Tanja Brandt verlief das nicht unbedingt reibungslos. 

O-Ton 13 Tanja Brandt (0‘33“): 

Er kam dann irgendwann auch mal zu mir, und da musste ich ihm ja die Tiere direkt vorstellen. Ich hab ihm die ganzen Vögel vorgestellt, die fand er auch spannend, den Hund fand er … mittel.  Jetzt muss man dazusagen: Der Ingo ist halt nicht so begeistert, wenn da ein Typ reinschneit. Der passt halt schon auf mich auf! Und wenn da ne Hand in meine Richtung kommt, dann freut er sich da nicht so drüber. Er war auch nicht begeistert, dass er aus dem Bett ausquartiert wurde und dass er viele Sachen nicht mehr so machen durfte …

Erzählerin: 

Ingo ist ein Malinois, ein belgischer Schäferhund. Mit stark ausgeprägtem Schutztrieb. Er begleitet Tanja Brandt schon seit 12 Jahren überall hin, posiert auf unzähligen ihrer Fotos. 

Musik:  Simple but complex behaviour 0‘17

Atmo Hund

Sprecher: 

Wenn eine Dreiecksbeziehung zwischen Mensch-Mensch und Tier entsteht, entsteht auch eine neue Ordnung. Oft verbunden mit dem Verlust von Privilegien. 

Erzählerin: 

Hund Ingo durfte nicht mehr mit im Bett schlafen. Was er keineswegs klaglos hinnahm. 

O-Ton 14 Tanja Brandt (0‘31“): 

Ich sag mal, so Romantik ist ganz schwierig, da schmeißt sich der Ingo nämlich gegen die Schlafzimmertüre, und wenn ich jetzt fünf Mal sag „Ingo, geh jetzt bitte in dein Körbchen“, dann geht er in sein Körbchen, und dann lässt er das auch, aber ich sag mal, so fünf Minuten später sitzt er dann vor der Schlafzimmertür und macht (ahmt Jaulen nach), das lenkt jetzt irgendwie auch ab, und ja, er kam auch tatsächlich einmal in das Bett gesprungen, mit Karacho, das fand er nicht lustig. Er ist halt so ein Schutzhund so ein bisschen. Beschützer.

O-Ton 15 Silke Wechsung (0‘19“)

Da Hunde eben sehr rang- und statusbewusst sind, werden sie erst mal versuchen, den Rang, den sie sich erarbeitet haben, auch zu erhalten. Das ist ja wie bei uns Menschen. Wenn ich erst mal ein bestimmtes Privileg habe, möchte ich das ja auch nicht ohne Not einfach so schnell wieder abgeben. 

Sprecher: 

Doch wer denkt, dass nur Hunde ihren Unmut über den menschlichen Eindringling missmutig kundtun, der täuscht sich. Katzen stehen dem in nichts nach …

Musik: Animals playing catch 0‘25

dann darüber:

Erzählerin: 

Alex hatte sich gerade frisch verliebt. In eine Frau mit Katze. Die erste gemeinsame Nacht in der Studentenwohnung. Doch die war gleichzeitig Revier des alteingesessenen Katers. Alles endete mit einer Überraschung am nächsten Tag. Beim Aufwachen roch es irgendwie seltsam: 

O-Ton 16 Alex (0‘25“) 

Am nächsten Morgen wachte ich dann auf und dachte so: Mein schönes himbeerfarbenes, vornehmes Hemd zusammengefaltet? Und dann hab ich das ausgefaltet, und was musste ich darin entdecken? Da hatte der Kater einen Haufen da reingemacht. Offensichtlich um mich zu bestrafen für meine Anwesenheit oder um ein deutliches Zeichen seiner Missbilligung zu setzen, das war irre.

Musik:  Animals playing catch 0‘4

Atmo Katze

O-Ton 17 Alex (0‘25“)

Also offenbar hat ihm einfach nicht geschmeckt, dass ich da übernachtet hab, dann hat er sich die Mühe gemacht, da erst mal reinzumachen und das dann auch noch ordentlich zusammenzufalten. Also unglaublich, zu was für Aktionen ein solches Tier dann imstande ist, wir haben natürlich herzlich gelacht, und über die Jahre hinweg hat sich zwischen den Kater und mir dann durchaus eine gute Freundschaft entsponnen – tatsächlich beidseitig.

