Stan Laurel und Oliver Hardy haben als ikonisches Duo der Stumm- und Tonfilmzeit das Genre der Filmkomik revolutioniert, mit Slapstick und universell verständlichem Humor. In Deutschland wurden sie als "Dick und Doof" bekannt, als populäre Massenware belächelt und in ihrer Bedeutung vielfach verkannt. Von Florian Kummert
Stan Laurel und Oliver Hardy haben als ikonisches Duo der Stumm- und Tonfilmzeit das Genre der Filmkomik revolutioniert, mit Slapstick und universell verständlichem Humor. In Deutschland wurden sie als "Dick und Doof" bekannt, als populäre Massenware belächelt und in ihrer Bedeutung vielfach verkannt. Von Florian Kummert
Credits
Autor dieser Folge: Florian Kummert
Regie:Â
Es sprach: Susanne Schroeder
Technik:
Redaktion: Karin Becker
Im Interview:
Sven Hanuschek, Literaturwissenschaftler und Autor „Laurel und Hardy – eine Revision“
Wolfgang GĂĽnther, Laurel & Hardy Museum, Solingen
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Literatur:
Sven Hanuschek: Laurel und Hardy – eine Revision (Zsolnay/Kino, 2010)
Gianluca Buttolo: Laurel und Hardy (Splitter, 2024)
Norbert Aping: Das kleine Dick und Doof-Buch (SchĂĽren, Neuauflage 2022)
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Das vollständige Manuskript gibt es HIER.
Lesen Sie einen Ausschnitt aus dem Manuskript:
ERZĂ„HLERIN
Ein paar Takte dieser Musik genĂĽgen und sie transportiert uns in eine andere Welt. Die Welt eines Komiker-Duos, so gegensätzlich und doch untrennbar vereint.
Der eine schlaksig und mit Strubbelhaaren, der andere korpulent und mit gestutztem Schnurrbart. Der eine trägt Fliege, der andere Krawatte, beide schwören auf ihre HĂĽte, Modell Melone. Stan und Ollie, mit vollem Namen: Stan Laurel und Oliver Hardy.
In Deutschland auch bekannt als „Dick und Doof“.Â
Der Kuckuckstanz ist das musikalische Markenzeichen fĂĽr die Stan und Ollie-Filme, die seit Generationen die Fans verzĂĽcken. So wie den Literaturwissenschaftler Sven Hanuschek, Jahrgang 1964.
OTON Sven Hanuschek 1
Meine Leidenschaft begann natĂĽrlich in der Kindheit. Es gab so eine evangelische Wochenendfreizeit, die immer Samstagnachmittag Kinofilme gezeigt haben, und da gab es Buster Keaton und Laurel und Hardy. Ich denke, dass einer der Laurel und Hardy Filme der erste Kinofilm ist, den ich ĂĽberhaupt gesehen habe auf der groĂźen Leinwand.
ERZĂ„HLERINÂ
Slapstick-Abenteuer mit Titeln wie „Die Wüstensöhne“, „Die Klotzköpfe“ oder „Alles in Schlagsahne!“. In vielen lösen sie eine Verehrung aus, die in der Kindheit beginnt und das ganze Leben hält. Im Fall von Sven Hanuschek geht sie so tief, dass er über das Komiker-Duo ein Buch geschrieben hat: „Laurel und Hardy - eine Revision“.
