Die Daten der Bundeswaldinventur sind ein ungeheurer Schatz an Waldwissen. Hunderte Helfer*innen ermitteln mit aufwendigen Messkampagnen den Zustand der Wälder in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen: Damit unsere Wälder dem Klimawandel standhalten, braucht es einen strategischen Umbau der Baumarten und Bewirtschaftung.
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Rund 100 Inventurtrupps haben fast zwei Jahre lang mehr als 520.000 Bäume an fast 80.000 Punkten vermessen. Diese Inventur ist das Kontrollinstrument der nachhaltigen Waldwirtschaft, gemäß Bundeswaldgesetz gemeinsam organisiert von Bund und Ländern. Zugleich werden kritische Stimmen laut, die bemängeln, dass die Daten nach wie vor auf klassische Art, also terrestrisch, erhoben werden sowie Zeitspanne und Raster der Stichprobenpunkte zu groß seien. „Es gibt viele Dinge, die wir mit Fernerkundung noch nicht erfassen können. Zum Beispiel die Struktur im Wald“, erklärt Dr. Thomas Riedel. Fernerkundung erfasse immer nur das, was von oben sichtbar ist, jedoch nicht was darunter liegt.
Berechnet werden in der Inventur unter anderem Waldfläche, Holzvorrat, Holzzuwachs und Holznutzung, Baumartenvielfalt, Altersaufbau, Totholz und Naturnähe sowie Biomasse und Kohlenstoffspeicherung. Erstmals wurden bei der aktuellen Bundeswaldinventur Proben zur Ermittlung der genetischen Vielfalt gesammelt.
Ein Ergebnis der Bundeswaldinventur landete mehrfach in den Schlagzeilen: Deutschlands Wälder wurden von der Kohlenstoffsenke zur Kohlenstoffquelle. Gleichzeitig speichern die Wälder immer noch große Mengen an Kohlenstoff. In der Bilanz ist jedoch zwischen 2018 und 2021 mehr Kohlenstoff aus dem Wald entwichen, als eingebunden wurde. „Für mich ist die Frage, ob wir diese Verantwortung auf dem Wald abladen wollen. Oder ob wir, um klimaneutral zu werden, nicht den Druck auf andere Sektoren wie Verkehr und Bauwirtschaft erhöhen müssen“, sagt Dr. Thomas Riedel.
Gleichzeitig stellen zunehmende Trockenheit, Sturmwurf und Schädlingsbefall die Forstwirtschaft vor existenzielle Herausforderungen. Wie wir unsere Wälder umbauen und für den Klimawandel wappnen, ist eine gesellschaftliche Frage. „Achtzig Prozent unseres Holzes kommen aus intensiven Forstplantagen. Wenn wir wollen, dass so ein System, wie wir es haben, global Schule macht, müssen wir zeigen, dass es wirtschaftlich tragfähig ist“, so Prof. Dr. Carola Paul.
In dieser Thünen-Podcastfolge diskutieren Prof. Dr. Carola Paul und Dr. Thomas Riedel, wo es zukünftig mit unserem Wald hingehen soll und was er auf dem Weg zur Klimaneutralität leisten kann. Sie sprechen außerdem darüber, was der Waldumbau für die Forstwirtschaft bedeutet und warum dafür ein gesellschaftliches Umdenken nötig ist.
Die Gäst*innen
Prof. Dr. Carola Paul ist Leiterin der Abteilung Forstökonomie und nachhaltige Landnutzungsplanung an der Georg August Universität Göttingen. In ihrer Forschung untersucht sie mithilfe von Computermodellen, wie das Zusammenspiel zwischen Klimawandel und Forstwirtschaft gelingt.
Dr. Thomas Riedel führt die Fachgruppe Inventur für Waldressourcen und Klimaschutz im Thünen-Institut für Waldökosysteme. Er ist Ansprechpartner für die Bundeswaldinventur, leitete die letzte Kohlenstoffinventur und arbeitet an der Treibhausgas-Berichterstattung für Wälder in Deutschland.
Weiterführende Links und Literatur