Musik: Stork’s walk 0‘22

Sprecher: 

Das Tier, das eifersüchtig ist auf den Eindringling. Aus tierischer Sicht verständlich: Der neue Partner, die Partnerin sitzt auf dem Lieblingsplatz, bekommt die Aufmerksamkeit, die Zuwendung, die zuvor ausschließlich dem Tier galt. Das, so sagen Tierverhaltenstrainer, löst man am besten mit sehr viel Geduld und vorsichtiger Annäherung. So haben beide die Chance, sich langsam aneinander zu gewöhnen.

Doch Eifersucht gibt es auch auf der anderen Seite: nämlich dann, wenn das Haustier Privilegien genießt, die eigentlich dem Menschen zustünden, so die Psychologin Silke Wechsung. 

O-Ton 18 Silke Wechsung (0‘20“): 

Wenn man sich immer mal damit beschäftigt, wie viele Stunden am Tag sich eben mit dem Tier beschäftigt wird im Vergleich zu dem, wie viele Stunden am Tag sich mit dem Partner oder den Kindern beschäftigt wird, dann fällt doch auf, dass der Hund einfach unheimlich viel Aufmerksamkeit bekommt.

Erzählerin: 

Paartherapeut Eric Hegmann sagt: Unter zahlreichen Konflikten liegen häufig viel tiefere Themen: 

O-Ton 19 Eric Hegmann (0‘29“): 

Es geht bei dem Konflikt um Haustiere häufig um das eigene Bedürfnis nach Anerkennung, nach Gesehenwerden, dieses Gefühl ‚bist du für mich da? Kann ich mich auf dich verlassen?‘ Und wenn ich immer wieder den Eindruck habe: ‚Für dein Haustier machst du alles! Das Tier hustet einmal, und schon sind wir beim Tierarzt. Und du lässt alles stehen und liegen. Ich liege mit Grippe im Bett, und ich bekomme noch nicht mal ne Suppe!‘

Erzählerin: 

In ihrer Forschungsarbeit über die Mensch-Hund-Beziehung ist Silke Wechsung auch auf einige extreme Ausprägungen gestoßen:

O-Ton 20 Silke Wechsung (0‘12“): 

Wo der Hund dann vorne im Auto mitfährt, auf dem Beifahrersitz und die Partnerin hinten im Auto sitzt. Oder Menschen, die dann eben mit dem Hund das Schlafzimmer teilen, während der Partner in einem Nebenraum schläft. 

O-Ton 21 Eric Hegmann (0‘14“): 

Hier würde ich schon fragen „Ist das wirklich eine Rolle, die Sie auf Dauer einnehmen wollen? Kommen Sie damit zurecht? Wie ist das, wenn Sie „Schichtwechsel“ haben: Sie steigen aus dem Bett aus und der Hund kommt da rein. Wie fühlen Sie sich dabei?“

Musik:  In this together 0‘17

dann darüber:

Erzählerin: 

Es vergeht kaum ein Tag, erzählt Tierfotografin Tanja Brandt, an dem sie nicht mit ihrem Partner Chris über den Hund Ingo streitet. 

O-Ton 22 Tanja Brandt (0‘28“): 

Der Chris, der ist auch selbstständig und hat hier so Online-Kurse. Und diese Online-Kurse, die kennt der Ingo ganz genau. Und dann setzt der sich natürlich in dem Nachbarraum an die Wand und macht die ganze Zeit ahmt Bellen nach. Drei Stunden lang. Der Chris sagt dann auch „super, ich war den ganzen Tag mit dieser Winsel-Stute hier alleine!“ und da kriegen wir dann auch Krach. Weil er dann echt gereizt ist. 

Erzählerin: 

Trotz alledem verstehen sich die Tierfotografin und ihr Partner sehr gut, sogar so gut, dass sie sich zusammen ein altes, renovierungsbedürftiges Haus gekauft haben. Dort gibt es klare Regeln.  Die wichtigste: Chris hat sein eigenes Zimmer, zu dem Malinois Ingo keinen Zutritt hat. Doch es kam der Tag, an dem der Hund die Tür irgendwie aufbekommen haben muss. 

O-Ton 23 Tanja Brandt (0‘22“): 

Er hat dahingepullert, an das Sofa. Das würde der nie machen normalerweise. Das ist so Protest bei ihm einfach. Die Aktion die hab ich gar nicht mitbekommen. Weil ich ja geschlafen hab. Die hat mir der Chris ja wutentbrannt am nächsten Morgen erst erzählt. (…) und wenn ich um die Ecke komme, dann liegt der Ingo natürlich irgendwo in seinem Körbchen und guckt ganz unschuldig! 