Denn in Deutschland sind die beiden nun mal vor allem als „Dick und Doof“ bekannt. So wurden und werden sie oft reduziert auf Brachial-Komiker, die Torten werfen und auf Bananenschalen ausrutschen. FĂĽr Hanuschek ist die Geschichte von Dick und Doof in Deutschland eine - wie er sagt - „Schändungsgeschichte“.Â
OTON Sven Hanuschek 2Â
Es sind ja zum Teil Langfilme, groĂźe Spielfilme und im deutschen Fernsehen wurden die eigentlich immer nur gekĂĽrzt gezeigt, irgendwelche lieblos zusammengestellten Schnipsel, manchmal auch etwas liebevoller zusammengestellt, also man sieht nicht den eigentlichen Film. Es gibt sogar Kombinationen von verschiedenen Filmen, die dann zusammengeschnitten wurden, irgendwie, wo die meinten, das passt doch gerade.Â
MUSIK Väter der KlamotteÂ
„Guten Abend, liebe Gäste, wir erfreuen euch aufs Beste, mit Klamotten, Komödianten,… (dann abblenden)
ERZĂ„HLERINÂ
Sendungen wie „Väter der Klamotte“, „Es darf gelacht werden“ oder eben - ab 1970 freitags im ZDF-Vorabendprogramm - der StraĂźenfeger „Dick und Doof“.Â
(( OTON Sven Hanuschek 3
Das sind immer so 20-Minüter gewesen, wo halt irgendwas zusammengebastelt, manchmal moderiert und mit merkwürdigen Tonspuren versehen wurde, die manchmal mehr, manchmal weniger gelungen, also öfter weniger gelungen waren, fand ich, auch sehr kalauerhaft und zum Teil einfach unterirdisch. Und das, was eigentlich die Filme ja ausgemacht hat, welche Ideen da drin stecken, die ja auch eigene Rhythmen haben, eine eigene Dramaturgie, das ist dadurch natürlich völlig zerstört worden und das meine ich mit Schändungsgeschichte. ))
ERZĂ„HLERINÂ
Das herablassende deutsche „Dick und Doof“ fĂĽhrte zu einer Geringschätzung in akademischen Kreisen und auch in cineastischen Nachschlagewerken. Andere Komiker der frĂĽhen Filmgeschichte, allen voran Charlie Chaplin, Harold Lloyd und Buster Keaton, werden als Meister ihres Fachs gewĂĽrdigt, die mit Poesie und akrobatischer Präzision groĂźe Kunst erschaffen haben, humorvolle Allegorien ĂĽber den Umgang mit Armut, den TĂĽcken der Moderne und den politischen UmbrĂĽchen der Zeit.Â
OTON Sven Hanuschek 4Â
Das sind die Komiker, mit denen man sich beschäftigt, über die man schreiben kann, die auch als Meilensteine in der Kinogeschichte gelten und Laurel und Hardy sind eben Dick und Doof. Also die sind offenbar nicht satisfaktionsfähig, mit denen beschäftigt man sich nicht oder man benutzt sie sogar als Abgrenzung, um zu sagen, das ist jetzt eher so das Kleingeld der Komik oder das einfache, das primitive oder für die Kinder vielleicht auch nur.
ERZĂ„HLERIN
Eine Fehleinschätzung, die aber zunehmend korrigiert wird. Das liegt auch an der Materiallage. Die restaurierten Originalfassungen der Filme werden seit der Jahrtausendwende veröffentlicht, mit der englischsprachigen Tonspur und den diversen deutschen Synchronfassungen. Sie ermöglichen endlich einen unvoreingenommenen Blick auf die Leistung von Laurel und Hardy. Auf einzigartige Weise haben sie die TĂĽcken des Alltags verarbeitet und uns als Publikum den Spiegel vorgehalten.Â
TRENNER, Sound gemĂĽtlich
ERZĂ„HLERIN
