"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lasen den [sechsten Bericht](https://www.ipcc.ch) des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung. In Folge 132 geht es um den Ozean. Das Wasser wird immer wärmer und diese Erwärmung beschleunigt sich. Ein neues mathematisches Modell zeigt einerseits, dass man dafür nicht alleine das El-Niño-Phänomen verantwortlich machen kann. Hauptursache ist die globale Erwärmung durch den Treibhauseffekt. Das Modell zeigt außerdem, dass wir die Erwärmung deutlich unterschätzen, wenn wir nur die vergangene Entwicklung als Maßstab nehmen. Oder anders gesagt: Es kommt heftiger, als wir bisher gedacht haben. Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.
DK132 - Der Grund für die Erwärmung der Meere
Und: Warum unterschätzen wir diese Erwärmung?
"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lasen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.
In Folge 132 geht es um den Ozean. Das Wasser wird immer wärmer und diese Erwärmung beschleunigt sich. Ein neues mathematisches Modell zeigt einerseits, dass man dafür nicht alleine das El-Niño-Phänomen verantwortlich machen kann. Hauptursache ist die globale Erwärmung durch den Treibhauseffekt. Das Modell zeigt außerdem, dass wir die Erwärmung deutlich unterschätzen, wenn wir nur die vergangene Entwicklung als Maßstab nehmen. Oder anders gesagt: Es kommt heftiger, als wir bisher gedacht haben.
Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.
Warum steigt die Meerestemperatur?
Die Temperatur der Ozeane steigt und das ist wichtig. Und warum ist die Temperatur der Ozeane so wichtig? Die Temperatur des Meeres beeinflusst zahlreiche klimatische Prozesse. Zwei wesentliche Gründe für ihr wissenschaftliches Interesse sind:
Würde der gesamte Ozean nur um 0,1°C erwärmt, könnte dieselbe Wärmemenge die Atmosphäre um unglaubliche 100°C aufheizen. Das liegt daran, dass die Masse der Ozeane 250-mal größer ist als die der Atmosphäre und ihre Wärmekapazität viermal so hoch. Seit 1998 haben die Ozeane 84 % der globalen Erwärmung aufgenommen. Die Erwärmung zeigt einen klaren Trend nach oben, der sich auch in der Beschleunigung des thermosterischen Meeresspiegelanstiegs widerspiegelt. Zwischen 1971 und 2010 betrug dieser Anstieg 0,6 mm pro Jahr, heute liegt er bei etwa 46 % des gesamten Meeresspiegelanstiegs.
Die Global Mean Sea Surface Temperature (GMSST) ist ein fundamentales diagnostisches Instrument für den Klimawandel. Die kürzlich veröffentlichte Studie “Quantifying the acceleration of multidecadal global sea surface warming driven by Earth's energy imbalance” untersucht die jüngsten Veränderungen der GMSST und deren Ursachen.
Die drei Hauptfaktoren, die Änderungen der GMSST beeinflussen, sind:
Wie funktioniert El-Niño
Die El-Niño-Southern Oscillation (ENSO) beschreibt die komplexe Wechselwirkung zwischen Ozean und Atmosphäre. In der Normalphase treiben die Passatwinde warmes Oberflächenwasser von Südamerika nach Südostasien. Kaltes Tiefenwasser steigt nach und sorgt für trockene Bedingungen in Südamerika und feuchtes Monsunklima in Südostasien. In Südostasien steigt die Luft wegen der hohen Temperaturen schnell auf und es herrscht ein Tiefdruckgebiet, in Südamerika dagegen ein Hochdruckgebiet.
Während eines El-Niño-Ereignisses kehren sich die Luftdruckverhältnisse um: In Südostasien steigt der Luftdruck, in Südamerika sinkt er. Die Passatwinde schwächen sich oder kehren sich um, sodass warmes Wasser in Richtung Südamerika strömt. Das führt global zu höheren Temperaturen führt, es verdunstet mehr Wasser und der Treibhauseffekt wird verstärkt. Wer mehr wissen will, kann hier eine ausführliche Darstellung lesen/hören.
Die Studie analysiert die drei stärksten El-Niño-Ereignisse der letzten Jahrzehnte: 1997/1998, 2015/2016 und 2023/2024. Die jüngste Episode (2023/2024) zeigte die längste und stärkste Erwärmung, obwohl der El Niño selbst schwächer war als 1997/98. Dies deutet darauf hin, dass zusätzliche Faktoren, insbesondere das Energieungleichgewicht der Erde (Earth Energy Imbalance EEI), eine Rolle spielen.
Das Energieungleichgewicht der Erde
Das EEI beschreibt die Differenz zwischen der Energie, die die Erde aufnimmt, und der Energie, die sie wieder ins All abstrahlt. Ist das EEI positiv, erwärmt sich die Erde. Die Hauptursache für das positive EEI sind Treibhausgase, die die Wärme in der Atmosphäre zurückhalten. Diese Wärme landet größtenteils in den Ozeanen.
Die Studie verknüpft EEI-Daten aus dem NASA-Experiment Clouds and the Earth's Radiant Energy System (CERES) mit GMSST-Daten der ESA. Sie zeigt einen klaren Anstieg: Seit 2000 wächst das EEI um 0,45 W/m² pro Dekade, mit einer beschleunigten Zunahme gegen Ende der untersuchten Periode. Die GMSST-Entwicklung wird durch EEI, ENSO, Vulkane und Sonnenaktivität beeinflusst. In der Studie wurde ein Modelle entwickelt, das deutlich zeigt. dass EEI der dominierende Faktor für den langfristigen Erwärmungstrend ist
Szenarien für die Zukunft
Die Studie betrachtet drei Szenarien für die zukünftige GMSST-Entwicklung:
Alle Szenarien zeigen eine deutliche Erwärmung der Ozeane. Selbst im besten Fall ist der Temperaturanstieg aber doppelt so hoch wie die lineare Extrapolation vergangener Trends suggerieren würde. Die wichtigste Erkenntnis dieser Studie ist, dass die Vergangenheit kein verlässlicher Maßstab für die Zukunft ist. Die Erwärmung der Meere beschleunigt sich, weil sich das EEI erhöht. Die obersten Meeresschichten speichern mehr Wärme, wodurch sich das gesamte Klimasystem weiter aufheizt. Die Rekordtemperaturen von 2023/2024 waren nicht allein durch El Niño erklärbar. Der beschleunigte Erwärmungstrend durch das EEI ist die Hauptursache. Die Studie warnt davor, die bisherigen Erwärmungsraten als Maßstab für die Zukunft zu verwenden. Sollte das EEI auf seinem aktuellen Niveau bleiben oder weiter steigen, wird sich die Erwärmung der Meeresoberfläche in den kommenden 20 Jahren stärker beschleunigen als in den letzten 40 Jahren.
Diese Erkenntnisse legen nahe, dass die Erde schneller Wärme aufnimmt, als viele Klimamodelle bisher prognostiziert haben. Es ist daher entscheidend, das EEI kontinuierlich zu überwachen und bestehende Klimamodelle zu überarbeiten. Politische Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit müssen verstehen, dass die bisherige Erwärmung kein verlässlicher Indikator für die Zukunft ist. Andernfalls besteht die Gefahr, die Notwendigkeit drastischer Maßnahmen zur Reduktion fossiler Brennstoffe zu unterschätzen. Die Daten zeigen: Ohne schnelle und effektive Maßnahmen wird die globale Erwärmung schneller voranschreiten, als bisher angenommen.
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Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.
Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” ab und an über Wissenschaft.
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