Musik: Cute rodent (reduced) 0‘10

Erzählerin: 

Mit den Greifvögeln kommt Chris gut klar. Mit dem zweiten Hund, dem Wolfshund Dio auch. Dio verehrt Chris und folgt ihm überall hin. Wenn da nur nicht seine gefühlt Millionen einzelner Haare wären, die wirklich überall rumfliegen. Das Hundehaar-Drama beginnt bereits morgens im Bett, beim Aufstehen: 

O-Ton 24 Tanja Brandt (0‘23“): 

Ja, der hat so zarte Füße! Der Chris hat ganz zarte Füße tatsächlich! Und er geht auch so aus diesem Bett raus: Er schwingt die Füße so seitlich und hält die nach oben. Und dann hat er die Socken parat liegen und die Schuhe, und dann schlüpft der da rein in die Socken und in die Schuhe. Und wenn das sein muss, dann wird dann noch abgefusselt. Damit er ja nicht mit den Füßen auf diesen Boden muss, wo vielleicht Hundehaare sind oder so. Also er läuft hier nicht mit Socken rum. Auf gar keinen Fall. 

Sprecher: 

Zusammenleben mit Haustieren: Das kann ein Traum sein – vor allem, wenn sich beide bestenfalls gemeinsam ein Tier ausgesucht haben. Und es kann zum Albtraum werden. Wenn es ein eingespieltes Mensch-Tier-Team gibt, eine tiefe Bindung, viel Liebe – und oft auch viele Konflikte. Denn die Intensität dieser besonderen Bindung ist nicht zu unterschätzen:

Musik: Sad clown in the rain 0‘48

einbetten:

Sprecher: 

Wenn sie krank sind, kommen wir um vor Sorge. Wenn sie ihren letzten Atemzug machen, dann ist es, als ginge die Welt unter. Auch wenn die Trauer anders ist: In der Tiefe ähnelt sie dem Verlust eines geliebten Menschen, so die Psychologin Andrea Beetz:

O-Ton 25 Andrea Beetz (0‘19“): 

Vor allem wenn wir ein Tier verlieren, im Sinne von es stirbt, dann merken ganz viele, wie eng und wie wichtig dieses Tier ihnen war, und heute wird das viel mehr zugegeben. Das ist heute viel akzeptierter, wenn Sie sagen „ich trauere“. Das war vor 20, 30 Jahren noch nicht so sehr der Fall. Jede dieser Beziehungen ist einzigartig. 

Musik weg

Sprecher: 

So einzigartig, dass manch ein Tierhalter behauptet: Tiere seien die besseren Menschen. Ja, eigentlich mehr noch: Die idealen Partner: Sie sind treu, immer da, enttäuschen nie. Das Tier als Partnerersatz anzusehen, so Paartherapeut Eric Hegmann, sei jedoch ein Trugschluss:

O-Ton 26 Eric Hegmann (0‘24“): 

Wo gesagt wird „Die bedingungslose Liebe, die ich von meinem Haustier erlebe, die erlebe ich niemals mit einem Menschen. (…) ‚Bedingungslose Liebe‘, das ist ein spannender Gedanke. Der kommt aber auch mit der Frage: Steht vielleicht bedingungslose Liebe für dieses tiefe menschliche Bedürfnis nach Sicherheit in der Liebe? Aber bedingungslose Liebe von Tieren hat in der Realität auch ganz viel mit Abhängigkeit zu tun. 

Musik:  Healing process  0‘31

Sprecher: 

Die fast kindliche Sehnsucht nach der bedingungslosen Liebe, nach der totalen Akzeptanz. In erwachsenen, ebenbürtigen Beziehungen kaum zu finden. All diese Sehnsüchte in das Tier zu projizieren und es zum Partnerersatz zu machen, mag verlockend sein. Doch die Konflikte sind dann vorprogrammiert. Und wie löst man die?