Dabei legen Laurel und Hardy-Filme eine bewusst andere Geschwindigkeit ein als die Konkurrenz. Während viele Slapstick-Werke der 1920er Jahre auf Rasanz setzen, nutzen Stan und Ollie die Komik der Langsamkeit. Slowburn nennt sich die Technik, das langsame, genĂĽssliche Abfackeln des Feuerwerks, das in der gedehnten Handlung erst die volle Wirkung entfaltet und dem Publikum im Kinosaal Zeit zum Lachen gibt, ehe der nächste Gag inszeniert wird. Wenn Ollie etwa beim Servieren einer Torte stolpert und hinfällt, natĂĽrlich mit dem Gesicht in der Creme-Pampe, bleibt er erstmal liegen. Schicksalsergeben hebt er langsam den Kopf, so dass die Sahnecreme genĂĽsslich Ollies Backe hinabläuft. Und als Finale ein weiteres Markenzeichen: der Blick direkt in die Kamera. Ein Blick, der das Publikum zu Komplizen macht.Â
OTON Sven Hanuschek 5Â
Da wird man ja einbezogen als Zuschauer. Die vierte Wand wird aufgemacht und dadurch hat man natĂĽrlich auch eine andere Art von Empathie, auch wenn das dann irgendwann zum Selbstzitat wird, wie bestimmte Motive sich ja doch wiederholen, bestimmte Gesten.Â
ERZĂ„HLERIN
Ollie, der - wenn er nervös wird - seine Krawatte zwischen den Fingern knotet. Stan, der - wenn er mal wieder auf der langen Leitung steht - die Stirn in Falten legt und sich am Kopf kratzt. Beide behalten aber immer ihre WĂĽrde, egal in welche Fettnäpfchen sie treten. Und sie bleiben gutherzige Typen und Freunde, auch wenn sie sich manche Gemeinheiten antun. Das Rezept: man nehme eine kleine Alltagsreiberei, und lasse sie dann Schritt fĂĽr Schritt eskalieren. Laurel und Hardy, die Meister des „tit for tat“, zu Deutsch: „Wie du mir, so ich dir“.Â
OTON Sven Hanuschek 6Â
Das ist eigentlich eine Eskalationsstrategie in der Auseinandersetzung. Man tut dem anderen etwas an und der hat dann alle Zeit, sich zu überlegen, wie reagiere ich drauf und ich muss was dagegen setzen. Und das ist immer eins drauf und der andere sitzt dann da gespannt und wartet, was kommt jetzt, was ist die nächste Stufe und hindert den eben gar nicht. Der kann das dann ausführen und dann geht es wieder auf die andere Seite. Es geht hin und her, und auf die Weise kann das in ungeahnte Höhen getrieben werden.
ERZĂ„HLERIN
Eine Bananenschale kann zur Keimzelle einer riesigen Tortenschlacht werden, wie in „Der Kampf des Jahrhunderts“. Darin kauft sich Stan eine Unfallversicherung. Um schnell an das Geld zu kommen, legt Ollie für ihn Bananenschalen aus. Doch nicht Stan rutscht aus, sondern ein Kuchenhändler. Der rächt sich an Ollie, indem er ihm eine Torte ins Gesicht drückt. Daraus entwickelt sich eine irrwitzige Tortenschlacht, die ein ganzes Stadtviertel ins Chaos stürzt. 3000 Torten waren bei dem Finale im Einsatz. Bis heute steht die Szene im Guinness Buch der Rekorde für die „meisten verwendeten Torten in der Filmgeschichte.“
SOUND Torten werfen o.ä.
ERZĂ„HLERIN
Manchmal steht im Drehbuch nur ein einziges Wort, der Rest wird improvisiert. Das Wörtchen „Klavier“ wird die Grundlage zu einem ihrer erfolgreichsten Kurzfilme: „The Music Box - Das verrückte Klavier“, eine moderne Variation des Sisyphos-Mythos. Stan und Ollie versuchen ein Klavier anzuliefern, und müssen den schweren Kasten eine steile, lange Treppe hochtragen. Immer wieder entgleitet ihnen ihr Transportgut und rumpelt nach unten, zurück zum Ausgangspunkt. 1932 gewinnt „The Music Box“ den Oscar für den besten komödiantischen Kurzfilm.
MUSIK frei IntroductionÂ
“What’s your name?” “Stanley Laurel”
ERZĂ„HLERIN
Stan Laurel ist Brite und stammt aus einer KĂĽnstlerfamilie. 1890 kommt er im nordenglischen Ulverston zur Welt, als Arthur Stanley Jefferson. Von klein auf will er im Showbusiness auftreten, so wie sein Vater, ein Schauspieler und Theatermanager. Mit 16 Jahren gibt er sein Debut, erarbeitet sich ein Repertoire als Pantomime und tritt in VarietĂ©-Theatern auf, den Music Halls. Dabei fällt er dem Produzenten Fred Karno auf, der komische Nachwuchstalente versammelt und mit ihnen auf Tour geht, darunter auch in die Vereinigten Staaten. Mit dabei: ein gewisser Charlie Chaplin, der bald zum Star der Truppe aufsteigt und mit dem sich Stanley zeitweise ein Zimmer teilt. Doch als Chaplin die Truppe verlässt, um sich seiner Filmkarriere zu widmen, ist dies das Ende der Tour. Stanley Jefferson beschlieĂźt in den USA zu bleiben. Er arbeitet weiter im Theater und ergattert 1917 seine erste Filmrolle.Â
MUSIK humorvoll, z.B. The Trail of the Lonesome Pine IntroÂ
ERZĂ„HLERINÂ
Stanleys damalige Lebensgefährtin und Bühnenpartnerin Mae Dahlberg verhilft ihm zu seinem Künstlernamen. Als sie in einer Zeitung blättert, sieht sie das Bild eines römischen Generals mit einem Lorbeerkranz - auf Englisch „laurel“. Mehrmals sagt sie laut „Stan Laurel“ vor sich hin. Stan gefällt der Klang und bleibt dabei.
Als Stan Laurel dreht und dreht und dreht er, aber fĂĽr den groĂźen Durchbruch in Hollywood reicht es nicht. Eine kreative Heimat findet er in den Studios des Produzenten Hal Roach. Dort entscheidet er sich, seine Karriere vor allem hinter der Kamera weiter zu verfolgen, arbeitet zunehmend als Drehbuchautor und Regisseur. Bis er bei dem Projekt „Get’em Young“ wieder als Darsteller einspringen muss. Ein Schauspieler hatte sich beim Zubereiten einer Lammkeule den Arm verbrannt. Sein Name: Oliver Hardy.Â
MUSIK frei IntroductionÂ
“What’s your name?” “Oliver Norvell Hardy”
ERZĂ„HLERIN
Oliver Norvell Hardy, Spitzname Babe, geboren 1892 in Harlem, aber nicht im berühmten New Yorker Stadtteil, sondern in Harlem im US-Bundesstaat Georgia. Hardys wichtige Lehrjahre sind nicht wie bei Stan Laurel auf Theaterbühnen, sondern in der Lobby eines Hotels. Hardys Mutter ist Hotelmanagerin und ihr Sohnemann liebt es im Eingangsbereich zu sitzen und die Mimik der Gäste zu studieren und nachzumachen. 1910 wird er Vorführer im örtlichen Kino, sieht so gut wie alles, was damals auf den Markt kommt, und ist der Meinung: was die auf der Leinwand darbieten, das kann ich auch, oder sogar noch besser. So verschlägt es ihn schließlich nach Hollywood.
Oliver „Babe“ Hardy: ein Meter 85 groß, um die 140 Kilogramm schwer. Dank seiner Physis, aber auch seines Talents bekommt er bald erste Rollen. Aber nicht als komischer Ollie, sondern als Fiesling. Hardy ist zunächst abonniert auf Schurken-Rollen. Schließlich landet auch er bei den Hal Roach Studios und steht ab 1927 gemeinsam mit Stan Laurel vor der Kamera.