Erzählerin: 

Paartherapeut Eric Hegmann sagt: Mit Mut. Und Offenheit. Und der Bereitschaft, über die wirklich relevanten Fragen zu sprechen: 

O-Ton 28 Eric Hegmann (0‘37“): 

Das Thema Haustier, das steht natürlich noch für ganz andere Sachen: für Selbstwert. Für meine Vorstellung von Beziehungs-Dynamik. Für meinen Wunsch nach Aufmerksamkeit. Für meinen Wert, wie viel gemeinsame Zeit ich mit meiner Partnerin, mit meinem Partner verbringen möchte. Das sind letztlich die Gesprächsangebote, die Partner einander machen können und sollten, wenn es um Konflikte geht. „Erzähl mir mehr, warum dir das so wichtig ist. Ich erleb das anders. Ich erleb das bedrohlich. Ich erlebe da Schmerzen.“

Erzählerin: 

Und: Konflikte über Haustiere sind manchmal nur stellvertretend für tieferliegende Partnerschafts-Themen:

O-Ton 29 Eric Hegmann (0‘28“): 

Das kommt daher, weil eben das Haustier zum Teil einer Beziehungsdynamik werden kann, wenn beide Partner es lassen. Es ist nicht das Haustier. Das wird schnell zum Gegner. Sondern wie gehen wir damit um, dass ich dieses Bedürfnis, das ich habe: morgens in den Arm genommen zu werden, dass ich das nicht bekomme von dir. Und stattdessen sehe ich: Das bekommt der Hund! Wie gehen wir damit um?

Sprecher: 

Sich diesen Konflikten zu stellen, kann bereichernd für die Beziehung sein, so Eric Hegmann. 

Musik: Good results 0‘19

darin einbetten

Erzählerin: 

Tierfotografin Tanja Brandt, ihr Freund Chris und ihre vielen Tiere haben sich nach all den Jahren irgendwie arrangiert. Eine Art Burgfrieden geschlossen. Weitgehend. 

O-Ton 31 Tanja Brandt (0‘14“): 

Also sie versuchen sich zu akzeptieren. Der Ingo weniger, aber der Chris versucht ihn zu akzeptieren. Also der Chris weiß halt, dass mein Hund mir wichtig ist. Und der weiß auch, wie viel ich mit ihm erlebt habe. Und klar: Der würde natürlich nie sagen „Dieser Hund muss weg!“ 

Erzählerin: 

Natürlich wäre es perfekt, wenn Chris die Hunde und die Vögel genauso lieben würde, wie Tanja Brandt es tut. Aber was ist schon perfekt?

O-Ton 32 Tanja Brandt (0‘16“): 

Wir haben wirklich gemeinsam sehr viel zu lachen, sehr viel Humor, ich mach ihm auch schon viel Geschenke und Überraschungen und koch für ihn, ich mach schon viel für ihn. Ich versuche schon, ihm viel angenehm zu machen. Ich weiß das auch total zu schätzen. Und ich versuche, ihm das schon zurückzugeben! 

Musik: Feeling good 0‘23

Sprecher: 

Bei allen Eifersüchteleien, Revierkämpfen, Machtspielchen, die in einer Mensch-Tier WG entstehen können, darf eins nicht vergessen werden: Das Zusammenleben mit Tieren kann auch eine ganz große Bereicherung sein und sich positiv auf die Beziehungsqualität auswirken:

O-Ton 33 Silke Wechsung (0‘31“)

Da ist das Tier sogar eher Beziehungskatalysator, weil man ja, wenn beide Beziehungspartner tierlieb sind und da Spaß haben, natürlich auch ein gemeinsames Hobby haben, gemeinsamen Gesprächsstoff haben, letztlich ein Tier haben, für das sie gemeinsam sorgen können, mit dem sich gemeinsam beschäftigen können. Also das heißt, das gibt es sehr, sehr oft, dass Tiere eher beziehungsförderlich sind. Voraussetzung ist aber: Beide haben Spaß daran.

Erzählerin: 

Und wer weiß: Vielleicht entdecken Chris und Hund Ingo ja eines Tages ihre Liebe füreinander. Nicht sehr wahrscheinlich, aber auch nicht ausgeschlossen…

Musik:  Cute rodent (reduced) 0‘30

O-Ton 34 Eric Hegmann (0‘27“): 

Und da habe ich die Erfahrung gemacht: Wenn das Paar eine gute Lösung gefunden hat, mit der beide Partner zufrieden sind, dann geht es auch dem Tier besser, weil es nicht zum Spielball wird zwischen den Partnern. Dann wäre mein Ratschlag: Versuchen Sie, einen guten Weg zu finden, wie Sie beide glücklich werden mit dem Tier, dann wird auch das Tier glücklich sein!