MUSIK Ku-KuÂ
ERZĂ„HLERINÂ
Schnell ist den Kreativköpfen im Studio klar: Laurel und Hardy sind eine Traumbesetzung. Die beiden so gegensätzlichen Typen harmonieren, und zwar nicht nur gut, sondern perfekt. Sie heben sich gegenseitig empor, sind gleichberechtigt und ausdrucksstark, zugängliche und wiedererkennbare Archetypen: zwei unschuldige Kinder im Körper von Erwachsenen, die die Leute zum Lachen bringen und die Leinwand zum Leuchten.Â
MUSIK/SOUND LaughÂ
OTON Wolfgang GĂĽnther 1
Das Faszinierende an Stan und Ollie ist natürlich die Art der Komik. Sie haben also keine Zoten, nicht irgendwelche Dinge, wo sich vielleicht andere drüber aufregen. Die Komik ist ja menschlich, alltäglich, und irgendwie sind wir ja alle „Dick und Doof“. Jedem passiert ja schon mal ein Missgeschick im Alltag, oder mal ein Zoff mit dem Partner oder mit dem Freund. Also jeder kann sich in den beiden wiederfinden und vielleicht ein bisschen in den Filmen über sich selber lachen, nicht?
ERZĂ„HLERINÂ
Findet Wolfgang GĂĽnther, der ĂĽber die Filme noch lachen kann, obwohl er sie schon mehrere Hundert Mal gesehen hat. GĂĽnther betreibt mit seiner Frau in Solingen das Laurel und Hardy-Museum. FĂĽnf Räume, eine Art begehbares Kuriositätenkabinett, vollgestopft mit Andenken an das Komiker-Duo: Figuren, Schmuckdöschen, Kaffeebecher, Autogrammkarten, Programmhefte, Plakate, Schellackplatten, und sogar ein Stan und Ollie-Flipperautomat, der noch in Betrieb ist.Â
Mit zehn Jahren sieht Wolfgang GĂĽnther im Kino „Dick und Doof im Wilden Westen“. In dem begeisterten Jungen erwacht eine Passion, die ihn nicht wieder verlassen soll. 1985 grĂĽndet er den ersten deutschen Stan und Ollie-Fanclub, zwei Jahre später das Museum, zunächst in der Privatwohnung, seit 2003 in einem historischen Gebäude in Solingen.Â
OTON Wolfgang GĂĽnther 2Â
In dieser Vitrine, da sind Schallplatten, darunter auch eine Schellackplatte aus dem Jahr 1932, die in London aufgenommen wurde, nach der ersten Europatour von Stan und Ollie. Aber wo die beiden dann ankamen im Hafen, da stand der ganze Hafen schwarz von Menschen, die dachten erst, da wäre ein Staatspräsident am Schiff, aber diese Tausende von Menschen, die wollten Stan und Ollie in England willkommen heißen. Und am Ende haben sie dann tatsächlich diese Platte produziert, als Dankeschön an die Engländer. Ein sehr seltenes Stück und eines meiner Lieblingsstücke aus ganz bestimmt.
ATMO/MUSIK kurzer Ausschnitt aus PlatteÂ
Pfeifen Dance of the Cuckoos, „Will you please stop annoying me while I make this speech?” “I’m not annoying you!” “Ladies and gentleman.” (lacht) (stop wiggling your tie, abblenden)
ERZĂ„HLERINÂ
107 Filme haben Stan Laurel und Oliver Hardy gedreht, drei bleiben verschollen. Die restlichen 104 aber hat Wolfgang GĂĽnther gesammelt und fĂĽhrt sie den Gästen im Museum auf einer Leinwand vor, auf Schmalfilm, Video oder DVD. Bei Wunsch in allen möglichen Sprachen. Sind französische Fans zu Besuch, parlieren Stan und Ollie en français…Â
ATMO frei: Film auf Französisch „Je suis Ollie…“
(( OTON Wolfgang GĂĽnther 3Â
Ich beschäftige mich ja schon mein halbes Leben mit Stan und Ollie, und wir haben eine sehr große Bibliothek hier in unserem kleinen Museum, hab viele Bücher gelesen und vor allen Dingen habe ich auch noch Menschen kennengelernt, die mit den beiden gearbeitet haben. Bei meiner ersten Convention in Amerika habe ich zum Beispiel einen alten Herren kennengelernt, der wirklich diese ganzen Props gemacht hat, also die Requisiten, die Autos, die auseinanderfallen mussten, präpariert und so weiter. Ich habe noch Schauspielerinnen kennengelernt, die mit den beiden gedreht haben. Das war schön und ich sage ja meinen Museumsbesuchern immer, sie müssen wissen, ich bin ja nicht mehr so jung, wie ich aussehe.))
ERZĂ„HLERIN
Wolfgang Günther, im Museum mit Stan und Ollie-Weste und Krawatte gekleidet, dazu die typische Melone auf dem Kopf, hat etliche Anekdoten auf Lager. Etwa dass Stan Laurels Nummer für alle sichtbar im Telefonbuch von Santa Monica stand, bis zu seinem Tod 1965. Und meist sprach er auch mit allen, die anriefen. Vor allem mit den Fans, den großen und den kleinen, und erzählte ihnen Geschichten über Stan und Ollie, ihre Gemeinsamkeiten und Differenzen.
ERZĂ„HLERIN
Die Arbeit zwischen Laurel und Hardy ist dabei klar verteilt:
Oliver Hardy gibt vor der Kamera 100 Prozent, aber wenn die letzte Klappe fällt, bleibt er keine Sekunde länger als nötig und entschwindet in den Feierabend, zu seinem Lieblingshobby, dem Golfspielen. Stan Laurel hingegen ist der kreative Kopf, der mit einem Team von jungen Drehbuchautoren an den Gags und Geschichten feilt, der lange nach Drehschluss im Schneideraum sitzt und am Timing jeder Szene bis ins Detail arbeitet.
Sven Hanuschek:
OTON Sven Hanuschek 7
Man kann sich das, glaube ich, schon so vorstellen, dass Laurel der Besessene ist, also dem quasi egal ist, wer unter ihm Regie führt, der auch nie unbedingt genannt wird als Regisseur, aber er ist natürlich der Kopf hinter allem. Er denkt sich die Nummern aus, er macht die Nachbearbeitung, er macht den Schnitt, er bereitet den Dreh für den nächsten Tag vor, das ist auch ganz aufregend, dass er ein unglaublich genaues Gespür hatte, wie Timing sein muss.
Frei Dialog: “I want to be in Dixie”
“Well, I’m from the South, too.” “South of what?” “South of London”…
ERZĂ„HLERINÂ
Als Anfang der 1930er Jahre der Tonfilm zum Standard in den Kinos wird, geraten viele Stummfilm-Stars ins Straucheln und müssen ihre Karriere beenden. Nicht so Stan und Ollie - im Gegenteil. Sie nutzen die neuen Gestaltungsmöglichkeiten und werden noch populärer.
OTON Sven Hanuschek 8
Dieser Übergang vom Stummfilm zum Tonfilm, das fand ich immer ganz beeindruckend. Der Ton, Geräusche, auch das wird zur Komik sofort eingesetzt. Und was auch zum Tonfilm ja gehört, zum Sprechen, wenn mehrere Personen im Raum sind, ist die Filmkonvention eigentlich gewesen im frühen Tonfilm, dass man nacheinander spricht, dass die sich abwechseln. Und das ist, glaube ich, auch nur bei Laurel & Hardy sofort so, dass die durcheinander reden, dass man gleichzeitig verschiedene Stimmen hört, was ja unserem Alltag entspricht. Ich meine, wir reden nicht geskriptet wie ein Drehbuch nacheinander säuberlich, sondern wir reden ineinander, übereinander. Und das hat Laurel sofort gesehen, gemacht, umgesetzt und auch Komik draus gezogen.
ERZĂ„HLERIN
Gar nicht komisch, sondern regelrecht tragisch sind dagegen die persönlichen Krisen, vor allem die Ehekrisen, die Oliver Hardy und Stan Laurel durchstehen mĂĽssen. Oliver Hardy ist dreimal verheiratet, bleibt kinderlos und leidet vor allem unter der jahrelangen Alkoholsucht seiner zweiten Ehefrau, bis er schweren Herzens 1937 die Scheidung einreicht. Stan Laurel ist insgesamt siebenmal verheiratet, tritt aber mehrfach mit denselben Frauen vor den Altar. Mit seiner ersten Ehefrau, Lois, hat er eine Tochter und einen Sohn, der neun Tage nach der Geburt stirbt. Ein Schicksalsschlag, an dem die Ehe zerbricht. Ehefrau Nummer Zwei, Ruth, heiratet er gleich zweimal. Sie wird später jede Nacht die Feuerwehr, die Notfallambulanz und die Polizei zu Stan ins Haus schicken, um ihren Ex zu ärgern.Â
Und Ehefrau Nummer Drei, Illeana, ehelicht Stan Laurel - dreimal. Dazwischen liegen erbitterter Streit, viel zerbrochenes Geschirr und enorme Anwaltskosten. Sie verursacht betrunken Autounfälle, er gräbt wĂĽtend ein Loch im Garten, um die verhasste Gattin darin zu begraben. Erst mit Ehefrau Nummer Vier, oder eben nach anderer Zählweise, Ehefrau Nummer Sieben, findet Stan Laurel sein GlĂĽck, spät im Leben.Â
MUSIK melancholisch, evtl. In my canoe
ERZĂ„HLERIN
Da hat die Karriere von Laurel und Hardy bereits etliche Dämpfer hinnehmen mĂĽssen. Hal Roach ist die endlose, schlechte Publicity um die Ehekrisen bei Stan Laurel leid und feuert ihn, nur um ihn später doch wieder einzustellen. Die Filmprojekte mit Oliver Hardy ohne Stan Laurel will niemand sehen. 1940 endet aber die Zusammenarbeit mit den Hal Roach Studios. Laurel und Hardy heuern bei 20th Century Fox und MGM an, drehen dort gutbezahlte Spielfilme, bĂĽĂźen aber an kĂĽnstlerischer Freiheit ein. Sie mĂĽssen sich streng ans Drehbuch halten und haben kaum Freiraum fĂĽr Improvisationen. 1951 entsteht in Europa ihr letzter Film, „Atoll K“, auch bekannt als „Dick und Doof erben eine Insel“. Ein Flop, der zu den schwächsten des Duos zählt, und bereits während der Dreharbeiten aufgrund einer schweren Erkrankung von Stan Laurel unter keinem guten Stern steht.Â
MUSIKÂ
ERZĂ„HLERINÂ
Neues Material gibt es nun nicht mehr, aber die Popularität bei den Fans bleibt ungebrochen, vor allem als das Fernsehen aufkommt, und die frĂĽheren Erfolge zu Quotenhits werden, in den USA und in Europa.Â
In GroĂźbritannien gehen Stan und Ollie Anfang der 1950er Jahre nochmals auf BĂĽhnentour. Die Menschenmassen, die sie bei ihren öffentlichen Auftritten empfangen, sind Balsam fĂĽr die alternden KĂĽnstler-Seelen. Im Mai 1954 findet die letzte gemeinsame BĂĽhnenshow statt. Dann lässt die Gesundheit nach. Stan Laurel erleidet einen leichten Schlaganfall. Oliver Hardys Herz wird immer schwächer. Er magert stark ab und stirbt 1957 mit 65 Jahren.Â
Stan Laurel ĂĽberlebt ihn um gut sieben Jahre, tritt aber nie wieder in einem Film oder auf der BĂĽhne auf. 1961 erhält er noch einen Ehren-Oscar fĂĽr sein Lebenswerk, gern hätte er die Goldstatue gemeinsam mit seinem Freund und Partner Oliver Hardy entgegengenommen.Â
MUSIK Way Out West / At the Ball that’s all (mit Jodel-Sound)Â
ERZĂ„HLERIN
Vielleicht hätten sich die beiden mit einem Sketch bedankt, oder einem ihrer zauberhaften Synchron-Tänze, so wie in ihrem eigenen Lieblingsfilm, dem Western „Zwei ritten nach Texas“, als sie einen staubigen Flecken Erde vor einem Saloon in eine magische Kinolandschaft verwandeln.